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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme
Autoren: Sabine Ebert
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Waffenmeisters verstanden hatte.
    »Wollen wir wetten?«, flüsterte einer der jüngeren Knappen in der hinteren Reihe zu seinem Nebenmann, der dem Dunkelhaarigen unter den aufgerufenen Kämpfern unverkennbar ähnlich sah. »Du musst natürlich auf Thomas setzen, weil er dein Bruder ist, oder? Familienehre und so …«
    »Ich würde auch auf ihn setzen, wenn er nicht mein Bruder wäre«, meinte Daniel und gab sich gelassen. »Behalte dein Geld.«
    »Sie sind beide gut. Obwohl: Rutger ist größer, das verschafft ihm einen Vorteil«, wisperte sein Freund Johannes. »Aber keinesfalls würde ich darauf wetten, dass beide lebend vom Platz gehen …«
    Daniel wagte nicht mehr zu antworten, denn der Waffenmeister blickte schon warnend zu ihnen. Dem Alten schien auch nichts zu entgehen. Hartmut war unter den Knappen ebenso verhasst wie gefürchtet, weil er sie gnadenlos schliff, damit sie später in Kämpfen einmal eine Aussicht zu überleben hatten. Doch Thomas und Daniel hatten einen zusätzlichen Grund, den alten Waffenmeister zu hassen: Er war einst mit Fürst Albrecht nach Christiansdorf gekommen und hatte ihren Vater im Kerker bewacht, bevor er ermordet wurde.
    Und jetzt hetzte er diesen Bastard Rutger auf Thomas!
    Daniel gestand es sich ungern ein, aber Rutger war seinem Bruder von allen hier noch am ehesten ebenbürtig. Beide galten mit Abstand als die besten Schwertkämpfer unter den Knappen auf dem Meißner Burgberg. Und sie würden einander nichts schenken, denn sie waren bereits seit dem Tag verfeindet, als Rutger von seinem Ziehvater Elmar, dem Anführer der Leibwache des Markgrafen, als Knappe auf den Burgberg gebracht worden war.
    Dass sie mit Schwert und Buckler statt mit den großen lederbespannten Holzschilden gegeneinander antreten sollten, erhöhte die Spannung noch, denn um sich mit dem kleinen runden Metallschild zu behaupten, musste man schnell und erfahren sein.
    Noch umkreisten sich die Gegner, die Schwerter fest in der Rechten, in der Linken den Buckler, ohne den Blick vom anderen
     zu lassen.
    Beide waren schlank und geschmeidig, voll kaum zu zügelnder Kraft. Rutgers vor Hass verzerrtes Gesicht war inzwischen fast so rot wie sein Haar. Thomas dagegen wirkte beim Anblick seines Kontrahenten völlig gelangweilt, sogar etwas belustigt. Doch Daniel wusste, dass das gespielt war. Sein Bruder – wie er selbst auch – hasste den Widersacher nicht nur, weil ihre Väter Todfeinde gewesen waren, sondern er verachtete ihn auch wegen seiner Heimtücke.
    Und er würde sich vor ihm in Acht nehmen.
    Zumindest hoffte das Daniel. Sonst kann ich gleich mein Bündel schnüren, dachte er entmutigt. Eigentlich hätte er erst in einem halben Jahr vom Pagen zum Knappen ernannt werden dürfen. Nur wegen des Rufes seines Vaters und seines Bruders war er schon eher in den Kreis der künftigen Ritter aufgenommen worden. Doch der Jüngste unter lauter angehenden Kämpfern zu sein, war kein leichtes Los. Zum Glück hatten Thomas und dessen Freunde ihm heimlich dies und jenes beigebracht, sonst wäre er noch öfter von den Älteren verprügelt worden.
     
    Ein lautes Klirren eröffnete den Zweikampf. Rutger hatte als Erster zugeschlagen. Sein Gegner riss den kleinen Metallschild hoch und fing den Oberhau damit ab. Dann ließ er ihn durch ein leichtes Kippen des Bucklers abgleiten, während er rasch einen halben Schritt zur Seite trat und seinerseits den Gegner mit einem Mittelhau attackierte, der im letzten Moment abgewehrt wurde.
    Über fünf oder sechs blitzschnelle Angriffe und Abwehrparaden wogte der Kampf hin und her, bis sich schließlich Rutger mit einem Wutschrei auf den Gegner stürzte. Daniels Freund Johannes bedauerte schon, nicht auf den Rothaarigen gewettet zu haben. Doch Thomas schien vorausgesehen zu haben, was kam, und wich zur Seite. Er umfing die Arme des Gegners mit seinen Händen, die Schwert und Buckler hielten, und umklammerte sie. Nun blieb Rutger nur noch eine einzige Möglichkeit, sich zu befreien: Schild und Schwert zu Boden fallen zu lassen und die Arme herauszuziehen.
    Damit war er entwaffnet, der Kampf für ihn verloren.
    Die Zuschauer hatten allesamt den Atem angehalten – nicht nur wegen der Schnelligkeit und des Geschicks der Kämpfer, sondern auch, weil sie wussten, dass dies keiner der normalen Übungskämpfe war, nach dem sich die Beteiligten lachend auf die Schulter klopften und den anderen zum Sieg beglückwünschten. Es war nicht zu übersehen, dass jeder der beiden den anderen am
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