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Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Autoren: Peter Merten
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ihrer Schwiegermutter, was den Golem betraf, aber sie sagte sich, ein gesättigter Golem muss notwendig auch ein ungefährlicher Golem sein. So saß Knoll wenige Augenblicke später vor einem einfachen, hausgemachten Frühstück, aß aber nichts. Rina betrachtete ihn lange, rückte dann ein wenig zur Seite und rümpfte deutlich ihre Nase.
    „Du riechst komisch“, wies sie Knoll missbilligend zurecht.
    „Na, na“, ermahnte Mutter Elders ihre Tochter, „er ist unser Gast. Sei ein bisschen freundlicher.“
    „Aber Mama, es stimmt. Er riecht wie unser Gemüsegarten, wenn es geregnet hat.“
    „Wirst du wohl still sein“, forderte Mutter Elders leise und eindringlich; und an den Golem gewandt: „Iss, es ist ein gutes, kräftiges Frühstück.“
    Alep, der dem Golem gegenüber saß, betrachtete Knoll. Im hellen Tageslicht fand er viele seiner ersten Eindrücke der Nacht bestätigt. Der Golem hatte kein Kopfhaar, keine Wimpern und Augenbrauen, auch in seinem Gesicht fand sich keine Spur von Haaren. Dafür war es übersät mit feinen Runzeln. Seine Augen lagen tief in den Höhlen. Augenlider schien er keine zu besitzen. Sein Mund, den Alep in der Nacht zuvor kaum hatte erkennen können, war jetzt deutlicher zu sehen. Schmale, lehmfarbene Lippen, in der gleichen Farbe wie Gesicht und Hände.
    Dunkelgrün war der Umhang, den der Golem trug. Alles an ihm ist dunkel, dachte Alep, perfekt getarnt in Wald und Feld. Den könnte ich nicht mal dann sehen, wenn er direkt vor mir läge. Dann fiel ihm etwas ein.
    „Wieso kommst du schon jetzt? Du bist zwei Tage zu früh.“
     
    „Die Bilder der Nacht sind meist dunkel und schwer
    Im Licht liegt die Wahrheit. Drum bin ich heut hier!“
     
    „Du!“, begann Alep und bohrte seinen Blick in die leuchtend gelben Augen des Golems, wobei seine grauen Augen funkelten. Er sprach leise und grollend und jeder am Tisch sah überrascht auf. „Du gehst zu weit. Ich habe dich nicht eingeladen und trotzdem bist du hier. Du brichst in mein Leben ein, kehrst das Unterste nach oben und verlangst, dass ich alles aufgebe, um hinter dir her zu deinem Meister zu rennen. Wenn ich mich dazu entschließe nach Hornburg zu gehen, dann bestimme ich den Zeitpunkt. Niemand sonst! Und solange wirst du warten. Ich wäre dir dankbar, wenn du jetzt von hier verschwinden würdest.“
    Der Golem rutschte ein wenig tiefer, bis seine Nase fast die Tischplatte berührte.
    Großmutter Elders grinste den Golem an. „Na, fühlst du dich nicht gut?“
    An Alep gewandt sagte sie: „Alle Prophezeiungen funktionieren so. Für den Auserwählten gibt es keine Wahl, egal, wer die Nachricht überbringt. Früher oder später muss er sich ihr stellen. Aber das hat auch wiederum nichts zu bedeuten. Ist nämlich der Auserwählte ein falscher Auserwählter, wird irgendwann und irgendwo der Richtige auftauchen. Du wirst dir also keine Sorgen machen müssen, Alep.
    Ich bin sicher, dass in den Archiven von Hornburg und auch anderswo noch ein weiteres Dutzend Prophezeiungen auf ihre Entdeckung warten. Solange nichts ungewöhnliches passiert, interessiert sich so gut wie niemand für vermoderte Schriftrollen. Die meisten Aufzeichnungen bleiben auf ewig unentdeckt. Aber du, mein Junge, hast das Pech, dass in deiner Zeit die Magie schwächer wird. Und gerade für dieses Ereignis hat irgend ein Schlaukopf eine Weissagung ausgegraben, die irgendwie mit dir verbunden ist. Ich frage mich allerdings“, und damit wandte sie sich an Knoll, „weshalb ist mein Enkel der Auserwählte? Wie hast du ihn gefunden? Was sagt die Prophezeiung über ihn? Wird er dort mit Namen genannt?“
     
    „Alep Dieron Elders, die Magie verliert an Kraft.
    Die Welt - es ist schon abzusehen -
    wird ohne ...“
     
    „Das kenne ich schon alles“, unterbrach Alep, „hast du nichts besseres?“
     
    Knoll verdrehte seinen Körper. Das Licht seiner Augen erstarb.
    „Der ist hinüber“, sage Bak. Er grinste breit.
    Eisiges Schweigen legte sich über die Familie. Dann stand Rina auf. Die kleine Rina. Aleps liebster Mensch auf Erden. Sie verdrehte die Augen nach hinten und verkrampfte ihren schmächtigen Körper ähnlich wie Knoll. Es schnitt in Aleps Herz, sie so zu sehen, ohne eigenen Willen und unfähig, etwas dagegen zu unternehmen.
    „Es wird der Tag kommen“, sagte Rina mit einer Stimme, die nicht ihr gehörte, „da die Macht der Magie vergeht und mit ihr alles, was den Menschen lieb und teuer ist. Burnyks Symbole der Herrschaft werden verloren sein
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