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Der falsche Engel

Der falsche Engel

Titel: Der falsche Engel
Autoren: Polina Daschkowa
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starken Kaffee, den die Wohnungsinhaberin freundlicherweise
     gemacht hatte, stand auf und lief in der geräumigen Küche hin und her. »Fangen wir mit dem Wichtigsten an. Wer wusste, dass
     Sie heute hier übernachten wollten?« Er schaute von Stanislaw zu der Hausherrin, einer kleinen hellblonden Frau um die dreißig
     mit einem Puppengesicht und enormem Busen. Sie stand rauchend am Fenster und blinzelte häufig – vom Rauch oder aus Nervosität.
    Der Ermittler wusste bereits, dass Galina Katscherjan, geboren 1970, verheiratet, hier mit ihrem Mann und ihrem achtjährigen
     Kind wohnte. Der Mann war auf einer Dienstreise, das Kind bei der Oma.
    »Das konnte niemand wissen!« Ihre Stimme klang sehr hoch und schrill. Sie redete wie ein Maschinenengewehr – da sie einmal
     angefangen hatte, konnte sie nicht aufhören. »Ich meine, keiner, keine Menschenseele, wir wussten ja selber nicht, dass er
     hierbleiben würde, das hat sich einfach so ergeben, er kam am Abend vorbei, um mich zu besuchen, ich bin nämlich krank, erkältet,
     ich hab Halsschmerzen,darum hab ich meinen Sohn zu meiner Mutter geschickt, sonst steckt er sich noch an, nicht? Stas hat mir Medikamente gebracht,
     als guter Freund, verstehen Sie?« Sie ging rasch zum Büfett, stellte sich auf Zehenspitzen und holte eine grüne Tüte mit der
     Aufschrift »Apothekenverbund 36,6« hervor. Sie war noch unausgepackt, die Patientin hatte wohl doch nicht gegurgelt.
    »Moment mal.« Der Ermittler runzelte die Stirn und schob die Tüte beiseite. »Kennen Sie sich schon lange?«
    »Schon sehr lange, seit unserer Kindheit. Meine Oma war seine Kinderfrau, und seine Eltern sind sehr nette Leute. Wladimir
     war General, bei der Sicherheit, jetzt ist er in Rente. Natalja ist eine herzensgute Frau. Eine wunderbare Familie. Stas und
     ich haben seit unserer Kindheit ein herzliches, verwandtschaftliches Verhältnis zueinander. Bitte, erzählen Sie meinem Mann
     nichts! Das heißt, ich meine, wenn er erfährt, dass Stas einfach vorbeigekommen ist, daran ist natürlich überhaupt nichts
     Schlimmes. Stas hat meinen Mann in seiner Firma eingestellt, Ruben ist Grafiker, und Stanislaws Firma befasst sich mit Werbedesign
     … Bitte, ich flehe Sie an, ich habe ein Kind; können Sie das nicht irgendwie vertuschen?«
    »Was?« Der Ermittler, wie hypnotisiert von ihrem schrillen Redestrom, kam wieder zu sich. »Einen Mordanschlag vertuschen?«
    »Nein!«, rief Galina erschrocken. »Nein, natürlich nicht den Anschlag, aber wenigstens die Uhrzeit. Sie könnten meinem Mann
     sagen, dass Ganze sei nicht um drei Uhr nachts passiert, sondern zum Beispiel um zehn Uhr abends, ja?«
    »Galina, sei so gut und beruhige dich«, stöhnte Gerassimow.
    Aber sie konnte sich nicht beruhigen, sie hatte endlich begriffen, was geschehen war und was ihr persönlich dadurch drohte.
    »Ruben bringt mich um, wenn er das erfährt! Als ob ichs geahnt hätte, ich hab noch zu dir gesagt: Geh … Aber du … Genosse
     … Ich meine, Herr Kommissar, Sie haben keine Ahnung, wie eifersüchtig mein Mann ist! Schon wenn mich jemand bloß ankuckt,
     nur so, dann explodiert mein Ruben, ich meine …«
    »Warum gehen Sie dann so ein Risiko ein, wenn Ihr Mann eifersüchtig ist?« Der Ermittler lächelte strahlend und wandte sich
     an Gerassimow: »Wann sind Sie eigentlich gekommen?«
    »Gegen zwölf«, knurrte der und zog eine Zigarette aus der Schachtel.
    »Haben Sie vorher angerufen?« Der Ermittler klickte mit dem Feuerzeug und hielt es ihm höflich hin.
    »Ja, aber das kann niemand gehört haben. Ich hab gegen sieben vom Handy aus dem Auto angerufen.«
    »Das heißt, Sie wurden beobachtet.« Der Ermittler nickte zufrieden. »Haben Sie überhaupt keine Vermutung? Wem sind Sie im
     Wege?« Erneut bedachte er Gerassimow mit seinem strahlenden Lächeln.
    »Was reden Sie denn da!« Galina schlug erschrocken die Hände zusammen. »Warum jagen Sie ihm Angst ein? Stas kann keine Feinde
     haben, alle mögen ihn, ich meine, vielleicht war das Ganze ein Irrtum, eine Verwechslung?«
    Weder der Ermittler noch Gerassimow reagierten auf ihre Mutmaßung. Sie verstummte, sah erschrocken von einem zum anderen,
     Gerassimow erhob sich abrupt und sagte mit hölzerner Stimme: »Entschuldigen Sie, ich muss nach Hause. Wenn es noch Fragen
     gibt, Sie haben meine Telefonnummern, zu Hause, mobil und in der Firma. Alles Gute.« Auf dem Weg in den Flur stopfte er sich
     das Hemd in die Hose.
    »Warten Sie, Stanislaw, wir sind noch nicht
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