Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Flug der Adler

Der Flug der Adler

Titel: Der Flug der Adler
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
Acland fixierte
völlig verblüfft den durchnäßten Bären, den
ich im Arm trug. »Du lieber Gott, Tarquin. Wo haben Sie den denn
her?«

      Denise und ich saßen, dick in
Decken eingemummelt, auf einer Bank in der Hauptkabine und tranken Tee
aus einer Thermosflasche, während sich zwei Männer um Dupont
kümmerten, der auf dem Boden lag. Zec Acland saß auf der
gegenüberliegenden Bank und sah ihnen zu. Er holte einen alten
silbernen Flachmann hervor, streckte ihn uns entgegen und schenkte dann
in unsere Tassen ein.

    »Rum«, sagte er. »Wird Ihnen
guttun.« In diesem Moment trat ein weiterer Mann ein, schwarzes
Haar, geradezu vor Vitalität strotzend: eine jüngere Version
von Acland. »Das ist mein Sohn, Simeon, der Bootsführer von
dem Kahn hier, der Lady Carter.«
      »Schön, euch alle heil und
unversehrt an Bord zu haben«, sagte Simeon. »Da hat sich
die Mühe gelohnt.«
      Da die Crews der RNLI unbezahlte
Freiwillige sind, konnte ich mir nur allzugut vorstellen, was in ihm
vorgehen mußte. Einer der beiden Männer, die neben Dupont
knieten, band dem Franzosen gerade eine Sauerstoffmaske um und blickte
auf. »Er lebt noch, aber es sieht nicht gut aus.«
      »In Cold Harbour landet im
Moment ein Sea-KingHubschrauber der Navy«, sagte Simeon Acland zu
uns. »Bringt euch ruckzuck wieder zurück in die
Zivilisation.«
      Ich blickte zu Denise hinüber,
die das Gesicht verzog, also sagte ich: »Nun ja, wir haben einen
schweren Tag hinter uns. Unser Freund Dupont muß zwar ins
Krankenhaus, keine Frage, aber glauben Sie, daß für meine
Frau und mich vielleicht eine Möglichkeit besteht, über Nacht
zu bleiben?«
      Simeon lachte. »Na, da sind Sie bei uns genau richtig. Mein Vater hier ist der Wirt vom Hanged Man im Dorf. Sind eigentlich immer ein, zwei Zimmer frei.« Er wandte
sich um und sah den klitschnassen Bären an der Seite seines
Vaters. »Was ist das denn?«
    »Das ist Tarquin«, sagte Zec Acland.

      Simeons Gesicht nahm einen seltsamen
Ausdruck an. »Du meinst …? Gott im Himmel, dann hast du
also nicht gelogen, du alter Mistkerl. Es hat ihn wirklich gegeben. Und
ich habe die ganzen Jahre gedacht, du hast alles nur erfunden.«
Als er Tarquin hochhob, triefte Wasser aus dem Bären. »Er
ist ja ganz naß.«
      »Keine Angst«, sagte Zec
Acland. »Er wird schon wieder trocken. Ist nicht daß erste
Mal, daß er naß geworden ist.«
    Dies alles machte mich entsetzlich neugierig, und ich wollte
    bereits nachhaken, als meine Frau plötzlich
schwer seekrank wurde, wohl weil sie zuvor soviel Wasser geschluckt
hatte. Nur Minuten später folgte ich ihrem Beispiel, aber als wir
einen Felsvorsprung umfuhren und eine Hafeneinfahrt am Ende der
dahinterliegenden Bucht mit einem bewaldeten Tal in der Ferne sahen,
waren wir beide wieder wohlauf.
      Zwischen den Bäumen lag ein
Gutshaus aus grauem Stein. Ansonsten waren da noch dreißig,
vierzig Häuschen und ein Kai mit vor Anker liegenden Fischerbooten
zu erkennen. Die Lady Carter tuckerte
langsam ins Hafenbecken. Zwei, drei Fischer kamen uns entgegen und
fingen die Bootstaue auf. Die Motoren verklangen, und dann war da nur
noch Stille, der Nebel und der plätschernde Regen.

      Nicht allzuweit entfernt war
plötzlich ein Dröhnen zu hören, und Simeon sagte:
»Das wird der Hubschrauber sein. Am besten, wir schaffen ihn
gleich an Bord.« Er nickte in Richtung Dupont.
      »Gut so, Junge«, sagte
sein Vater. »Ich kümmere mich inzwischen um die beiden hier.
Ein heißes Bad wäre jetzt wohl das richtige.
Anständiges Abendessen.« Er nahm Tarquin.

      »Und dann wäre da noch
eine Erklärung fällig«, sagte ich. »Darauf
brennen wir schon jetzt.«
    »Die kriegen Sie«, sagte er. »Versprochen.«

      Dupont, der inzwischen auf eine Tragbahre verfrachtet worden war, wurde hinausgetragen, und wir folgten hinterher.

    Der gesamte Ort war Mitte des achtzehnten
Jahrhunderts von einem gewissen Sir William Chevely erric htet worden,
wie uns später erzählt wurde – die Häuser, der
Hafen, der Kai, alles. Chevely galt als Schmuggler, und der
Fischerhafen diente zur Tarnung seiner Geschäfte. Das Gasthaus,
der Hanged Man , war mit Holzrahmenfenstern versehen, die von grobem Stabwerk geteilt wurden. Es wirkte alles andere als georgianisch.
      Zec führte uns hinein und
veranlaßte gleich die mütterliche Frau hinter der Bar, die
offensichtlich Betsy hieß und sofort in großer Aufregung um
Denise herumfuhrwerkte, diese nach oben zu bringen. Ich blieb
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher