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Der Fälscher aus dem Jenseits

Der Fälscher aus dem Jenseits

Titel: Der Fälscher aus dem Jenseits
Autoren: Pierre Bellemare
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mehr in Frage, die Polizei zu rufen. Ein Falschmünzer unter seinem Dach, das gäbe einen Skandal, der ihn in den Ruin treiben würde. Womöglich würde man ihn sogar als Komplizen verhaften. Eigentlich drängte nichts. Es war klüger, erst einmal abzuwarten.
    »Ich will keinen Ärger bei mir. Darum sperre ich Sie ein und treffe meine Entscheidung später.«
    Am folgenden Tag ignorierte Louis Genet die sensationslüsternen Fragen von Madame Lefèvre und ging in sein Stammlokal, um dort einen Kaffee zu trinken und ein Päckchen Zigaretten zu kaufen. Er bezahlte mit einem der bewussten Tausendfrancscheine. Ohne zu stutzen steckte der Wirt die Banknote ein und gab das Kleingeld heraus. Louis Genet konnte es nicht fassen. Er hakte nach: »Bist du sicher, dass der echt ist? Ich dachte schon, man hätte mir einen falschen Schein angedreht.«
    Der Wirt untersuchte ihn genauer.
    »Falsche Scheine wie den da kannst du mir jeden Tag bringen.«
    Im Kopf des Mietwucherers machte sich Verwirrung breit. Hatte er da sozusagen den absoluten, den perfekten Fälscher an der Hand? In dem Fall war sein Vermögen gesichert.
    Um Gewissheit zu erlangen, gab es nur einen Weg. Der war zwar riskant, aber unfehlbar. Louis Genet ging zur Banque de France und stellte sich an den Wechselschalter. Dort riss er seinen ganzen Mut zusammen, um sich an den Kassierer zu wenden. Er reichte ihm die drei letzten Scheine, die sein Mieter hergestellt hatte.
    »Da. Ich bin Händler. Die drei Scheine kommen mir verdächtig vor. Können Sie die überprüfen?«
    Der Mann betastete sie, zog eine Lupe heraus und hielt die Banknoten gegen das Licht. Dann lächelte er: »Die stammen von uns. Seien Sie ganz unbesorgt.«
    Auf der langen Rückfahrt nach Clichy hatte Louis Genet genug Zeit, einen Plan auszuhecken. Er wollte sich mit Vincenzo zusammentun. Der hatte schließlich keine andere Wahl, weil er sonst Angst haben müsste, angezeigt zu werden. Vincenzo sollte weiter produzieren und sie würden Halbe-Halbe machen. Nur die Handpresse mit einem Schein pro Nacht konnte man vergessen. Das war ein Verfahren für Kleinverdiener. Man musste alles ganz groß aufziehen.
    Als sich die Wohnungstür öffnete, zuckte Victor Vincenzo zusammen. Dann riss er verwundert die Augen auf.
    »Kommen Sie allein, ohne Polizei?«
    »Ja. Sie sind ein echtes Genie, und Genies verhaftet man nicht.«
    »Sie wollen mich nicht anzeigen?«
    »Nein. Sagen Sie, wie viel würde eine echte Druckpresse für Geldscheine kosten?«
    »Oh, so etwas ist teuer, sonst hätte ich mir längst eine zugelegt.«
    »Wie viel?«
    »Man muss mit zehn Millionen Franc rechnen.«
    »Ich komme wieder. Leider muss ich Sie wieder einsperren, aber mir liegt nun mal sehr viel an Ihnen.« Als Louis Genet die Treppe hinunter ging, rechnete er alles durch. Seine Tätigkeit als Mietwucherer hatte ihm zusammen mit der Steuerhinterziehung etwa fünf Millionen Franc eingebracht. Da fehlte die Hälfte.
    Also musste er sich einen Partner suchen. Nur wen? Die Sache durfte sich auf gar keinen Fall herumsprechen.
    Auf einmal fiel ihm die Lösung ein: Lucienne Lefèvre, die Klatschbase von gegenüber. Vielleicht hatte sie ja etwas gespart. Außerdem musste er sie sowieso ins Vertrauen ziehen, weil sie sonst in der Lage wäre, selbst die Polizei zu rufen. Er fand sie in ihrem Gärtchen. »Wollen Sie mir endlich erzählen, was passiert ist?«
    »Ich erzähle Ihnen alles, Madame Lefèvre, und ich schlage Ihnen sogar ein gutes Geschäft vor.«
    »Ein gutes Geschäft?«
    Lucienne Lefèvre hatte ein Sparbuch. Weil sie genauso habgierig war wie ihr Nachbar, stieg sie bereitwillig zu gleichen Teilen in das Geschäft ein. So konnte der Mietwucherer seinem Mieter ein paar Tage später zehn Millionen Franc in bar bringen.
    Als der das Geld sah, fiel er auf die Knie.
    »Sie sind mein Retter!«
    »Nicht Ihr Retter, Ihr Auftraggeber. Kaufen Sie schnell die Presse und machen Sie sich an die Arbeit!«
    »Auf der Stelle.«
    Daraufhin verschwand Victor Vincenzo mit seinen fünf Millionen Franc und denen der Kriegswitwe. Er verschwand wirklich, das heißt auf Nimmerwiedersehen. An dem Geschäft hatte er zehn Millionen verdient oder, um genauer zu sein, 9 996 000 Franc. Die vier Tausendfrancscheine, die er seinem Vermieter gegeben hatte, waren nämlich tatsächlich echte Banknoten der Banque de France gewesen.
    Von Anfang an hatte er alles nur inszeniert. Eines Tages musste seine nächtliche Tätigkeit notgedrungen auffallen, sodass die »geheime
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