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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme
Autoren: Sabine Ebert
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statt beauftragen.
    Sie hatte wohl einfach – und leider vergeblich – gehofft, dass ihr eine Schwangerschaft erspart bliebe.
    »Wir werden die Ritter ermahnen, sich gegenüber den Frauen zu verhalten, wie es sich geziemt«, meinte Lukas nur und fing sich dafür einen wütenden Blick des Vogtes ein.
    Das kümmerte ihn wenig. Er musste mit Marthe darüber reden. Sie würden das Mädchen als Magd in ihre Dienste nehmen, falls ihr Vater sie verstieß. Mehr konnte er nicht tun.
    Dennoch betraf ihn die Sache sehr persönlich. Es ging gegen seine Ehre als Ritter, wenn sich Männer seines Standes dermaßen schändlich benahmen. Vor allem aber, weil Marthe einst selbst Opfer eines solchen Überfalls geworden war. Damals, als sie noch ein blutjunges Ding in zerlumpten Kleidern gewesen war, das mit den Siedlern vor einem grausamen Burgherrn hatte fliehen müssen. Auch sie konnte nicht Klage erheben gegen denjenigen, der ihr das angetan hatte.
    Lukas hatte Marthe bis heute in dem Glauben gelassen, er wisse nichts davon. Genau wusste er es auch nicht, hatte es sich aber aus verschiedenen Beobachtungen zusammengereimt. Und später, kurz nach Christians Tod, hatte er ihren zerschundenen Körper gesehen, als er sie aus den Klauen Ekkeharts befreit hatte. Ein Anblick, der in ihm tief eingebrannt war und der ihn auch jetzt noch mit hilflosem Zorn erfüllte, obwohl er den Übeltäter auf der Stelle getötet hatte.
    Warnend sah er zu dem Schmied, den er kannte, seit er vor mehr als zwanzig Jahren zusammen mit Christian die ersten Siedler aus Franken in die Mark Meißen geführt hatte. Ratsherr hin oder her, Jonas sollte jetzt lieber den Mund halten. Jedes weitere Wort würde nur noch mehr den Zorn des Burgvogtes heraufbeschwören. Der sah ohnehin schon aus, als platzte er im nächsten Augenblick vor Wut.
    Mit Mühe unterdrückte Lukas ein Grinsen.
    Das hier war kein Spaß, und er selbst würde wohl auch noch seinen Teil von der Wut des Vogtes abbekommen, wenn die drei Ratsherren erst gegangen waren. So gern Heinrich herumbrüllte – er achtete streng darauf, seine Ritter niemals vor Niederrangigen zurechtzuweisen.
    Es machte Lukas wenig aus, sich für eine Weile das Toben des Burgvogtes anzuhören. Und dass er in nächster Zeit ein paar unbeliebte Botendienste übernehmen musste – hauptsächlich an Regentagen und in Gegenden, in die es niemanden zog –, damit hatte er sich bereits abgefunden, als er vorhin seinen Dienst zu spät antrat. Aber wenn Jonas jetzt nicht schwieg, würde sich Heinrich noch ein paar Boshaftigkeiten ausdenken, unter denen die halbe Stadt zu leiden hatte.
    Wie sich herausstellte, hatte er das bereits.
    »Da ihr nun eure Beschwerden vorgetragen habt«, begann der Vogt und beugte sich leicht vor, während seine Augen triumphierend aufleuchteten, »will ich dem Rat auch meine mitteilen. Es häufen sich Klagen unter meinen Männern, dass immer mehr Beutelschneider in der Stadt umgehen. Da der Rat offensichtlich nicht in der Lage ist, des Diebesgesindels Herr zu werden, werde ich mich dieser Sache selbst annehmen. Noch ein solcher Zwischenfall, und ich verhänge verschärftes Recht über Freiberg.«
    Lukas sah, wie die drei Ratsherren erbleichten. Der Tucher, der bis eben geschwiegen hatte, schnappte nach Luft und zerrte am Halsausschnitt seines mit gewebten Borten verzierten Bliauts. Der Gewandschneider, vor einem halben Jahr zum Bürgermeister gewählt, begann zu stammeln.
    »Das … Herr, der Fürst hat uns Stadtrecht nach Magdeburger Recht zugebilligt … Seid versichert, wir werden alles tun …«
    Doch der Vogt ließ ihn nicht ausreden.
    »
Ich
sorge hier für Recht und Gesetz, da ihr offensichtlich nicht fähig dazu seid«, sagte er so schroff, dass der Bürgermeister jäh verstummte.
    Lukas entschied, dass es Zeit war, einzugreifen. »Wenn Ihr erlaubt, werde ich der Sache mit den Beutelschneidern nachgehen. Gebt mir zwei Wochen, und wenn ich bis dahin nichts herausfinde, können wir zusammen beraten, was zu tun ist.«
    Es erschien ihm mehr als fragwürdig, dass sich Diebe an die Ritter heranwagen sollten. Bürger, Handwerker, ihre Frauen und Mägde an den Brot- oder Fleischbänken oder bei anderen Besorgungen zu bestehlen, war nicht nur viel weniger gefährlich, sondern auch aussichtsreicher. Ritter waren es nicht gewohnt, zu bezahlen, und führten oft kein Geld bei sich, höchstens ein paar Hälflinge im Almosenbeutel für den Kirchgang.
    Er würde Peter auf die Sache ansetzen, seinen
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