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Der fliegende Weihnachtskater

Der fliegende Weihnachtskater

Titel: Der fliegende Weihnachtskater
Autoren: Andrea Schacht
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rollten sie Richtung Runway, und während sie über die lange Piste fuhren, erinnerte sie sich an die wirklich sehr holprige Landung vor einem Jahr – dummerweise die erste, die sie in ihrem neuen Status als Flugkapitän durchgeführt hatte. Hunderte von glatten Starts und Landungen hatte sie in den Jahren zuvor hingelegt, aber just an diesem Tag herrschte ein unglaubliches Mistwetter in Berlin. Als sie in den Landeanflug kam und von einer heftigen Bö gepackt wurde, empfing sie dieser verdammte Controller im Tower mit der lässigen Frage: »Hey, Schätzchen, können Sie am Boden auch so hübsch mit dem Hinterteil wackeln?«
    Normalerweise war Amita allerlei lockere Sprüche gewöhnt, aber an diesem Tag stand sie unter hoher Anspannung und reagierte sauer. Die Landung war weder einfach noch sanft, und als sie schließlich mit einemheftigen Rumpeln aufgesetzt hatten, kommentiert er auch noch: »Bunny-Flight, seid ihr gelandet oder aufgeschlagen?« Auf ihre höchst korrekte Antwort konterte er zu allem Überfluss: »Na, dann hoppeln Sie mal zu Gate 12, Bunny.«
    Es war der Beginn einer herzhaften Feindschaft. Der Namen Captain Bunny klebte seither wie ein alter Kaugummi an ihr, und sie wusste, dass auch andere Kollegen sie hinter ihrem Rücken so nannten.
    Ins Gesicht aber wagte es ihr nur dieser verdammte Remo Schulze zu sagen.
    Und er tat es jedes Mal, wenn er ihren Start oder ihre Landung übernahm.
    Ihr Copilot gab einige Daten durch, sie überprüfte die Instrumente – alles lief reibungslos. Wieder meldete sich der Tower und gab ihnen die Startfreigabe durch.
    »Frohe Weihnachten und passt auf, dass ihr kein himmlisches Geflügel in die Triebwerke kriegt«, sagte die Fluglotsin.
    »Machen wir. Und lasst ihr euch nicht von den bunten Blinklichtern auf dem Panel ablenken. Das ist kein Christbaumschmuck.«
    Thomas betete die Checkliste runter, Amita bereitete den Start vor. Eine Routine. Sie kannte die Checklisten auswendig, hörte jedoch trotzdem konzentriert zu. Wie üblich. Seit vierzehn Jahren schon flog sie. Es war, seit sie denken konnte, ihr leidenschaftlicher Wunschgewesen. Und mit achtzehn hatte sie dann ihre Ausbildung begonnen, war danach stetig in der Laufbahn aufgestiegen. Einige Jahre lang war sie als First Officer auf Langstrecken geflogen, doch als sie im letzten Jahr zum Kapitän befördert worden war, hatte sie sich für die innerdeutschen Strecken entschieden.
    Ja, sie war ehrgeizig, und deshalb war sie auch noch immer ohne festen Partner, denn keiner der infrage kommenden Kandidaten war ihr wichtiger als ihr Beruf. Ihre Beziehungen verliefen dann oft im Sande.
    Aber sie hatte inzwischen eine hübsche Wohnung in Berlin und einen unwirschen Kater, um den sich in Zeiten längerer Abwesenheit Janina kümmerte.
    Das Mädchen allerdings war, trotz dieses Clowns, der ihr Vater war, ein Lichtblick in ihrem Leben.

Märchenstunde
     
     
    Janina sah der Stewardess Eva zu, die gerade mit schwungvollen Bewegungen das Sicherheitsballett vortanzte. Schon ein paar Mal hatte sie selbst vor ihren Mitschülern zum allgemeinen Gaudium die Einführung in die Sicherheitsmaßnahmen vor dem Flug vorgeführt und dabei allerlei neckische Varianten eingefügt. »… und dann verlassen Sie das Flugzeug über diese hübsche rote Rutschbahn über den Tragflächen.Ihre Schwimmweste hat eine neckische Weihnachtsbeleuchtung, die das Christkind von oben sieht, wenn Sie im Wasser schwimmen.«
    Eva allerdings war weit nüchterner in ihrem Ansagen. Dennoch, oder vermutlich gerade deswegen, hörte ihr so gut wie niemand zu. Nur der Mann, der auf dem Gangplatz neben Janina saß, ließ die Augen nicht von ihr. Höchst ernsthaft ließ Eva soeben die Sauerstoffmaske andeutungsweise von der Decke fallen, setzte sie sich wie ein Mützchen auf den Kopf und sagte nichts. Stattdessen hob sie den Zeigefinger und wackelte damit verneinend. Janina stutzte. Dann sah sie das Zwinkern. Mit strenger Miene hielt Eva sich die Maske an das rechte Ohr, verdrehte die Augen und wedelte wieder mit dem Finger. Ein leises Kichern ging durch das Flugzeug. Schließlich stülpte sie die Maske über den Mund und richtet den Daumen vielsagend auf.
    »Dies, meine Damen und Herren, war die Variante für unsere gehörlosen Mitpassagiere«, verkündete sie und machte dann wieder ganz korrekt weiter.
    Janina kicherte noch, als die Stewardess sich neben sie setzte und den eingeklinkten Gurt prüfte.
    »Das dürfen wir eigentlich nicht machen«, flüsterte sie,
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