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Der Fluch des Andvari (German Edition)

Der Fluch des Andvari (German Edition)

Titel: Der Fluch des Andvari (German Edition)
Autoren: Thomas W. Krüger
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Tod.“ Langsam breitete er seine Arme aus, sein nackter Oberkörper schimmerte im Fackellicht. Sein Blick ging nach oben. „Oh, Odin, Vater der Götter! Wir rufen dich! Schenke uns deine Gnade. Uns, deinen treuen Dienern. Lass uns teilhaben an deiner Vollkommenheit.“
    Ein Blitz zuckte hernieder, kräftiger Wind fegte über den Platz, ließ das Feuer der Fackeln heftig flackern und löschte einige davon aus. Schlagartig wurde es dunkler, bizarre Schattenrisse zuckten über das Gelände.
    Jäh erschien eine hoch gewachsene Frau in der Kapelle. Obschon der Dunkelheit umgab eine leuchtende Aura ihre Gestalt. Ein violettes, Gold gewirktes Gewand aus dickem Tuch umschloss ihren jungen Körper und reichte bis zu ihren Füßen. Eine goldene Schnalle gürtete es in ihrer Hüfte. Tierfelle lagen über ihren Schultern. Eine kranzähnliche Krone aus Metall und Edelsteinen bedeckte ihr Haupt. Das blonde Haar hatte sie zu langen Strähnen geflochten. Ihre Wimpern und Lider waren stark mit dunkelblauer Tusche betont, was ihren blauen Augen den Ausdruck riesiger Seen verlieh.
    Augenblicklich fielen die Männer auf die Knie und beugten ehrerbietig ihre Köpfe. Stille breitete sich aus. Nur das Rauschen des Gewandes der Frau war zu hören, als sie majestätisch zum Opfertisch schritt. Thor verharrte derweil angespannt. Erst als sie am Altar stand, erhoben sich die Männer.
    „Sei in unserem Kreis willkommen, edle Königin“, äußerte Thor untertänig.
    Die Anwesenden stimmten ein: „Heil dir, Brünhild. Königin.“
    Erneut zuckte ein Blitz hernieder. Unter Donnergrollen verwandelte sich der Platz schließlich in einen tosenden Hexenkessel.
Mittwoch, 19. April
    Wetterleuchten zeigte sich am Horizont, als Hannah an diesem Morgen das Schlafzimmerfenster schloss. In der Nacht hatte es geregnet. Doch die dicken Wolken verzogen sich, die Sonne schien erneut ihre wärmende Kraft entfalten zu wollen. Dennoch zog sich Hannah ihre Regenjacke über, bevor sie die Wohnung verließ. Wie gewöhnlich benutzte sie ihr Fahrrad, um in die Innenstadt zu gelangen.
    Gestern Abend war sie noch lange aufgeblieben. Sie hatte immer wieder an die Geschichte über die Nibelungen denken müssen. Niemand konnte heute mit Bestimmtheit sagen, ob sich diese Tragödie tatsächlich so ereignet hatte oder ob es bloß eine Sage war.
    Der Weg führte Hannah erneut durch den Park an der Zitadelle vorbei. Der Pfad war asphaltiert, dennoch gab es große Pfützen. Eine Frau mit einem Pudel kam ihr entgegen. Drei Jugendliche überholten sie auf ihren Mountainbikes. Ansonsten war sie allein mit dem munteren Zwitschern der Vögel. Die ersten Knospen sprossen an den Büschen und Bäumen. Es war kühl. Hannah fröstelte, aber sie genoss die Natur, die langsam und unaufhaltsam zu neuem Leben erwachte.
    Schlamm zog sich über den Asphalt, Reifenspuren zeigten sich darin. Aber der Weg ist für Pkw gesperrt?, überlegte Hannah. Deutlich sah sie die aufgewühlte Erde neben dem Weg, die abgebrochenen Äste der Büsche. Eine innere Stimme befahl ihr, mit ihrem Fahrrad anzuhalten. War ein Auto in das Unterholz gefahren und hatte sich durch den Schlamm gewühlt zurück auf den Weg? Verwirrt betrachtete Hannah die Bresche im Unterholz. Ein heller Fleck zeigte sich in dem Gestrüpp. Aufmerksam näherte sie sich, achtete darauf, dass sie mit ihren Stiefeln nicht in dem Schlamm versank. Es sah aus wie ein Kleid, das da hinter den Ästen lag. Da ließ der Anblick Hannah das Herz stocken. Sie schrie spitz auf, zuckte zurück. Es war eine junge Frau in einem beigen Gewand. Eine klaffende Wunde zog sich über den Oberkörper. Die Frau war tot. Keuchend wich Hannah auf den Weg zurück. Ihr Kopf glühte. Nie zuvor hatte sie eine Leiche gesehen. Mit zitternden Fingern zog sie das Handy aus ihrer Jackentasche und setzte den Notruf ab.
    Eine halbe Stunde später wimmelte es im Park von Polizisten und Ermittlern. Der Tatort war weiträumig abgesperrt worden, trotzdem drängten sich mehrere Schaulustige an den Plastikbändern. Die Spurensicherung hatte ihre Arbeit aufgenommen.
    Hannah kannte so etwas bislang nur aus Kriminalfilmen, aber das waren nur gestellte Szenen und die gute Arbeit von Maskenbildnern. Dies hier war die Wirklichkeit - eine Frau war brutal ermordet worden. Hannah saß in einem Rettungswagen; ein Arzt hatte ihr ein Beruhigungsmittel gegeben. Ihr Blick fiel nach draußen. Männer in weißen Schutzanzügen eilten umher, dazwischen Uniformierte und einige Beamte in Zivil. Einer
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