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Der falsche Mörder

Der falsche Mörder

Titel: Der falsche Mörder
Autoren: Stella Blómkvist
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Richter am Obersten Gericht mit Handschlag. Als ob sie wieder Freunde wären.
    Adalgrímur hat zwar dem Vize die Hand gegeben. Aber nur lose. Und in seinem Blick war keine Freundschaft.
    »Uns ist es gelungen, den heimtückischen und kriminellen Versuch aufzudecken, dir die Schuld am Tod von Sjöfn Saeunnardóttir in die Schuhe zu schieben«, sagt der Vize wichtigtuerisch.
    »Ach ja? Ist euch das gelungen?«, fällt Adalgrímur ihm ins Wort. In seiner Stimme schwang kalter Hohn mit.
    Der Vize konnte schnell den peinlichen Gesichtsausdruck abschütteln.
    »Allerdings mit wertvoller Hilfe deiner Anwältin«, fügte er hinzu, »das will ich nicht abstreiten. Wir bedauern sehr, Adalgrímur, wie gut dem Mörder der Täuschungsversuch gelang, aber das ist jetzt vorbei und du bist ein freier Mann.«
    »Besser spät als nie, vermutlich.«
    »In unserer Erklärung, die wir heute Nachmittag an die Presse reichen werden, wird deutlich hervorgehoben werden, dass du von jeglichem Verdacht im Zusammenhang mit diesem Fall befreit bist.«
    Adalgrímur guckte eine ganze Weile die Goldjungs an. Einen nach dem anderen. Ohne ein Wort zu sagen.
    Sie warteten schweigend auf seine Reaktion.
    Schließlich sah Adalgrímur den Vize direkt an.
    »Ich bin sicher, dass ihr euch öffentlich bei meiner Anwältin bedanken werdet, euch auf die richtige Spur gebracht zu haben?«, fragte er.
    Die Gesichter der Goldjungs bekamen auf einmal den starren Ausdruck von Schaufensterpuppen.
    Der Vize räusperte sich erneut. Rutschte in seinem Stuhl herum.
    »Die Erklärung ist noch nicht ganz fertig«, sagte er. »Es ist mit Sicherheit noch möglich, ein paar Änderungen vorzunehmen.«
    »Ich werde sie mit Interesse durchlesen«, sagte Adalgrímur, »bevor ich meine eigene Erklärung abgeben werde und weitere Schritte von meiner Seite aus einleite.«
    »Es ist natürlich immer schlimm, wenn ein unschuldiger Mann verdächtigt wird, ein schweres Verbrechen begangen zu haben, und in Untersuchungshaft sitzt«, sagte Raggi, »aber uns waren die Hände gebunden, und es gab nur die eine Möglichkeit.«
    »Dem stimme ich nicht zu«, antwortete Adalgrímur, »aber das wird sich herausstellen, wenn der ganze Fall noch einmal aufgerollt wird, um den Ablauf aller Vorkommnisse und Tätigkeiten einzuschätzen und die daraus resultierenden Folgen sowohl für mich als auch für euch zu bewerten.«
    Er saß eine Weile schweigend neben mir im Auto.
    »Darf ich dein Mobiltelefon benutzen?«, fragte er, als es nicht mehr weit bis zum riesengroßen Einfamilienhaus war.
    Er rief Sólveig an. Sagte seiner Tochter, dass er aus der Untersuchungshaft entlassen und auf dem Weg nach Hause wäre. Bat sie, umgehend zu kommen.
    Ich begleitete ihn ins Wohnzimmer.
    Adalgrímur hat sich lange ausgiebig umgesehen. Als ob ihm sein Wohnzimmer wie eine fremde Welt vorkäme.
    »Ich finde es befremdlich, auf einmal wieder zu Hause zu sein«, sagte er und setzte sich in einen seiner Sessel. »Es kommt mir vor, als wäre ich zu Gast in meinem eigenen Haus.«
    »Möchtest du, dass ich warte, bis Sólveig gekommen ist?«
    »Ja gerne, wenn du die Zeit entbehren kannst.«
    »Aber natürlich.«
    Er stand auf. Ging mit langsamen Schritten im Wohnzimmer auf und ab.
    »Im Gefängnis kam ich mir manchmal vor wie der Mann in der berühmten Erzählung von Kafka«, sagte er. »Ich saß unschuldig im Gefängnis, eines schrecklichen Verbrechens bezichtigt, und konnte nirgendwo einen Weg in die Freiheit finden.«
    »Das haben andere auch schon erlebt«, sagte ich. »Wie du weißt.«
    Adalgrímur blieb abrupt stehen. Ging wieder zu seinem Sessel. Ließ sich schwer auf das Polster fallen. Beugte sich vor. Hielt sich beide Hände vors Gesicht. Seine Schultern begannen vor unterdrückten Schluchzern zu zucken, die er nicht mehr im Griff hatte.
    Ich guckte woandershin. Betrachtete das Wohnzimmer genauer. Die klassischen Malereien an der Wand. Und die sauteuren Möbel. Was für eine Umstellung für Adalgrímur. So völlig ohne Vorwarnung aus diesem überwältigenden Reichtum in eine spartanische Gefängniszelle umziehen zu müssen.
    Aber vielleicht hat es ihm ja auch mal gut getan?
    Wer weiß.
    Adalgrímur muss sich in den nächsten Wochen gut erholen. Sólveig wird zweifellos dafür sorgen.
    Und was wird dann passieren? Wird er wieder in sein Amt eingesetzt? Oder wird er eine Riesenentschädigung bekommen?
    Ich ahne, dass sie verhandeln werden.
    Die mächtigen Männer.
    Er ist trotz alledem einer von ihnen.
    In den
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