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Der Fluch der Abendröte. Roman

Der Fluch der Abendröte. Roman

Titel: Der Fluch der Abendröte. Roman
Autoren: Leah Cohn
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mit der Hand, als wäre der Krieg, der beinahe losgebrochen wäre und auch ihn das Leben hätte kosten können, nur eine Lapalie.
    »Schade nur, dass du nicht tot bist«, presste Cara hervor, und der Anklang an ein Zischen verriet, dass sie einst zu den Schlangensöhnen gehört hatte.
    »Nun, dafür kannst du niemand anderem die Schuld geben als dir selbst«, gab Caspar zurück. »Wenn du dich erinnerst – ich habe damals nicht um Gnade gefleht. Du hast deine Chance, mich umzubringen, schlichtweg nicht genutzt und wie immer in deinem Leben versagt.« Er richtete sich langsam auf, hob seine Hände, und obwohl sein Körper so dürr war, hatte ich das Gefühl, ein riesiger Schatten würde sich auf die Sonne legen und alles verdunkeln. »Und jetzt …«, begann er leise, »jetzt ist es zu spät, liebste Cara. Du wirst nie wieder die Gelegenheit haben, mich zu töten, denn du wirst mich nie wieder besiegen.« Er lachte auf. »Wie es aussieht, haben meine Kräfte nur geschlummert … verschwunden sind sie nicht. Ich fühle mich stark wie nie zuvor.«
    Er streckte sich und schien dadurch größer zu werden. Der schwarze Mantel wehte im kalten Wind. Cara war noch weiter zurückgewichen, doch dann trat Nathan an ihre Seite. Bis jetzt hatte er Aurora getragen, nun ließ er sie auf die Erde gleiten, und obwohl sie verschlafen wirkte, konnte sie mühelos selbst stehen. Rasch legte ich meine Arme um ihre Schultern, während Cara, sich Nathans Hilfe gewiss, einen Satz auf Caspar zumachte.
    Drohend erhob sie die Faust. »Wir sind immerhin zu zweit – und du allein.«
    Wieder lachte er auf, senkte aber seine Arme und lehnte sich wieder an seinen Stein. »Denkst du, ich habe Angst vor euch? Oder dass ich so dumm wäre, mich hier und heute mit euch anzulegen?«
    »Was willst du dann hier?«
    »Ach«, er zuckte mit den Schultern. »Ich wollte mit euch nur ein wenig über die guten alten Zeiten plaudern. Als die Welt noch in Ordnung war, sozusagen, ich der Böse und ihr die Guten – lange bevor dieser Narr von Saraqujal glaubte, er müsse aller Welt beweisen, wie mächtig er ist. Ein Waffenstillstand zwischen mir und Nathan – undenkbar wäre das früher gewesen! Doch wenn ich es mir jetzt recht überlege, ist es eigentlich immer noch undenkbar, oder? Zumal Saraqujal tot ist. Es gibt kein Grau mehr. Es gibt wieder Schwarz und Weiß.«
    Während er gesprochen hatte, hatte er erst seine Hände aneinandergerieben und dann begonnen, den Knauf seines Schwerts sanft zu streicheln. Argwöhnisch starrten Cara und Nathan auf jede seiner Bewegungen, doch schließlich ließ er den Knauf los, ohne sein Schwert gezogen zu haben. Sein finsterer Blick bohrte sich erst in mich, dann in Aurora.
    »Aurora ist nun zwölf Jahre alt, nicht wahr?«, stellte er fest, um mit sichtlichem Genuss fortzufahren: »Also bleiben noch zwei Jahre. Zwei Jahre, um sie auf die eine oder andere Seite zu ziehen. Glaubt mir, ich werde nicht der Einzige sein, der diese Zeit zu nutzen versuchen wird. Von nun an werdet ihr euch nirgendwo mehr sicher fühlen können. Nicht vor den anderen, die Caras Lüge gewiss bald durchschaut haben werden … und nicht vor mir. Vergesst nicht – seinerzeit war ich es, der ihre Macht erweckt hat. Sie mag stärker sein als ich, aber es wird Momente geben, da sie sich nach jemandem sehnen wird, der sie führt. Und vielleicht wird sie eines Tages die Erfahrung machen, dass ich das viel besser kann als ihr …«
    Er zwinkerte mir zu, und aus seinen Augen schienen förmlich schwarze Funken zu sprühen. »Arme Sophie«, höhnte er. »Erst jetzt wirst du wirklich begreifen, was es heißt, in der Welt der Nephilim zu leben.«
    Er wandte sich ab, hielt nun sein Gesicht in die Sonne, als wolle er sich wärmen. Nathan und Cara duckten sich kaum merklich, bereit, jederzeit auf ihn loszugehen, doch Caspar bot ihnen keinen Anlass. Er senkte sein Gesicht, machte eine dienernde Bewegung und erhaschte schließlich einen letzten Blick auf Aurora, der seine Augen gierig aufleuchten ließ. Dann schlenderte er davon – scheinbar so unaufgeregt, wie er uns auch auf dem Stein sitzend erwartet hatte. Sein dunkler Mantel verschmolz mit den Schatten der Bäume.
     
    Als wir in die Villa zurückkehrten, war ich in Gedanken versunken.
    Aurora … eine Weise … und fortan auch eine Gejagte … ja, Caspar würde nicht aufgeben … ganz zu schweigen von den Alten, sofern sie die Wahrheit wirklich kannten …
    Obwohl wir endlich wieder zu Hause im Warmen
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