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Der Fluch des Andvari (German Edition)

Der Fluch des Andvari (German Edition)

Titel: Der Fluch des Andvari (German Edition)
Autoren: Thomas W. Krüger
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Bilder auf. Hannah stand vor einer Burg. Menschen strömten aus dem ganzen Land dorthin: Adelige, Ritter, Handwerker, Bauern. In der Menge hob sich ein Mann in dunkler Rüstung am Tor ab. Ein spitzer Helm mit schwarzen, stilisierten Flügeln bedeckte sein Haupt. Der Ritter musterte die vorbeiziehenden Leute, betrachtete sie argwöhnisch, wie sie unter dem Tor hindurchschritten. Als sein Blick Hannah traf, schrie sie auf, schreckte hoch. Ein Zittern umklammerte ihren Körper. Seit einigen Tagen träumte sie schon von dieser Szenerie. Was ging in ihr vor?
    Rasch stieg sie aus der Wanne und rubbelte sich trocken, versuchte, den Traum zu verdrängen. Es gelang ihr nur schwerlich. Sie zog sich ein knielanges grünes T-Shirt und eine leichte Sporthose an, bevor sie das Badezimmer verließ. Der Hunger verdrängte schließlich den schlechten Traum. Hannah nahm sich eine Reiscreme aus dem Kühlschrank, dazu frische Erdbeeren und zwei Pfirsiche. Damit setzte sie sich auf das Sofa im Wohnzimmer und genoss die abendliche Stimmung.
    Irgendwann klingelte das Telefon. Hannah griff nach dem schnurlosen Telefon, das sie auf dem Tisch bereitgelegt hatte.
    „Jenning“, meldete sie sich.
    „Hallo, Hanni“, grüßte die freudige Stimme eines Mannes.
    „Oh, hallo, Paps.“ Sie hatte Julia erwartet. „Alles in Ordnung?“
    „Natürlich. Ich wollte nur hören, ob mein großes Mädchen gut nach Hause gekommen ist.“
    Sie lächelte flüchtig. Obwohl sie mittlerweile eine erwachsene Frau war, sah er in ihr immer noch seinen Schatz, den es zu hüten und zu beschützen galt. Seine Fürsorge war sogar noch größer geworden seit jenem tragischen Unfalltod ihres Bruders. „Mir geht es prima. Sag, sitzt du im Auto?“
    Im Hintergrund waren Fahrgeräusche zu hören.
    „Ja. Ich bin auf dem Weg zu einem Geschäftsfreund.“
    „Du weißt doch, dass du nicht so viel arbeiten sollst.“
    „Mein immer fürsorgliches Mädchen“, entgegnete er lachend. „Aber du brauchst dir wirklich keine Sorgen machen. Wir sind zum Essen verabredet.“
    „Und trotzdem sprecht ihr über geschäftliche Dinge.“
    „Beim Essen lassen sich die besten Verträge schließen.“
    „Du wirst dich nie ändern“, scherzte sie.
    Andererseits beneidete sie ihren Vater um dessen Energie. Er war ein einflussreicher Geschäftsmann, der gewöhnlich bekam, was er wollte. So brauchte sich Hannah nie zu sorgen, auch nicht wegen ihrer eigenen Tochter. Die Geschäfte liefen gut, ihr Vater war ein vermögender Mann. Und irgendwann würde sie sein Erbe antreten - aber das konnte ruhig noch warten.
    „Was machst du heute Abend noch?“
    „Och ... ich werde gleich Julia anrufen, dann noch ein wenig lesen und bald schlafen gehen.“
    „Wie kommst du mit Bernhardt aus? Ist er nett zu dir?“
    Jetzt musste sie schmunzeln. „Du solltest ihn doch kennen, Paps.“
    Sie brauchte nicht mehr zu sagen, er verstand sie. Wittek und er kannten sich seit Jahrzehnten. Ihr Vater hatte ihr diesen Job vermittelt, als ihre Scheidung rechtskräftig geworden war und sie Köln verlassen wollte.
    „Richte ihm bitte schöne Grüße aus und seiner Tochter auch“, bat er.
    „Mache ich.“
    „Wann kommst du am Wochenende?“
    „So früh wie möglich.“
    Zögernd kam seine nächste Frage: „Hast du dir die Gästeliste noch einmal angeschaut?“
    „Du kannst von Glück sagen, dass ich Ostern meine Boxhandschuhe nicht dabei hatte“, antwortete sie mit einem scherzhaften Unterton.
    Hannah hörte ihren Vater lachen.
    Sie sprachen über seine Geburtstagsparty. In zwei Wochen würde er 65 Jahre alt werden und eine große Feier in seiner Villa in Hamburg veranstalten, wie es seinem gesellschaftlichen Stand entsprach. Hannah und ihre Mutter steckten voll in den Vorbereitungen.
    „Es ist deine Party, Paps“, lenkte sie ein. „Du hast so entschieden.“
    Viele junge Männer standen auf der Gästeliste. Abteilungsleiter, Referenten und Vorstandsassistenten. Einige von ihnen kannte sie flüchtig, und der eine oder andere machte ihr bereits den Hof, weil sie sich bei ihr eine reiche Partie versprach.
    „Du kannst deinem alten Vater vertrauen“, äußerte er schließlich. „Ich muss jetzt auflegen.“
    „Okay. Ich wünsche dir viel Vergnügen, Grandpa“, scherzte sie.
    Er lachte erneut. „Pass auf dich auf, mein Mädchen.“
    „Natürlich. Ich hab dich lieb, Paps.“
    „Ich dich auch. Bis Freitag.“
    „Tschüs.“
    Hannah würde sich nicht beirren lassen, auch wenn es ihr Vater gerne sehen
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