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Der Fluch der falschen Frage

Der Fluch der falschen Frage

Titel: Der Fluch der falschen Frage
Autoren: Lemony Snicket
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steht, und wieder war es die falsche Frage. Die richtige Frage hätte gelautet: » Woher kannte ich diese Stimme?«, aber diese Frage kam mir nicht in den Sinn, auch nicht als ich das Telefon ans Ohr hielt und all das Entsetzliche hörte, das mir die Stimme zu sagen hatte.

Elftes Kapitel
    » Hallo?«
    » Hier ist Ellington«, sagte die Stimme aus dem Hörer. Sie klang belegt und verzagt, aber vielleicht lag das auch an der Verbindung. » Ich bin in großen Schwierigkeiten.«
    » Wo steckst du?«
    » Er hat mich in seiner Gewalt«, sagte die Stimme. » Du musst mir helfen.«
    » Brandhorst?«
    » Brandhorst.« Ich bin kein sehr behaarter Mensch, aber jedes einzelne meiner Haare richtete sich beim Klang dieses Namens auf und stand zu Berge. Der Klang wirkte anscheinend auch auf Prosper Weiss, der wieder hinter seinem Tresen hervorkam und angelegentlich den Staub aus den Sofakissen zu klopfen begann. Ich wünschte, mein Belauschen-für-Anfänger-Lehrer wäre mit in der Hotelhalle gewesen, um ihn mit Pauken und Trompeten durchrasseln zu lassen.
    » Er stand plötzlich vor mir und hat mich aus der Weißwimpelhöhe gezerrt und in dieses Verlies gesperrt. Ich komme um vor Angst.«
    » Wie gut, dass du wenigstens ein Telefon gefunden hast«, sagte ich.
    » Hast du die Statue?«
    » Die Bordunbestie?«, fragte ich, und richtig, Prosper Weiss rückte noch ein Kissen näher an mich heran. Staub, Staub, nichts als Staub, Mr Weiss, dachte ich.
    » Hast du sie bei dir, Lemony?«
    Sie hatte mir besser gefallen, als sie mich noch Junker Snicket genannt hatte. Aber sie hatte mir natürlich auch besser gefallen, als sie noch sie selbst gewesen war. » Ich halte es für unklug, diese Frage am Telefon zu beantworten«, sagte ich.
    » Sicher«, erwiderte die Stimme. » Aber wenn du sie hast, bring sie schnellstmöglich zum Bottrop Boulevard 1300.«
    » Wenn ich sie habe«, sagte ich, » soll ich sie also lieber in tiefer Nacht bei einer fremden Adresse abliefern, als sie hierzubehalten, wo sie in Sicherheit ist?«
    » Wenn er die Statue bekommt, lässt er mich frei. Bitte beeil dich, Lemony!«
    » Immerhin war es nett von ihm, dass du noch deine Sachen packen durftest, bevor er dich aus dem Haus gezerrt hat«, sagte ich. » Sogar dein Plattenspieler war weg. Wie hieß dieses Stück gleich wieder?«
    » Beeil dich«, hörte ich noch einmal, und dann brach das Gespräch ab. Ich musste zugeben, dass die Stimme tatsächlich wie die von Ellington Feint geklungen hatte, so wie sie davor wie die von Mr Mallahan geklungen haben musste und davor, bei Moxie, wie meine Stimme. Ich sah auf das Paket in meinen Händen.
    » Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«, fragte Prosper Weiss und knetete die verstaubten Hände ineinander. Mir lagen plötzlich noch ein paar andere Ausdrücke für » servil« auf der Zunge, einer unfreundlicher als der nächste.
    » Ja«, sagte ich und gab ihm mein Bücherpaket. » Könnten Sie wohl dieses Päckchen für mich aufbewahren?«
    » Aber gern«, sagte er. Devot.
    » Danke«, sagte ich. » Es kann sein, dass schon sehr bald jemand danach fragt.«
    » Um diese Zeit?«, fragte er. Hündisch.
    » Sie würden sich wundern, was um diese Zeit noch alles passieren kann«, sagte ich, ging zur Tür hinaus und klopfte an das Fenster des Bellerophon-Taxis. Boing schlug die Augen auf und kurbelte das Fenster herunter.
    » Gott, Snicket, schläfst du auch mal?«, fragte er.
    » Und euer Vater«, fragte ich zurück, » fährt der diese Klapperkiste auch mal? «
    » Er ist krank, das weißt du doch«, sagte Boing. » Brauchst du ein Taxi?«
    » Braucht ihr einen Buchtipp?«
    » Immer.«
    » Ich glaube, mit dem Buch über den Stepptänzer habt ihr doch recht.«
    » Das soll ein Tipp sein?«
    » Tut mir leid«, sagte ich. » Ist schon ein bisschen spät. Dafür gibt’s beim nächstem Mal zwei.«
    Boing sah nach unten und stupste seinen Bruder an. » Wach auf, Quietsch. Wir haben einen Fahrgast.«
    » Wohin geht’s?«, rief Quietsch vom Bremspedal hoch.
    » Bottrop Boulevard 1300«, sagte ich.
    » Da ist nichts, Snicket«, sagte Boing. » Von allen leeren Vierteln in Schwarz-aus-dem-Meer ist das wahrscheinlich das leerste.«
    » Da steht kein einziges Haus mehr«, bestätigte Quietsch, während ich hinten einstieg.

    » Kennt ihr das, wenn jemand euch sagt, unter seinem Bett ist ein Ungeheuer?«, fragte ich. » Und ihr wisst genau, dass da nichts sein kann, aber ihr müsst trotzdem unterm Bett nachschauen? So ähnlich ist das
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