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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme
Autoren: Sabine Ebert
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Opfertod schon fast fünf Jahre zurücklag, trauerten sie beide noch um ihn, wenn auch auf sehr verschiedene Weise.
    Marthe würde nun in der Kapelle für ihn beten. Christian war die Liebe ihres Lebens gewesen, und es verging kein Tag seit ihrer aus der Not heraus geborenen Heirat, an dem sich Lukas nicht fragte, ob der Geist des toten Freundes nicht unsichtbar zwischen ihnen im Bett lag.
    Dabei machte Christians Tod auch ihn immer noch so wütend und verzweifelt, dass es ihm die Kehle zuschnürte. Manchmal rechnete er sogar damit, den Freund bei den Ställen oder im Haus vorzufinden. Oder auf der Burg, wo Christian über die rasch gewachsene Bergmannssiedlung wachte, bis ihn seine Feinde auf Befehl des ältesten Sohnes des Meißner Markgrafen ermorden ließen.
    Er, Lukas, hatte Marthe schon geliebt, lange bevor sie Christians Frau wurde. Doch ihre Hochzeit verlief unter Umständen, wie er sie sich nie gewünscht hätte. Ein alter und einflussreicher Feind – der Hauptmann der Leibwache des Meißner Markgrafen Otto von Wettin – hatte Marthe am Tag der Beerdigung von Christians Grab entführt und mit Gewalt zu seiner Frau gemacht. Als Lukas sie endlich fand, tötete er den anderen in maßlosem Zorn. Der einzige Weg, sich und seine Mitstreiter vor dem Todesurteil und Marthe vor dem Kloster zu retten, war die sofortige Heirat.
    Als Marthes vorsichtige Schritte die Treppe hinab verklungen waren, stand Lukas auf, zog sich an und ging ebenfalls in das Erdgeschoss des Steinhauses, in dem sie wohnten. Fast alle schienen noch zu schlafen. Nur Anna, die junge Magd, war schon auf und schürte das Feuer. Sie grüßte ihn ehrfürchtig und bot ihm Bier und kalten Brei an.
    »Wenn meine Frau zurückkommt, richte ihr aus, dass ich oben auf sie warte«, wies er sie an und stieg wieder in die Kammer. Dort setzte er sich an den Tisch und stützte die Stirn auf die verschränkten Hände, während dunkle Gedanken in ihm wühlten.
    Christians Tod war bis heute nicht gerächt, sah man davon ab, dass Lukas dem künftigen Markgrafen unmittelbar nach der Bluttat den Kopf des Mannes vor die Füße geworfen hatte, der den todbringenden Pfeil geschossen hatte. Doch derjenige, der den Befehl zu dem Mord gegeben hatte, lebte weiter unbehelligt und würde in naher Zeit die Regentschaft über das Land übernehmen.
    Und auf der Freiberger Burg herrschte nun ein launenhafter, unerbittlicher Mann.
    Das war einer der Gründe, weshalb er und Marthe die junge Stadt nicht längst verlassen hatten. Eigentlich sollte er sich jetzt auch besser auf den Weg zur Burg begeben, um seinen Dienst als Kommandant der Wachmannschaft anzutreten. Aber diesmal würde er die Strafe für sein Zuspätkommen hinnehmen. Es gab Dinge, die ihm heute wichtiger waren als die gute oder schlechte Laune des Burgvogtes.
     
    Lukas hätte nicht sagen können, wie viel Zeit verstrichen war, als Marthe eintrat. Trauer umwehte ihre zierliche Gestalt wie flirrender Wind, auch wenn sie sich Mühe gegeben hatte, die Spuren ihrer Tränen zu beseitigen. Jetzt lächelte sie ihm sogar zu, etwas gequält.
    »Müsstest du nicht längst auf der Burg sein?«
    Er beantwortete die Frage nicht, streckte stattdessen eine Hand aus und sah ihr in die Augen.
    »Komm her!«
    Entgegen ihrer Art wich sie seinem Blick aus, während sie auf ihn zuging, leicht verwundert über sein Ansinnen und in Gedanken wohl immer noch bei Christian.
    Lukas zog sie an sich und setzte eine gespielt strenge Miene auf. »Es wird Zeit, Weib, dass du deinem Gemahl wieder einmal deinen Gehorsam erweist.«
    Zu anderer Zeit hätte sie wohl gelacht oder wenigstens gelächelt; Lukas war ein spöttischer Geist und scherzte oft. Aber diesmal, das spürte sie, lag Ernst hinter den ironisch vorgebrachten Worten.
    Um keinen Zweifel an der Art des Gehorsams aufkommen zu lassen, den er erwartete, schob er ihr den Rock hoch und strich mit seinen Händen begehrlich über ihre schlanken Schenkel.
    Lukas spürte, wie sie für einen Augenblick erstarrte. Doch er wollte ihr erst gar keine Zeit zum Nachdenken geben. Er musste es schaffen, Marthes Gedanken von Christians Grab loszureißen.
    Seine Hände wanderten höher, umfassten ihre Hüften und zogen sie mit unnachgiebiger Kraft an sich, während er den Kopf senkte und jene Stelle mit Küssen bedeckte, wo Hals und Schulter ineinander übergingen – etwas, dem sie kaum widerstehen konnte, wie er wusste.
    »Du musst auf die Burg, und jeden Moment kann jemand hereinkommen«, wandte sie
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