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Der Fall Sneijder

Der Fall Sneijder

Titel: Der Fall Sneijder
Autoren: Jean-Paul Dubois
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Hunde für einen Griechen aus!«
    »Einen Zyprioten.«
    »Ach, bitte! Und dann dieses bekloppte Vieh, das sein Geschäft direkt vor unserer Nase macht. Man hätte meinen können, es wäre Absicht! Und du schaust zu, ohne einen Mucks von dir zu geben, und hebst das sogar noch auf! Ich schwöre dir, ich hatte den Eindruck, in einem Albtraum zu stecken!«
    »Du hast gesehen, wie ich es aufgehoben habe?«
    »Nein, aber William Balshaw hat dich gesehen. Und als er mir das erzählt hat, muss er mächtig verwundert gewesen sein, weißt du. Na, jedenfalls kannst du zufrieden sein, deine Rechnung ist aufgegangen. Jetzt wird bei Bell wenigstens jeder wissen, dass der Ehemann einer Leiterin des Spracherkennungslaborsseinen Lebensunterhalt damit verdient, Hunde auszuführen und ihre kleinen Geschäfte aufzuheben. Wie du dir denken kannst, ist das für mein Image in der Firma ganz große Klasse. Jedenfalls kann das so nicht weitergehen.«
    »Ehrlich, dein Image in deinem Unternehmen ist mir so was von schnurz. Davon abgesehen hat sich die Sache erledigt. Ich habe heute gekündigt. Ich habe mich mit einem Kunden geprügelt, und danach konnte Charisteas mich nicht mehr behalten.«
    »Du hast dich geprügelt? Aber warum?«
    »Nichts Besonderes. Es ging um einen Hund.«
    »Du hast dich wegen eines Hundes geprügelt!?«
    »Hör mal, das spielt jetzt keine Rolle mehr. Es war der Analytiker, der mich seit Tagen bedrängt, weil ich seinen Hund zu einem Wettbewerb nach Toronto mitnehmen soll. Ich habe abgelehnt, der Ton wurde schärfer, und das war’s. Entschuldige, ich geh jetzt duschen. Mein Hals und meine Arme brennen wie Feuer.«
    »Mit sechzig Jahren schlägst du dich mit einem Psychoanalytiker wegen eines Schönheitswettbewerbs für Hunde? Sag mal, merkst du noch, in was für einer Welt du lebst? Ist dir das bewusst? Fahrstühle, Asche und jetzt auch noch Prügeleien wie ein Raufbold? Dieses Mal hast du den Bogen überspannt. Weißt du, was du bist, Paul? Ein elender Nichtsnutz.«
    Es war das zweite Mal, dass ich das an diesem Tag hörte. Das schien mir dann doch etwas übertrieben, vor allem wenn man sich die Verdienste und Qualitäten derjenigen ansah, die mich so beurteilten. Während das warme Wasser sowohl meinen Juckreiz als auch meinen Groll wegspülte, fiel mir ein,dass ich keinen Augenblick lang versucht hatte, meine Frau in Bedrängnis zu bringen, indem ich ihre ehebrecherische Beziehung mit dem Ontarier erwähnte. Vermutlich kam dieser Möchtegern-Schotte Pflichten nach, denen ich nicht mehr genügte, seien sie nun sexueller oder gefühlsmäßiger Natur. In gewisser Weise hatte ich ihm die Staffel übergeben, nun wurden der Dienst und die staatliche Kontinuität durch ihn sichergestellt. Am Ufer hatte er gutwillig, beinahe versöhnlich auf mich gewirkt. Zumindest hatte er vorgegeben, sich für die Hunde zu interessieren, als täte ihm etwas leid, als wäre es ihm peinlich, so unversehens vor dem Ehemann seiner Geliebten zu stehen, einem armen verkleideten Teufel, einem kleinen Angestellten, der für die Geschäfte von Vierbeinern zuständig war.
    Ich konnte verstehen, dass meine Frau mich hasste. Sogar, dass sie sich meiner schämte. Das Einzige, was mich überraschte, war, dass sie es derart unverhohlen zeigte.
    Ich verbrachte den Abend damit, auf den Internetseiten verschiedener Fluggesellschaften die Flugzeiten für Dubai zu vergleichen. Sie lagen alle ungünstig, hatten endlose Umsteigezeiten. Um mich in meinem Entschluss zu bestärken, sah ich mir auf YouTube ein Video von der Auffahrt zur Spitze des Burj Khalifa an, die aus dem riesigen Fahrstuhl heraus gefilmt wurde.
    Anna neben mir schlief. Balshaw schlief sicher auch. Nur ich hatte die Augen geöffnet und versuchte mir vorzustellen, wie es weitergehen würde. Ich erinnerte mich an den Satz, den eine außergewöhnliche Frau einmal zu mir gesagt hatte, vor langer Zeit, als ich noch jung war. Damals betrog sie tapfer ihren Mann mit mir. Als ich sie nach ihren Gefühlen angesichtsdieser unbehaglichen Situation fragte, schmetterte sie die Frage mit den simplen Worten ab: »Da mach dir mal keinen Kopf. Ich finde, wir drei geben ein sehr schönes Paar ab.«
    Bildeten Anna, der Schotte und ich am Ende nicht auch eine Art Dreifaltigkeit, auf die sich Last und Lust, Handeln und Erdulden gleichmäßig verteilten? Sie schliefen. Ich nicht. Offenbar war ich zu sehr damit beschäftigt, den Status unseres Bündnisses zu ergründen.
    Am nächsten Morgen räumte ich schon früh
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