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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme
Autoren: Sabine Ebert
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die Brautgabe ausgehandelt ist. Jetzt ist mir die Brautgabe völlig gleichgültig, ich würde deine Schwester auch ohne nehmen, aber ich sehe Hindernisse über Hindernisse …«
    Thomas stieg in den Sattel und wog in Gedanken ab, was dafür und dagegen sprach, dass Lukas bald auf den Burgberg käme. »Sofern unser gnädigster Fürst nicht wieder meine Mutter anfordert, damit sie einen seiner Gichtanfälle behandelt, wird mein Stiefvater Clara wohl kaum an den Hof mitbringen. Du weißt ja, er hält sie fern von hier, so lange es geht …«
    Dafür gab es gute Gründe. Niemand von ihnen wollte, dass Clara durch ihr Heilwissen einmal in ähnliche Gefahr geriet wie ihre Mutter, der Feinde heidnischen Aberglauben und Schadenszauber vorgeworfen hatten.
    »Du wirst wohl nach Freiberg reiten müssen, wenn wir aus Döben zurück sind.«
    »Willst du dir nicht endlich einmal ein ehrbares Mädchen suchen, dem du dein Herz schenkst und um das du freist?«, wollte Roland wissen, bevor er aufsaß. »Ewig kann das doch nicht gutgehen …«
    Roland wusste als Einziger, dass Thomas ein Verhältnis mit der neuen, jungen und gelangweilten Frau des alten Haushofmeisters hatte. Als sie mit dem Hofstaat des Markgrafen unterwegs waren, hatte sie ihn eines Abends zu seiner eigenen Überraschung verführt. Seitdem trafen sie sich heimlich bei jeder sich bietenden Gelegenheit, und jeder halbherzige Versuch von Thomas, die sündige Liebschaft zu beenden, war von ihr mit Küssen und sehr überzeugenden Vertraulichkeiten abgewehrt worden.
    Thomas zuckte mit den Schultern, dann klopfte er seinem Braunen aufmunternd auf den Hals. »Du hast recht, ich sollte die Finger von ihr lassen. Aber ich kann hier keine Familie gründen. Wenn erst Albrecht Markgraf wird – und das kann jeden Tag geschehen angesichts von Ottos Alter –, muss ich schleunigst von hier verschwinden. Wahrscheinlich mein Stiefvater und meine Mutter auch … Insofern wäre es doppelt gut zu wissen, dass Clara bei dir in Sicherheit ist …«
    Sie saßen beide schon in den Sätteln, als Thomas mit gespielter Beiläufigkeit sagte: »Ich hoffe nur, dass ich meine Schwertleite schon hinter mir habe, wenn es so weit ist. Dann kann ich in Graf Dietrichs Dienste treten. Er würde mich bestimmt aufnehmen.«
    Roland stieß vor Überraschung einen leisen Pfiff aus. Über diesen Plan hatte sein Freund noch nie mit ihm gesprochen. Dietrich von Weißenfels war Markgraf Ottos jüngerer Sohn und lebte auf wettinischem Besitz an der Saale. Während seiner Knappenzeit war Thomas’ Vater Christian sein Lehrmeister gewesen.
    »Klingt vernünftig«, meinte Roland bedächtig. »Aber Dietrich hat das Kreuz genommen, er will den Kaiser auf den Kriegszug ins Heilige Land begleiten. Wahrscheinlich ist er schon unterwegs dahin. Dann wirst du ihm folgen müssen … bis zum Mittelpunkt der Welt!«
    Rolands Stimme klang nun schwärmerisch, beinahe neidisch. »Ruhm und Ehre und ewiges Seelenheil! Vergebung aller Sünden!«
    Thomas gab sich alle Mühe, gelassen zu wirken. So neugierig er auch auf fremde Länder war, von denen die Leute die unglaublichsten Dinge erzählten – er wusste auch, dass man bis ins Heilige Land durch unwirtliches Gebiet ziehen musste, über unberechenbare Gewässer, einem Feind entgegen, von dem es hieß, er sei ihnen an Waffen und Zahl überlegen und könne auch in sengender Hitze überleben.
    »Mein Vater meint, der letzte Kriegszug ins Heilige Land sei eine vollkommene Niederlage gewesen«, sprach Roland weiter, aufgewühlt von der Vorstellung, sein jüngerer Freund könnte sich auf dieses Abenteuer einlassen. »Die meisten Kämpfer sind gar nicht erst angekommen, sondern unterwegs verdurstet, an Krankheiten gestorben oder wurden bei Angriffen während des Marsches getötet. Aber diesmal soll alles anders sein: nur im Kampf ausgebildete Männer von Stand, die ihre Truppen auch verpflegen können, kein Lumpenpack und keine Huren. Es heißt, unser Kaiser habe das größte christliche Heer aufgestellt, das je unter Führung eines Königs oder Kaisers aufgebrochen ist. Wenn es einer schafft, Jerusalem zurückzuerobern, dann er!«
    Thomas lachte auf. »Fünfzehntausend bewaffnete Männer und keine Huren? Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.«
    Doch dann wurde er ernst. »So wie deine Eltern nicht wollen, dass du schon heiratest, halten meine nichts davon, auf diesen Kriegszug zu gehen. Als ich einmal die Rede darauf brachte, fragten sie nur, ob es hier nicht
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