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Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Autoren: Peter Merten
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worden war, war der Einfluss der Magie beständig gewachsen. Viele Kriege waren allein durch die Gewalten, die ein Magier entfesseln konnte, entschieden worden. Ein Zauberer wog ein kleines Soldatenheer auf. Wer über Zauberei und Magie gebot, war seinen Gegnern überlegen, was die vielen gewonnen Kriege, die Burnyk gegen Heetland für sich hatte entscheiden können, nur allzu deutlich belegten. Die Fähigkeit der königlichen Magier, diese geheimnisvolle Kraft nach ihrem Willen einzusetzen, verlieh dem König große Macht und schenkte seinem Volk zugleich Sicherheit und Frieden.
    Das erklärte Oma Elders ihren aufmerksamen Zuhörern und schloss: „Ihr seht also, dass die Magie ein wesentlicher Grund für den Erhalt von Frieden und Ordnung darstellt.
    Vergeht die Magie, wandeln sich die Machtverhältnisse, der Herrschaftsanspruch des Königs gerät ins Wanken. Viele der kleineren Lords und Statthalter werden nicht länger durch die magischen Gewalten, die Pretorius und die Magiergilde von Hornburg in einem Krieg entfesseln könnten, gebunden. Und von der Gefahr, die das benachbarte Heetland für ein nicht länger durch Magie geschütztes Burnyk darstellen würde, will ich gar nicht sprechen.“
    Vater Elders räusperte sich. „Warte, Mutter. Du stellst das alles so dar, als wäre die Magie ein einziger Segen für uns. Ich habe da meine Zweifel. Du sagst selbst, dass niemand die Magie gänzlich kontrollieren kann. Ich denke, dass eine Welt ohne diese seltsame Kraft für alle ein wahrer Segen wäre.“
    „Ja, Velde, ich kenne deine Meinung darüber“, entgegnete Oma Elders ungehalten. „Aber niemand weiß, wie viel Leid durchlebt werden muss, bevor eine neue Ordnung gefestigt ist. Willst du deinen Enkelkindern sagen, dass sie ein Leben ohne Hoffnung auf Frieden und Glück leben müssen?“
    „Das ist nur eine Vermutung, wie alles andere auch. Niemand weiß, was wirklich geschehen wird, wenn die Magie vergeht. Auch du nicht.“
    Alep hörte dem Wortwechsel nicht länger zu. Er tastete verstohlen nach den Drachenschuppen, die er in einem Lederbeutel um seinen Hals trug. Sie waren die einzigen magischen Gegenstände, die er besaß. Wenn die Magie verging, wären sie dann nichts weiter als dünne Hornplatten?
    Alep erinnerte sich an die langen Tage und Nächte in den Bergen. Damals war er noch ein Junge gewesen und nach einem Streit mit seinem Vater in die Steinholzberge geflüchtet. Es war ihm damals ratsam erschienen, möglichst viel Abstand zwischen sich und seinen Vater zu bringen. Der Zorn, den er in den Augen von Velde Elders gesehen hatte, ließ selbst die alte Eiche als unsicheren Zufluchtsort erscheinen. Wer hatte auch ahnen können, dass Velde, der sich seit Jahren bemühte, eine Hahnenzucht aufzubauen, die Federn der Tiere als ebenso wichtig erachtete wie die Tiere selbst. Alep nicht! Schließlich hatte er nur ein paar Federn gewollt, um seinen Pfeilen den letzten Schliff zu geben. Als Alep hinauf in die Berge floh, trug er die erbeuteten Federn in seiner Hand.
    Er streifte bis zum Mittag durch die Bergwälder und entfernte sich mehr und mehr vom elterlichen Anwesen. Als er glaubte, dass der Zorn seines Vaters inzwischen vergangen sein musste, kehrte er gemächlich zurück und verirrte sich dabei.
    Stundenlang war er herumgelaufen, bis er zuletzt auf einer Felsterrasse über den Sandhöhlen angekommen war. Unter ihm fiel der Berg steil ab und endete auf einem schmalen Sims vor den Sandhöhlen, die etwa zehn Meter unter ihm lagen. Von seinem Standort aus konnte er über das Flache Land hinwegsehen. Weit entfernt im Osten erkannte er Bitterquell, daneben das satte Grün des Spahnwaldes und den silberleuchtenden Bitterfluss. Er wusste nun, wo er war, aber um nach Hause zu kommen, musste er die Felswand herunter. Und von dort aus weiter hinunter bis zur Ebene. Vorsichtig beugte er sich vor. Kein Strauch und keine Pflanze bedeckte die nackte Wand. Der Fels war durchzogen von Rissen und schmalen Spalten. Hin und wieder ragten Felszacken daraus hervor. Unten konnte er das dunkle Loch der Höhle erkennen, das wie ein offenes Tor in den Berg hineinführte. Es gab keinen anderen Weg. Er zuckte die Schultern und begann zu klettern.
    Bei seinem Abstieg entging er einige Male nur knapp einem Absturz. Unten angekommen, waren seine Hände und Arme aufgerissen. Überall hatte er Kratzer und Schürfwunden. Er wünschte sich, endlich wieder zu Hause zu sein. Ein Blick zum Himmel zeigte ihm, dass die Dämmerung begonnen
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