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Der Flug der Adler

Der Flug der Adler

Titel: Der Flug der Adler
Autoren: Jack Higgins
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ich kauerten uns unter unserem Schirm zusammen. Meine Frau hatte mit den Tränen zu kämpfen.

      Lady Molly wandte sich um. »Seien Sie nicht traurig, me ine Liebe. Das alles liegt lange zurück, und jetzt, wo es keine Rolle mehr spielt, werde ich Ihnen etwas anvertrauen, von dem nicht einmal der gute Zec hier weiß.«
      Zec runzelte die Stirn, und wir standen im prasselnden Regen da und warteten.
    »Wie Sie ja bei Ihren Recherchen herausgefunden haben, hat
    Elsa, als der Vater der damals zwölfjährigen Jungen 1930 starb, mit Abe Kelso eine Vereinbarung getroffen, daß sie mit ihrem ›älteren‹ Sohn, Baron Max, nach Deutschland zurückkehren würde und daß Harry bei seinem Großvater bleibt.«
    »Das stimmt«, sagte ich.

      »Harry hat mir eine andere Version erzählt. Kurz bevor er starb, klärte er mich auf. Ich habe immer das Gefühl gehabt, daß er seinen Tod förmlich kommen sah. Er hat mir oft gesagt, er habe keine Ahnung, was er ohne Krieg mit sich anfangen würde.«

    »Wovon in aller Welt reden Sie?« fragte ich.
      Denise allerdings, die es mit ihrer weiblichen Intuition bereits geahnt hatte, gab einen Stoßseufzer von sich und klammerte sich an meinen Arm.
      Lady Molly fuhr fort. »Als die Jungen mit der Entscheidung konfrontiert wurden, gab es ein Problem. Sie mochten die Sache nicht, und dann war da noch ein weiteres Problem. Tarquin, der Bär, der mit ihrem Vater in Frankreich geflogen war. Wer bekam Tarquin? All dies machten die Jungen unter sich aus. Abe und ihre Mutter wußten nichts davon.«

    »Was haben sie getan?« fragte ich.
      »Beschlossen, daß Tarquin in Amerika bleibt, in dem Haus, in dem ihr Vater geboren und in das er nach dem Krieg zurückgekehrt war. Dann warfen sie eine Münze, um zu entscheiden, wer mit der Mutter nach Deutschland gehen würde.«
    Zec wirkte ganz verblüfft, und Denise sagte: »O mein Gott.«
      »Ja, meine Liebe«, sagte Molly. »Harry Kelso war Baron Max von Halder, und Max war Harry Kelso.«
    Es war die erstaunlichste Geschichte, die ich je in meinem Leben gehört hatte, und mir stockte der Atem. Denise brach das Schweigen: »Endlich vereint – aber auf eine Art, wie sie es schon immer waren.«
      »Genau.« Lady Molly lächelte. »Kommen Sie, wir gehen zurück«, sagte sie und ging uns voraus, während Zec ihr weiter den Schirm schützend über den Kopf hielt.
      Zurück im Haus, bot sie uns einen Tee an, was wir jedoch dankend ablehnten. »Das Wetter hat sich verschlechtert«, sagte Denise. »Besser, wir fahren.«
      Wir verabschiedeten uns, kehrten zum Rover zurück, und Zec brachte uns zu dem kleinen Flugplatz. Als wir ausstiegen, schüttelte er uns die Hand und küßte Denise auf die Wange.

    »Machen Sie's gut, mein Schatz.«
      »War bestimmt ein Schock für Sie«, sagte ich, »das zu hören.«

    »Eigentlich nicht. Denn was macht das schon, alles in allem?«
      Wir stiegen in die Archer. Denise setzte sich nach links, und ich schloß die Tür. Als sie startete und der Motor dröhnte, peitschte der Regen über uns hinweg, und auf dem Meer hatte sich leichter Nebel gebildet.

      »Wir sollten uns beeilen«, sagte sie. »Bevor es besser wird, wird's erst noch einmal schlechter.«

      Wir brausten die Rollbahn hinunter, stiegen in den grauen Himmel auf, gingen auf tausend Fuß hoch, und dann drehte sie plötzlich nach backbord ab.

    »Was tust du da?« fragte ich.
    »Ich will es noch ein letztes Mal sehen.«

    Als wir aber über dem Meer wendeten und wieder landeinwärts flogen, war der Nebel bereits herangerollt. Von Cold Harbour war nichts mehr zu sehen. Es war, als hätte es nie existiert.
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