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Der Fledermausmann

Der Fledermausmann

Titel: Der Fledermausmann
Autoren: Jo Nesbø
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gesehen hatte. Sie reichten ihr bis zu den Gesäßtaschen ihrer knackengen Jeans, doch verbargen sie nicht den geschmeidig-biegsamen Rücken und die harmonisch runden Hüften. Sie drehte sich um und lächelte sie mit einer Reihe strahlendweißer Zähne an. Ihr Gesicht war schmal und hübsch mit zwei azurblauen Augen und einer Unzahl Sommersprossen. Unverzeihliche Verschwendung, wenn das keine Frau ist, dachte Harry.
    »Erinnern Sie sich an mich?« rief Andrew durch den dröhnenden Lärm der Siebziger-Jahre-Musik. »Ich war hier und habe nach Inger gefragt. Können wir reden?«
    Die Rothaarige wurde ernst. Sie nickte, sagte einem der anderen Mädchen Bescheid und wies ihnen den Weg zu einem kleinen Pausenraum hinter der Küche.
    »Any news about what happened?« fragte sie, und schon bei diesen wenigen Worten war Harry klar, daß sie vermutlich besser Schwedisch als Englisch sprach.
    »Ich habe einmal einen alten Mann getroffen«, sagte Harry auf norwegisch. Sie schaute ihn überrascht an.
    »Er war Kapitän auf einem Amazonasdampfer. Nach drei Worten von ihm auf portugiesisch wußte ich, daß er Schwede war. Er wohnte dort seit dreißig Jahren. Und ich kann nicht ein einziges Wort Portugiesisch.«
    Die Rothaarige war zuerst perplex, doch dann mußte sie lachen. Ein trillerndes, klares Lachen, das Harry an irgendeinen seltenen Waldvogel erinnerte.
    »Ist das wirklich so offensichtlich?« fragte sie auf schwedisch. Sie hatte eine tiefe, ruhige Stimme und sprach das »r« etwas im Hals.
    »Der Tonfall«, erwiderte Harry. »Euren Tonfall werdet ihr niemals los.«
    »Do you guys know each other?« fragte Andrew sie skeptisch.
    Harry blickte die Rothaarige an.
    »Nope«, gab sie zur Antwort.
    Ist das nicht schade, dachte Harry insgeheim.
     
    Die Rothaarige hieß Birgitta Enquist, war seit vier Jahren in Australien und arbeitete seit einem Jahr im Albury.
    »Wir haben natürlich während der Arbeit miteinander geredet, aber ich hatte eigentlich keinen persönlichen Kontakt zu Inger, sie war die meiste Zeit für sich. Wir von der Bar unternehmen abends manchmal etwas, und hin und wieder tauchte sie dann auf, aber nur selten. Bevor sie hier anfing, hatte sie sich gerade von einem Typ in Newtown getrennt. Das einzig Persönliche, das ich von ihr weiß, ist, daß ihr diese Beziehung mit der Zeit zu eng geworden ist. Sie brauchte wohl neue Impulse.«
    »Wissen Sie, mit wem sie zusammen war?«
    »Eigentlich nicht. Wie gesagt, wir haben zwar miteinander geredet, aber sie hat mir nie richtig Einblick in ihr Leben gegeben. Ich habe auch nicht darum gebeten. Im Oktober ist sie einmal nach Queensland gefahren und hat dort wohl eine Gruppe aus Sydney getroffen, zu der sie seitdem Kontakt hatte. Ich glaube, sie hat dort oben einen Kerl kennengelernt, er war einmal abends hier. Aber das habe ich doch alles schon einmal erzählt«, sagte sie fragend.
    »Ich weiß, liebe Miss Enquist, ich wollte nur, daß mein norwegischer Kollege das von Ihnen direkt hört und dabei auch zu sehen bekommt, wo Inger gearbeitet hat. Harry Hole gilt schließlich als Norwegens bester Ermittler, und es kann ja sein, daß wir von der Polizei in Sydney etwas übersehen haben, dem er gerne nachgehen möchte.«
    Harry bekam einen kräftigen Hustenanfall.
    »Wer ist Mr. Bean?« fragte er mit gequälter, fremd klingender Stimme.
    »Mr. Bean?« Birgitta schaute ihn fragend an.
    »Oder einer, der dem englischen Komiker . . . äh, Rowan Atkinson heißt der, glaube ich, ähnlich sieht.«
    »Ah, Mr. Bean – ja«, sagte Birgitta und lachte wieder ihr Waldvogellachen. Das ist gut, weiter so, dachte Harry.
    »Das ist Alex, der Barchef. Er kommt erst später.«
    »Wir haben Grund zur Annahme, daß er an Inger interessiert war.«
    »Ja, Alex hatte ein Auge auf Inger geworfen. Aber nicht nur auf Inger, die meisten Mädchen hier an der Bar waren irgendwann einmal mit seinen mehr oder weniger verzweifelten Annäherungsversuchen konfrontiert. Fiddler Ray, so nennen wir anderen ihn. Inger ist auf Mr. Bean gekommen. Er hat es nicht so leicht, der Arme. Über dreißig und wohnt noch zu Hause bei Mama. Es wird irgendwie nichts aus ihm. Aber als Chef ist er ganz in Ordnung. Und vollkommen harmlos, wenn es das ist, woran Sie denken.«
    »Woher wissen Sie das?«
    Birgitta rieb sich die Nase.
    »Es steckt nicht in ihm.«
    Harry tat so, als schreibe er etwas auf seinen Block. »Wissen Sie, ob Inger jemanden kannte oder traf, in dem es ... äh, steckte?«
    »Nun, hier laufen ja eine ganze
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