Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Facebook-Killer

Der Facebook-Killer

Titel: Der Facebook-Killer
Autoren: Oliver Hoffmann , Thommy Mardo
Vom Netzwerk:
Krankenschwester?“, rief sie überrascht.
    „Léa Gerzon, klar“, sagte Mafro. „Aber was hat sie …“
    „Das sind Geo-Koordinaten“, erkannte Geza und riss ihr Smartphone aus der Tasche.
    „Ein Dreckschwein bis zum Schluss“, knurrte Mafro in sein Handy. „Manet spielt Schnitzeljagd mit uns. Ich melde mich wieder.“ Er unterbrach die Verbindung, steckte sein Handy in die Tasche und eilte Geza nach, die sich nach links entfernt hatte, wobei sie das Smartphone vor sich hielt wie ein Wünschelrutengänger sein Holz. Vom Chemin Bernard ging es auf den Chemin Serré, den sie nordwärts hastete. Mafro folgte ihr atemlos, bis sie an der T-Kreuzung mit der Avenue Casimir Périer unvermittelt stehenblieb. Etwa sechzig Meter rechts vor ihnen lag das Grabmal Frederic Chopins.
    Aber die Wölfin und Mafro hatten nur Augen für ein in Teilen schon zerfallenes Mausoleum auf halbem Weg zur Gruft des berühmten Komponisten. Auf dem Steindach dieses Grabgebäudes erhob sich eine von der Zeit und dem Smog der Seine-Metropole geschwärzte, moosüberwachsenen Steinstatue eines Engels. Unendlich viele Regengüsse hatten den Bereich unter seinen Wangen dunkel gefärbt, so dass es aussah, als weine er schwarze Tränen. Einer seiner Finger war wegweisend gen Himmel erhoben, der andere zeigte direkt nach unten auf das Mausoleum.
    Mafro lief es eiskalt über den Rücken … dieses Grabmal hatte er als Bild an der Fotowand in Manets Folterkeller gesehen, aber sie hatten bisher noch nicht die Zeit gefunden, sich näher mit der perversen Bildersammlung zu befassen. Er mobilisierte die letzten Kraftreserven, hetzte um das kleine Steingebäude herum und fand wie erwartet auf der Rückseite eine verbeulte, verrostete Eisentür. Eine ebenso rostige Stahlkette hing nutzlos daran herunter. Kaum war Geza neben ihm, warf sich Mafro mit der Schulter dagegen und ließ sich vom eigenen Schwung ins Innere tragen.
    Drinnen herrschte ein seltsames Dämmerlicht. Die Nachmittagssonne, die durch die Überreste eines farbigen Mosaikfensters mit der Darstellung einer gen Himmel strebenden Taube mit Ölzweig im Schnabel fiel, tauchte das morbide Szenario in ein fahlbuntes Licht. In der Mitte des Raums erhob sich grau ein Podest aus Stein, davor war ein für den beengten Platz überdimensional wirkendes, vollkommen verrostetes Gitter im Boden eingelassen. Die Scherben mehrerer tönerner Urnen lagen auf dem Podest verstreut, in einer Ecke gammelten ein mumifizierter Rosenstrauß und trockene Blätter. Alles war mit einer dicken Staubschicht bedeckt.
    „Sie ist nicht hier“, sprach Mafro mit dumpfem Entsetzen das Offensichtliche aus. Er taumelte vor Erschöpfung und musste sich an der Wand festhalten.
    „Warten Sie … kommt Ihnen das nicht komisch vor?“, fragte Geza.
    „Was?“, fragte Mafro geistesabwesend.
    „Dieses Gitter. Ein Abflussgitter. In einem geschlossenen Mausoleum. Welche Ströme sollen denn hier durch ein so überdimensioniertes Gitter abfließen? Für das bisschen Regnen, das hier eindringt, hätte es etwas viel Kleineres durchaus getan …“
    Wie elektrisiert fuhr Mafro hoch und sah sich mit neuem Elan um.
    „Sie haben recht … und sehen Sie, da: Das Gitter selbst ist gar nicht staubig … und da an der Wand führt ein schmaler Streifen direkt zum Gitter, da ist etwas durch den Staub geschleift worden.“
    „Oder jemand“, versetzte die Wölfin. Kaum hatte Mafro diesen Gedanken realisiert, nahm er alle Kraft zusammen und beugte sich zum Gitter. Ein kräftiger Zug – und er landete auf dem Hosenboden, denn das Gitter löste sich viel leichter aus seinem Rahmen, als er gedacht hatte.
    Darunter führte ein rundgemauerter Schacht nach unten, in den Metallsprossen als Tritthilfen eingelassen waren.
    „Was ist das denn?“, flüsterte Geza atemlos und starrte nach unten.
    „Das“, sagte Mafro, „ist leicht zu beantworten. Es handelt sich um einen der zahllosen nicht allgemein zugänglichen Einstiege in die Katakomben von Paris.“

    Mafro lieh sich von einem nahen Grab eine Grableuchte und zündete sie an. In dem schwachen Lichtschein kletterten sie die Sprossen hinunter. Unten angekommen folgten sie dem Labyrinth von engen, dunklen Gängen, immer bemüht, die Richtung nicht zu verlieren. Dabei führte sie der Weg immer wieder an kunstvoll aufgeschichteten Schädeln und sonstigen Knochen vorbei. Die Grableuchte warf unheimliche Schattenbilder an die Stollenwände. Im Laufen klärte Mafro die Wölfin auf, dass die Katakomben
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher