Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fall des Lemming

Der Fall des Lemming

Titel: Der Fall des Lemming
Autoren: Stefan Slupetzky
Vom Netzwerk:
auf die Uhr.
    «Sagen wir lieber Viertel elf.»

23 
    «Sie wollen den Neumann? Ich bringe Sie zu ihm. Aber schnell müssen wir sein …»
    «Was soll das jetzt wieder? Sie haben doch gesagt, der war’s nicht …»
    «Wer steht auf der Fahndungsliste?»
    «Der Neumann …»
    «Dann fahnden Sie. Fahnden Sie, Herr Gruppeninspektor.» Während der Lemming hastig die Beifahrertür des dunkelblauen Opel öffnet, fragt Klara Breitner vom Gartentor her: «Und wer bleibt bei diesem … Krotznig?»
    «Ich dachte … Wie wär’s mit dem Hund?»
    Klara verschränkt die Arme vor der Brust und schüttelt den Kopf.
    «Aber sicher nicht!»
    «Lassen wir ihn halt alleine … er kann ja nichts anstellen, ich habe ihm sein Spielzeug weggenommen …»
    Der Lemming zieht Krotznigs Pistole aus der Jackentasche und wiegt sie mit verschwörerischem Grinsen in der Hand. Ein Fehler, wie er im selben Augenblick erkennt.
    «In Beziehung auf Spielzeug dürftet ihr Männer euch ja einig sein …» Klara nimmt Castro am Halsband und steigt wortlos in den Fond des Wagens.
    Huber hat bereits hinter dem Steuer Platz genommen.
    «Welches Spielzeug?», fragt er jetzt.
    «Sein Handy», meint der Lemming, um ihn auf seiner Schnuppertour ins Land der Regelwidrigkeiten nicht aus dem Takt zu bringen. Hubers offensichtlicher Hang zur Korrektheit ist vorübergehend in Unordnung geraten, aber die Dienstwaffe Krotznigs in der Hand des Lemming könnte seine Nerven am Ende doch noch überfordern.
    Der Motor heult auf, das Getriebe beißt die Zähne zusammen, und der Wagen setzt sich ruckartig in Bewegung.
    «Verzeihung … Sonst fährt immer der Bezirksinspektor …»
    Angestrengt fuhrwerkt Huber mit dem Schalthebel.
    «Was war denn nun los mit Krotznig?», fragt der Lemming, um ihn und vor allem sich selbst auf andere Gedanken zu bringen. «Sie haben da etwas erwähnt. Von gestern Nacht …»
    Mit schmalen Augen und mahlenden Kiefern starrt Huber geradeaus. Clint Eastwood, denkt der Lemming wieder, nur ohne Zigarrenstumpen. Dafür hat er mehr Pferdestärken, die er malträtieren kann …
    «Okay … Okay. Nur müssen Sie mir versprechen, dass Sie …»
    «Keine Silbe. Zu niemandem. Ehrenwort.»
    «Und Sie, Frau Breitner?»
    Kurzes Schnauben aus dem Fond.
    «Für mich kann ich bürgen, doch für Castro? Aber bitte, ich werde ihm eben die Zunge herausschneiden, wenn die Herren es wünschen …»
    «Schon gut, Klara …»
    «Frau Breitner, wenn ich bitten darf.»
    «Entschuldige … entschuldigen Sie, Frau Doktor …»
    «Breitner genügt.»
    «Es tut mir Leid. All das. Sie wissen gar nicht, wie Leid. Und das meine ich ernst …»
    Schweigen.
    «Ja also», beginnt Huber jetzt, «es war schon weit nach Mitternacht, da hat es an meiner Tür geläutet. Draußen stand … Dragica. Sie hat … entsetzlich ausgesehen. Geplatzte Lippe. Ein Auge völlig zugeschwollen … Mit dem anderen … hat sie geweint. Krotznigs Werk. Sie hatte dienstfrei gestern, verstehen Sie? Und statt sich auszuruhen, hat sie sich an den Herd gestellt, um für das Arschloch zu kochen …»
    Der Lemming horcht auf.
    «Was?», fragt er. «Wissen Sie, was sie gekocht hat?»
    «Na klar. Faschiertes mit Erdäpfelpüree. Fleischlaberln. Sie konnte doch nicht wissen … Der Krotznig hat nicht lange auf sie eingedroschen, aber es hat gereicht. Dann ist er ins Augenschein saufen gegangen. Und sie hat endgültig ihr Zeug gepackt. Es war ja nicht das erste Mal …»
    «Und jetzt?»
    «Sie ist bei mir daheim. Der Krotznig ahnt natürlich nichts davon. Aber heute früh, bevor wir in die Roterdstraße gefahren sind, hat er … na ja, er war total cholerisch. Der Alkohol ist ihm förmlich aus den Ohren gespritzt. Er hat sie zur Fahndung ausgeschrieben. Hochoffiziell. Suchtgiftdelikt … Da geht immer was, hat er gemeint.»
    «Und weiter? Was tun Sie jetzt?»
    «Sie wissen so gut wie ich, Herr Wallisch, dass es sinnlos ist, dem Krotznig etwas anzuhängen. Blöd ist er ja nicht. Und er hat Beziehungen. Wenn man dem ans Zeug will, ist man am Ende selbst der Gefickte … Pardon, Frau Breitner …»
    Huber konzentriert sich und biegt mit quietschenden Reifen in die Währinger Straße ein. Es ist zwanzig vor zehn.
    «Aber ich», sagt er dann, «habe auch meine Verbindungen. Ich bringe das Fräulein Draga raus aus Österreich. Nein, nein, keine Nacht-und-Nebel-Aktion, keine Schlepperbande. Das wird ganz elegant erledigt. Papier ist geduldig, wenn Sie verstehen, was ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher