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Der Fall D. - Eine Stalkerin packt aus

Der Fall D. - Eine Stalkerin packt aus

Titel: Der Fall D. - Eine Stalkerin packt aus
Autoren: Eva J.
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für die Opfer. Ich will es nicht schönreden, nicht
entschuldigen, aber ich will versuchen, mehr Verständnis und Klarheit über mich
selbst zu erlangen – die andere Seite der Medaille beleuchten – und hoffe,
damit aktiv etwas zu tun, um diesen Kreis verlassen und endlich frei werden zu
können.
    Auslöser
für die Selbsterkenntnis, die schon eine Weile in mir schlummert, und
vielleicht auch Ablenkungsmanöver ist die eine frisch zerbrochene Beziehung zu
einem Mann, in den ich mich vor einigen Wochen unsterblich verliebt habe. Alles
war so stimmig, ich war so glücklich, wieder einmal, und dann – nach einem
gemeinsamen Kurzurlaub – das Ende. Nein, kein tragisches Ende, an dem sich
abzeichnete, dass ich auf ein Arschloch hereingefallen war. Oder doch?
    Es
war einfach ein Ende, weil er mir nicht die Gefühle entgegen bringen konnte,
die ich für ihn hatte. Er ist der Nächste, mein Opfer, und genau das will ich
jetzt versuchen zu unterbinden, indem ich mich nicht ihm, sondern mir widme.
Indem ich versuche herauszufinden, warum ich mein Herz in diesem Tempo immer
und immer wieder verschenke, und warum ich einfach nicht mit den im Nachhinein
vielleicht absehbaren Konsequenzen leben kann. Seit meiner frühesten Jugend
drehen sich meine Gedanken nur um das andere Geschlecht, sie bestimmen meinen
Tagesablauf, lassen andere Talente in mir verkümmern, prägten mein Leben auf
ungesunde Art und Weise, stellen alles, was nicht mit zwischenmenschlichen Beziehungen
zu tun hat, in den Hintergrund. Stalker wie ich sind Menschen, die anderen das
Leben zur Hölle machen können. Anderen und auf eine unendlich qualvolle Art und
Weise auch sich selbst. Wenn sich der ganze Lebenssinn nur auf Dritte
konzentriert, wenn jede Ablehnung einem Weltuntergang gleich und wenn die
Verlustängste und Trennungsschmerzen zum einzigen Lebensinhalt werden, hat keine
Normalität, keine eigene Existenz und kein Lebensplan mehr Platz. Ohne unsere
Opfer sind wir nichts, haben wir nichts, können wir nichts. Wir sind leere ausgebrannte
Hüllen, die sich mit anderen Menschen füllen. Leben und lieben oder sterben – dazwischen
gibt es nur Depressionen, Ängste, Verzweiflung.
     
     
    Eva – 2007
     
    Wir
sitzen uns bei Kaffee gegenüber. Wieder einmal, nur 20 Jahre später. Der
gleiche Ort, die gleichen Frauen. Von der Terrasse aus lässt sich über einen
Großteil der Stadt blicken, auf die Berge, zwischen denen sie sich schlängelt. Von
Weitem kann man den Verkehrslärm der Schnellstraße mehr erahnen, als man ihn
hört, zu sehen ist nur ein kleiner Abschnitt von kaum 100 Metern davon. Vögel
zwitschern, irgendwo spielen Kinder und ein blauer Himmel belegt die Stadt mit
einem sommerlichen Flair.
    Ein
Bild voller Frieden und Harmonie, eine Gegend, in dem andere Menschen Urlaub machen.
Ein Ort mit gerade genug Einwohnern, um mehr als ein Dorf zu sein, trotzdem existiert
ein sehr dörflicher kultureller Hintergrund. Vereine prägen das Leben hier,
mehrere Generationen unter einem Dach sind noch selbstverständlich und das
Stadtbild wirkt in manchen Teilen, als wäre hier die Zeit stehen geblieben.
Fachwerkhäuser, enge Gassen am Fuße eines Schlosses, ein Marktplatz als
Treffpunkt für die Jüngeren, unzählige Kneipen und Kopfsteinpflaster geben dem
Ort etwas Friedliches, Beständiges. Und gar nicht weit der Moloch der Großstadt.
    Der
Aschenbecher auf dem Tisch zwischen uns quillt über vor aufgerauchten Kippen,
ein Kater schleicht müde herum und sucht ein Plätzchen zwischen unseren Beinen
und ich richte den Blick auf die Person, wegen der ich hier bin.
    Fragil
und zierlich sitzt sie dort. Kurze schwarze Haare rahmen ein hübsches Gesicht
ein, dezent sind die Augen mit grünem Lidstrich geschminkt und zwischen den ernsten
Blicken leuchtet ab und zu ein fröhliches Lachen aus den hellen Augen. Daniela
ist jetzt vierzig Jahre, zweimal geschieden, Mutter einer Tochter und gesundheitlich
angegriffen. Oder besser: körperlich ein Wrack. Dennoch ein Menschenkind wie
Millionen andere. Kontaktfreudig, lustig, teils unbeschwert, teils
melancholisch. Mit einer Menge Leben im Gepäck, das man ihr kaum ansieht.
    Es
ist lange her, dass sie zum ersten Mal vor meiner Tür stand. Seit ein paar
Jahren ist da etwas zwischen uns, das an Freundschaft erinnert.
    Es
hat lange gedauert, ehe es soweit war, und es gab mehr als ein Hindernis. Seltsam
genug, dass unser Verhältnis in diese Richtung ging, aber heute ist nicht die
richtige Zeit, um sich zu wundern. Was
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