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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme
Autoren: Sabine Ebert
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liebsten getötet hätte.
    Rutger schoss das Blut ins Gesicht vor Hass und Zorn.
    Der Waffenmeister schien das nicht zu bemerken – und wenn er es doch tat, so gab er sich blind. Schließlich hatte er klargestellt, welches Verhalten er von seinen Schülern erwartete. Sie waren alt genug, um zu wissen, dass ernsthafte Raufereien untereinander streng geahndet wurden.
    »Gut!«, lobte er die Vorführung, als wüsste er nicht, dass hier eine seit Jahren gehegte Feindschaft ausgetragen wurde, die ihren Ursprung in der Blutfehde ihrer Väter hatte.
    Natürlich wusste er es wie jeder auf dem Meißner Burgberg. Aber er weigerte sich, darauf Rücksicht zu nehmen. Die beiden Burschen hatten zu gehorchen und zu lernen, was er ihnen befahl, solange sie noch keine Ritter waren. Danach sollte sich gefälligst der Markgraf um die Streitereien unter seinen Männern kümmern.
    Deshalb gab der Waffenmeister auch ungerührt den nächsten Befehl, wenngleich er wusste, dass er damit weiter Öl ins Feuer dieser Feindschaft gießen würde.
    »Das letzte Vorgehen noch einmal langsam, so dass jeder es mitbekommt. Und dann übt ihr das paarweise«, wandte er sich erst an die Kämpfer, dann an die Jüngeren.
    Es schien Rutger alle Beherrschung zu kosten, seine Niederlage noch einmal in aller Ausführlichkeit vorzuführen.
    »Ich töte dich, ich schwör’s! Dann ist mein Vater gerächt!«, zischte er seinem Gegner ins Ohr, während er sich – wie befohlen – erneut von Thomas in die Zwangslage bringen ließ, aus der ihm nur der Verzicht auf seine Waffen wieder Bewegungsfreiheit schenkte.
    »Dein liebster Traum, ich weiß«, gab Thomas leise zurück, und sein spöttisches Lächeln brachte den anderen noch mehr auf.
    Die Verbeugung, mit der sie den Kampf auf Weisung ihres Lehrmeisters beendeten, hätte knapper nicht ausfallen können. Rutger voll unverhohlener Wut, Thomas mit nur mäßig verborgener Belustigung, gingen nun daran, mit den Jüngeren den genauen Ablauf des Abwehrmanövers einzustudieren, das den Kampf unblutig entschieden hatte.
    Erst als die Dämmerung einsetzte und die Zeit für die Abendmahlzeit nahte, wies der Waffenmeister an, die Übungen zu beenden, was vor allem den Jüngeren unter den Knappen ein verstohlenes Aufatmen entlockte.
     
    Während die Knappen die Waffen einsammelten, trat ein junger Ritter mit lockigem, braunem Haar zu Thomas.
    »Wenn ihr nicht schon seit Jahren Todfeinde wärt – spätestens heute hättest du dir einen gemacht«, bemerkte er treffend. Roland war ein Jahr älter als Thomas, hatte seine Schwertleite bereits hinter sich und stand nun als Ritter in Diensten des Meißner Markgrafen, ebenso wie sein Vater Raimund.
    Normalerweise hatte Roland bei den Waffenübungen der Knappen nichts mehr zu suchen. Doch Thomas ahnte, dass sein Freund nicht nur gekommen war, um ihn im Zweikampf mit Rutger zu beobachten.
    »Das Leben wäre langweilig ohne Feinde«, antwortete er grinsend.
    Roland blickte sich kurz um, bevor er mit gedämpfter Stimme warnte: »Ich sage dir das nicht zum ersten Mal: Irgendwann wird er dich mit seiner Heimtücke überrumpeln! Mit seinen Lügen und Ränken hat er dich schon viel zu oft in Schwierigkeiten gebracht.«
    »Ja, aber jetzt wird mich niemand mehr verprügeln, nur weil Rutger mich verpfiffen oder verleumdet hat. Jetzt muss er mich schon selbst besiegen, und dazu ist er einfach zu langsam und zu dumm. Muskeln wie ein Bär, Hirn wie ein Spatz.«
    »Darf ich dich daran erinnern, dass mehr Leute von Bären gefressen wurden als von Spatzen?«
    Missbilligend schüttelte Roland den Kopf. »Es wird noch ein schlimmes Ende mit dir nehmen bei so viel Leichtfertigkeit.«
    Thomas hielt mitten im Laufen inne und sah den Freund aufgebracht an. »Mein Vater hat seinen Vater im ehrlichen Zweikampf besiegt und getötet – in einem Gottesurteil. Randolf hatte also den Tod verdient! Und genau so werde ich mit Gottes Hilfe diesen rothaarigen Bastard töten, wenn der Tag gekommen ist.«
    Roland verdrehte die Augen. Sie waren befreundet wie einst ihre Väter, seit ihrer Pagenzeit auf dem Burgberg gemeinsam aufgewachsen, und sie führten dieses Gespräch nicht zum ersten Mal. Deshalb verzichtete er darauf, seine Warnung zu vertiefen. Außerdem hatte er etwas Besonderes auf dem Herzen, das er keinen Tag länger aufschieben wollte.
    »Reiten wir noch ein Stück?«, fragte er, nachdem die Schilde und Übungsschwerter in die Waffenkammer geräumt waren.
    Der Jüngere begriff, dass der Freund
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