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Der Flug der Adler

Der Flug der Adler

Titel: Der Flug der Adler
Autoren: Jack Higgins
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fragte Denise vorsichtig.
    »Harry Kelso. Er stammte aus Boston.«
Er holte ein weiteres großformatiges Foto heraus, wieder Kelso in
amerikanischer Uniform. »Das hier war
neunzehnvierundvierzig.«
      Die Ordenspracht raubte einem den
Atem. Der Kriegsverdienstorden mit Streifen, ein Offiziersfliegerkreuz
mit zwei Streifen, das französische Croix de Guerre, die
Ehrenlegion und das finnische Tapferkeitskreuz in Gold.
      »Das ist ja unglaublich«,
sagte ich. »Also, der Zweite Weltkrieg ist zwar eins meiner
Steckenpferde, aber ich habe noch nie von diesem Menschen
gehört.«
      »Kein Wunder. Dank diesem
bereits erwähnten Schreibstubenhengst ist er längere Zeit als
Finne geführt worden, und, wie gesagt, das hatte seine
Gründe. Der Official Secrets Act.«
    »Aber warum?« fragte Denise eindringlich.
      Zec Acland holte ein weiteres Foto aus dem Umschlag hervor und legte es auf den Tisch – der Clou des Abends.
    »Deswegen«, sagte er.

      Es war ein Farbfoto, auf dem wiederum
Kelso in Uniform abgebildet war, nur diesmal war es die Uniform der
deutschen Luftwaffe. Er trug Fliegerstiefel und weite bequeme,
blaugraue Hosen mit großen Kartentaschen. Die kurze Fliegerjacke
mit den gelben Kragenspiegeln verlieh ihm einen gewissen Schneid. Er
trug sein silbernes Pilotenabzeichen auf der linken Seite, darüber
das Eiserne Kreuz erster Klasse und ein Ritterkreuz mit Eichenlaub am
Hals.

    »Das verstehe ich nicht«, sagte Denise.
    »Ist ziemlich einfach«, sagte Zec zu
ihr. »Ich hab's von Munro. Die anderen Fotos, der Ami in der RAF?
Das war Harry. Dies ist der Ami in der Luftwaffe, sein Zwillingsbruder,
Max. Vater Amerikaner, Mutter Deutsche, eine Baronin. Max, der zehn
Minuten früher zur Welt kam, war also als Erstgeborener Baron Max
von Halder. Der Schwarze Baron, wie er in der Luftwaffe genannt
wurde.« Er legte die Fotos zurück. »Ich kann Ihnen
gern alles erzählen, was ich weiß, sofern Sie überhaupt
Wert darauf legen.« Er lächelt mich an. »Wär 'n
interessanter Stoff für Sie.« Er lächelte ein weiteres
Mal. »Obwohl Ihnen das alles kein Mensch glauben
würde.«

      Als er seine Erzählung geendet
hatte, war die Bar bereits leer. Betsy verriegelte hinter den letzten
Gästen die Tür und brachte uns ein Tablett mit Tee, ohne
daß sie darum gebeten worden wäre. Simeon war, glaube ich,
ebenso erstaunt wie Denise und ich.

      Wieder war es Denise, die mehr wissen wollte: »Ist das alles?«

      »Natürlich nicht, junge
Frau.« Er lächelte. »Es ist ein Puzzle, in dem jede
Menge Teilchen fehlen. Also vor allem das, was alles in Deutschland
damit zusammenhängt. Auch da ist alles streng geheim. Da kann ich
Ihnen auch nicht weiterhelfen.« Und dann sagte er, an mich
gewandt: »Na egal, ein kluger Kerl wie Sie könnte da
vielleicht seine Beziehungen spielen lassen.«
    »Schon möglich«, erwiderte ich.
      »Tja, dann.« Er stand
auf. »Ich werd mich jetzt aufs Ohr hauen. Simeons Frau fragt sich
bestimmt auch schon, wo er abgeblieben ist.« Er gab Denise einen
Kuß auf die Wange. »Schlafen Sie gut, meine Liebe. Das
haben Sie sich redlich verdient.«
      Er verließ den Raum. Simeon
nickte uns kurz zu und folgte ihm dann. Wir blieben schweigend vor dem
Kamin sitzen, und dann sagte Denise: »Da fällt mir gerade
was ein: Du hast doch eine Zeitlang in Deutschland in der Armee
gedient. Du hast da vor Jahren mal diese Verwandten von dir
erwähnt. Hast du nicht erzählt, daß einer von denen bei
der Polizei oder so was war?«

    »Sozusagen. Er war bei der Gestapo.«
    Sie war nicht sonderlich entsetzt. Der Krieg lag
schließlich bereits ein halbes Jahrhundert zurück, lange vor
ihrer Zeit. »Na also, mach was draus.«
      »Mal sehen«, sagte ich und zog sie vom Stuhl hoch. »Zeit, schlafen zu gehen.«

    Das Zimmer war klein und mit zwei Einzelbetten
versehen. Ich lag lange da, konnte nicht einschlafen und nahm nur
Denise' sanftes Atmen wahr, während ich in die Dunkelheit
hochstarrte und Erinnerungen in mir wach wurden. Lang ist's her –
verdammt lang.

    2

      Meine Verbindung zu Deutschland war
denkbar einfach. Wehrdienst bei den guten alten Royal Horse Guards,
eine kurze Zeit bei der Besatzungsarmee in Berlin und dann eine
wesentlich längere Zeit an der ostdeutschen Grenze in
DingoSpähwagen und Jeeps Patrouille fahren, in den Tagen als der
sogenannte kalte Krieg immer heißer wurde.

      Das Gebiet, in dem wir
patrouillierten, erinnerte so sehr an das Heideland Yorkshires,
daß ich stets
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