Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Falke von Aryn

Der Falke von Aryn

Titel: Der Falke von Aryn
Autoren: Richard Schwartz
Vom Netzwerk:
darauf«, sagte Larmeth leise, ohne den Blick von ihr zu wenden. »Ihr wisst, dass es die Göttin anders für Euch will?« Sie wies mit einer müden Geste auf Raphanael. »Ihr liebt ihn. Ihr habt es deutlich genug gesagt.«
    »Habe ich?«, fragte Lorentha erstaunt. »Wann?«
    »Als Ihr ihn gefragt habt, ob er Euch liebt. Als ob es nur darauf ankommen würde.« Die Priesterin lächelte etwas wehmütig. »Ich liebe Raphanael, er ist mein Bruder, aber er ist ein Mann, er versteht nicht immer, was man ihm sagt.«
    »Ich kann nicht bleiben«, sagte Lorentha sanft. »Er verdient etwas Besseres als mi…«
    Larmeth schnaubte herrschaftlich. »Ihr kennt meinen Bruder schlecht. Er wusste schon immer, was er will. Er wird darauf bestehen. Mutter ebenfalls. Und auch Arin hat es längst entschieden, dass Ihr ihre neue Mutter sein sollt. Meinen Segen habt Ihr zudem … und den der Göttin. Ihr habt keine Wahl.«
    »Damit habt Ihr recht«, sagte Lorentha bedauernd. »Auch wenn es anders ist, als Ihr denkt. Ich kann nicht bleiben, nicht bevor ich nicht mehr über mich erfahren habe und über die Magie, die ich in mir trage.«
    »Wofür habt Ihr dann ausgerechnet ihn zum Herzog über Aryn bestimmt?«, fragte seine Schwester ungläubig.
    »Ich habe nicht darüber nachgedacht«, gestand Lorentha.
    »Es blieb nicht viel Zeit dafür. Aber hätte ich Zeit gehabt, gründlich nachzudenken, hätte ich keine bessere Wahl treffen können.« Sie richtete sich auf. »Ich muss gehen«, sagte sie leise. »Ich habe schon meinen Abschied von Arin und Eurer Frau Mutter genommen.«
    Larmeth stand auf, und schweigend umarmten sich die beiden Frauen.
    »Werdet Ihr wiederkommen?«, fragte Larmeth dann. »Ihr wisst, dass Euer Schicksal hier in Aryn liegt?«
    »Es liegt dort, wo ich es suche«, antwortete Lorentha leise. Sie sah noch einmal zu dem Bett hin und seufzte. »Sagt ihm nicht, dass ich ihn liebe. Sagt ihm, dass ich mich meiner Verantwortung stellen werde und ich genau deshalb gehen muss.«
    »Das wird er nicht gelten lassen«, warnte Larmeth.
    »Wir werden sehen«, lächelte die Majorin und ging zur Tür. »Lebt wohl«, entbot sie den beiden und zog sanft die Tür hinter sich zu.
    Die Priesterin sah noch lange zu der Tür, dann wandte sie sich mit einem Seufzer an die stille Gestalt im Bett.
    »Götter, ist sie stur«, sagte sie leise.
    Raphanael bewegte sich etwas, es schien Larmeth, als wolle er etwas sagen.
    Sie beugte sich zu ihm herab. Selbst mit ihrem Ohr an seinem Mund konnte sie ihn kaum hören, doch dann lachte sie leise auf.
    »Ich bin sturer.«

Augusta Treveris
    45  Vier Monate später zügelte Lorentha ihr Pferd auf der Kuppe eines Hügels, von dem aus sie einen guten Blick auf das Haus hatte, das, voll und ganz von Efeu überwuchert, friedlich vor ihr in einem sanften Tal lag. Ein Kiesweg führte von dort hin zu einem fernen Tor, und wenn sie sich Mühe gab, konnte sie die hohen Mauern vergessen, die das Anwesen umgaben, und auch die anderen Häuser übersehen. Als Kaiser Ferdinand, der Ururgroßvater von Prinz Pladis, den Sarnesse dieses Land gegeben hatte, war all dies noch offenes Land gewesen, jetzt hatte die kaiserliche Hauptstadt Augusta Treveris es umwuchert, aber nur bis zu diesen fernen Mauern.
    Rauch stieg aus einem Schornstein auf, und Lorentha erinnerte sich daran, dass ihr Vater erwähnt hatte, dass es heute Braten geben würde. Auf der Auffahrt vor dem Haus stand eine Kutsche, und an einem Vorderrad lehnte ein Mann in einem langen Mantel, dessen Gesicht ihr ungewöhnlich dunkel erschien. Ihr Puls pochte, und sie lachte, als sie sah, wer der Besucher war.
    Leicht schwang sie sich wieder in den Sattel und ließ den prachtvollen Hengst laufen, wenn auch nicht so schnell, wie er gerne laufen würde.
    Hector war noch immer recht nervös, wenn er Männern zu nahe kam, also führte sie ihn zunächst in seinen Stall, um ihm einen Apfel zu geben und ihn zu kraulen. Für einen Mörderhengst war er doch recht verschmust.
    Dann ging sie zu dem Besucher hin, der sich mit einem breiten Grinsen aufgerichtet hatte.
    »Raban!«, rief sie erfreut, als er sie in seine Arme nahm. »Wie hast du mich gefunden?«
    »Gar nicht«, lachte der ehemalige Dieb. »Ich war auch erstaunt, als ich hörte, wer die Frau ist, die hier mit ihrem Hengst über das Gelände tobt.« Er trat einen Schritt zurück und musterte ihre schlanke Form. »Lange wirst du das ja nicht mehr können.«
    »Ich bin jetzt schon vorsichtig«, meinte sie und führte ihn den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher