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Der Fluch des Lono (German Edition)

Der Fluch des Lono (German Edition)

Titel: Der Fluch des Lono (German Edition)
Autoren: Hunter S. Thompson
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kein Urlauber.
    Er sah mich herankommen und streckte die Hand aus. »Hallo, Doc«, sagte er mit einem neugierigen Grinsen. »Ich dachte, du bist aus diesem Gewerbe ausgestiegen.«
    »Bin ich ja auch«, antwortete ich. »Aber ich hatte Langeweile.«
    »Ich auch«, sagte er. »Ich wollte gerade die Stadt verlassen, als sie anriefen. Jemand vom Marathon-Komitee. Sie brauchten einen offiziellen Fotografen. Für 1000 Dollar am Tag.« Er warf einen Blick auf ein Pärchen nagelneu
aussehender Nikons, die auf dem Beifahrersitz des GTO lagen. »Ich konnte es ihnen nicht abschlagen«, sagte er. »Leicht verdientes Geld.«
    »Jesus«, sagte ich. »Du bist jetzt Fotograf ?«
    Er beäugte seine Füße, wandte sich dann langsam in meine Richtung, verdrehte die Augen und bleckte die Zähne der Sonne entgegen. »Wir leben in den Achtzigern, Doc. Ich richte mein Angebot nach der Nachfrage.«
    Skinner hatte immer schon gewusst, wie man an schnelles Geld kam. Und er war ein Ass im Lügen. Als ich ihn in Saigon kennenlernte, arbeitete er für die CIA, flog Hubschrauber für Air America und strich nebenbei, wie einige Leute aus seiner Bekanntschaft behaupteten, mehr als 20 000 Dollar die Woche mit Opiumhandel ein.
    Ich habe mich nie mit ihm über Geld unterhalten, und obwohl er ein eingefleischter Journalistenhasser war, wurden wir sehr bald Freunde. Während der letzten Kriegswochen verbrachte wir eine Menge Zeit mit Opiumrauchen auf dem Fußboden seines Zimmers im Continental Palace. Mr. Hee brachte die Pfeife jeden Nachmittag gegen drei Uhr  – selbst an dem Tag, als sein Haus in Cholon von einer Rakete getroffen wurde  –, und die Gäste legten sich schweigend hin, um den magischen Rauch einzusaugen.
    Immer noch ist das eine meiner deutlichsten Erinnerungen an Saigon  – ausgestreckt auf dem Boden, mit der Wange auf der kühlen weißen Fliese, und im Ohr den entrückt plappernden Sopran des Mr. Hee, der mit seiner langen schwarzen Pfeife und dem kleinen Bunsenbrenner durchs Zimmer geisterte, ständig den Pfeifenkopf nachfüllte und inbrünstig in einer Sprache deklamierte, die niemand von uns kannte.
    »Für wen arbeitest du dieser Tage?«, fragte Skinner.
    »Ich berichte für eine medizinische Zeitschrift über den Lauf«, sagte ich.
    »Wunderbar«, sagte er prompt. »Gute Beziehungen auf dem Sektor können wir immer gebrauchen. Welche Drogen hast du bei dir?«
    »Keine«, sagte ich. »Absolut keine.«
    Er zuckte mit den Achseln und schaute auf, als das Band anlief und die ersten Gepäckstücke von der Rutsche polterten. »Wie auch immer«, sagte er. »Laden wir deine Sachen ins Auto und verschwinden von hier, bevor ich noch wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses eingebuchtet werde. Ich bin nicht in der Stimmung, mich mit diesen Leuten anzulegen.«
    Die Menge wurde langsam aufmüpfig, und die orientalische Politesse schrieb ein Strafmandat. Ich nahm ihm die Bierflasche aus der Hand, trank einen großen Schluck, warf meine Ledertasche auf den Rücksitz seines Wagens und stellte ihn meiner Verlobten vor. »Sie müssen verrückt sein«, sagte sie, »so auf dem Gehsteig zu parken.«
    »Dafür werde ich bezahlt«, erwiderte er. »Wenn ich nämlich nicht irre wäre, müssten wir euer Gepäck den ganzen Weg bis zum Parkplatz schleppen.«
    Sie musterte ihn misstrauisch, während wir unsere Koffer einluden. »Aus dem Weg mit dir!«, brüllte er ein Kind an, das vors Auto gewandert war. »Willst du plattgefahren werden?«
    Jetzt wich die Menge zurück. Was immer wir in ihren Augen verbrachen, war es offensichtlich nicht wert, sich dafür umbringen zu lassen. Das Kind verdrückte sich, während ich einen großen Aluminiumkoffer vom Band
wuchtete und beim Versuch, ihn an Skinner weiterzureichen, beinahe fallen ließ. Er bekam ihn jedoch zu fassen, bevor er auf den Boden prallte, und verstaute ihn sorgfältig auf dem Rücksitz des Cabrios.
    Die Politesse füllte einen weiteren Strafzettel aus, unser dritter innerhalb von zehn Minuten, und ich sah, dass sie langsam die Geduld verlor. »Sie haben 60 Sekunden«, kreischte sie. »Dann lasse ich Sie abschleppen!«
    Skinner tätschelte ihr liebevoll die Schulter, stieg in den Wagen und startete den Motor, der mit einem metallischen Röhren jäh ansprang. »Sie sind viel zu hübsch für diesen albernen Job«, sagte er und reichte ihr eine Visitenkarte, die er vom Armaturenbrett nahm. »Rufen Sie mich im Büro an«, sagte er ihr. »Sie sollten als Aktmodell arbeiten.«
    »Was?«, schrie sie
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