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Der Fluch der falschen Frage

Der Fluch der falschen Frage

Titel: Der Fluch der falschen Frage
Autoren: Lemony Snicket
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sie es geschickt?«
    Ich trank einen großen Schluck Wurzelbier und dachte nach. Solange ich ein imaginäres Gespräch führte, konnte ich ja wohl auch ein imaginäres Wurzelbier dazu trinken, um meinen Gedanken auf die Sprünge zu helfen. » An den einzigen Grund, warum sie überhaupt noch in die Stadt kommt.«
    » Nämlich?«
    » Gatto Nero Caffè. Ecke Caravan und Parfait.«
    » Na, siehst du, L. Du machst das gut allein.«
    » Und du?«
    Sie antwortete natürlich nicht, und sie redete auch den restlichen Weg nicht mehr mit mir. Ich kannte mich in Schwarz-aus-dem-Meer noch nicht gut genug aus, darum war ich mir unsicher über die Richtung. Normalerweise kann man Passanten nach dem Weg fragen, aber in diesen menschenleeren Straßen ging das nicht, und normalerweise bekommt man im Hotel einen Stadtplan, aber ins Hotel wollte ich auf gar keinen Fall. Theodora war sicher schon dabei, Zeit, Geduld und Chuzpe in eine noch viel bessere Standpauke zu investieren, als ich sie gestern bekommen hatte. Also suchte ich mir meinen eigenen Weg. Ich orientierte mich an dem hohen, griffelförmigen Gebäude und stieß nach einer Weile auf den Caravan Boulevard, eine breite Straße, die so leer war wie alle anderen auch und durch die Stadt zickzackte, als wüsste sie selbst nicht, wohin. Schießlich kreuzte sie Parfait Street, eine schmale Gasse, aus der ein kalter Wind blies, und vor mir lag die Niederlassung von Gatto Nero Caffè, das einzige geöffnete Geschäft zwischen lauter mit Brettern vernagelten Gebäuden. Ein Name stand auf dem großen Holzschild nicht, aber ich erkannte die Katzensilhouette von der Kaffeepackung wieder.
    Mein erster Gedanke, als ich die Tür aufstieß, war: endlich einmal ein Ort, an dem Leben herrscht. Mein zweiter: kein Mensch da. Der Laden war ein langer, schlauchartiger Raum mit einem riesigen Tresen in der Mitte, aber auf keinem der Hocker saß jemand. Hinter dem Tresen blitzte eine Unzahl glänzend polierter Apparaturen, wie ich sie noch nie gesehen hatte, mit Schläuchen und Hebeln und Tüllen und Tastenfeldern, die alle geschäftig klapperten und summten, aber es gab niemanden, der sie bediente. Und in der Ecke stand ein Klavier, aus dem Musik tönte, aber als ich näher heranging, sah ich, dass es ein Pianola war, das ganz von allein spielen kann. Die Musik hätte die gleiche sein können wie die aus Ellingtons Plattenspieler, aber das kam mir vielleicht nur so vor, weil ich gerade an sie dachte. Und nach dem Namen des Stücks hatte ich sie auch nicht gefragt. Gut, hier konnte ich erst recht niemanden fragen. So wie ich auch niemanden fragen konnte, ob ein Päckchen für Ellington Feint gekommen war. Oder ob Ellington Feint schon da gewesen war, um es zu holen. Oder ob es irgendwo eine Karte gab.
    » Hallo?«, rief ich wie wohl jeder, wenn er einen Raum betritt, den er wider Erwarten leer vorfindet. Ich ging zum Tresen zu einer Lücke zwischen den Hockern und sah drei große Messingknöpfe in einer Reihe. Jeder Knopf war mit einem Messingbuchstaben gekennzeichnet: A, B und C.
    Ich drückte C, und augenblicklich setzten sich die Apparaturen hinter dem Tresen summend in Bewegung. Dampf quoll aus einer Reihe von Löchern an der Oberkante, und eine gewaltige runde Birne, eine Art Glühbirne aus Metall, fing lautstark zu vibrieren an. Ein Türchen sprang auf, ein Trichter an einer langen Feder schnellte daraus hervor, und gleich darauf floss aus der Birne etwas durch den Trichter in ein Gerät, das wie ein Radio aussah. Zuletzt erschien von irgendwoher eine Metallklaue mit einer kleinen weißen Untertasse und darauf einem kleinen weißen Tässchen, das bis zum Rand mit einer dunkel und vertraut riechenden Flüssigkeit gefüllt wurde. Der Greifarm stellte das Tässchen samt Untertasse direkt vor Knopf C ab, wo es stand und mich andampfte.
    » Caffè?«, fragte ich laut, und weil ich ihn mir selbst angeboten hatte, schien es mir nur höflich, mir auch selbst zu antworten: » Nein, danke.«
    Als ich B drückte, begann ein anderer Teil der Maschine zu beben, und aus einer anderen Reihe von kleinen Löchern strömte eine andere Art von Dampf. Ein Händepaar aus Metall fuhrwerkte an einer weißen , klebrigen Masse herum, die darauf von zwei lauten Holzhämmern traktiert wurde. Schließlich wurde der Klumpen durch eine Tür geschubst, eine Uhr fing an zu ticken, und nach einer Weile läutete eine Glocke, die Tür öffnete sich, und etwas sauste eine Rutsche hinunter und landete vor Knopf B. Ein
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