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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner
Autoren: Carre
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Abbott, Tessa. Wenn ich richtig informiert bin, hat sie den Namen bei ihren Hilfsaktivitäten benutzt.« Mildren studierte die letzte Seite seiner Aufzeichnungen. »Ich habe versucht, den Hochkommissar zu erreichen, aber er macht die Runde durch die Ministerien, und ich komme nicht durch.« Was soviel heißen sollte wie: Wir befinden uns in Präsident Mois modernem Nairobi, wo man bei einem Ortsgespräch manchmal eine halbe Stunde lang das »Entschuldigen Sie, alle Leitungen sind besetzt, versuchen Sie es bitte später noch einmal« zu hören bekommt, unermüdlich wiederholt von einer zufrieden klingenden Frau mittleren Alters.
    Woodrow stand bereits an der Tür. »Und Sie haben niemandem was gesagt?«
    »Keiner Menschenseele.«
    »Und die Polizei?«
    »Angeblich auch nicht. Aber für Lodwar übernehmen sie keine Verantwortung. Und wenn Sie mich fragen, wäre ich mir bei denen selbst auch nicht sicher.«
    »Und ihr Mann? Soweit Sie wissen, hat Justin doch noch nichts davon erfahren, oder?«
    »Richtig.«
    »Wo ist er?«
    »Ich nehme an, in seinem Büro.«
    »Sorgen Sie dafür, dass er da bleibt.«
    »Er ist heute früher als sonst gekommen. Wie immer, wenn Tessa unterwegs ist. Soll ich die Sitzung absagen?«
    »Warten Sie noch.«
    Woodrow, der nun ganz sicher war – falls er je Zweifel gehabt hatte –, dass er es nicht nur mit einer Tragödie, sondern mit einem Skandal der Windstärke zwölf zu tun hatte, stürmte die Hintertreppe hinauf, zu der Unbefugte keinen Zutritt hatten. Er trat in einen finsteren Gang, der zu einer verschlossenen Stahltür mit Guckloch und Klingelknopf führte. Eine Kamera nahm ihn ins Visier, während er auf den Knopf drückte. Die Tür wurde von einer gertenschlanken, rothaarigen Frau in Jeans und geblümter Bluse geöffnet. Sheila, dachte er automatisch, die Nummer zwei, spricht Kisuaheli.
    »Wo ist Tim?«, fragte er.
    Sheila drückte auf den Summer und sprach dann in einen Kasten. »Sandy ist da, er hat’s eilig.«
    »Noch eine Minute Geduld bitte!«, rief eine kräftige männliche Stimme.
    Sie geduldeten sich.
    »Die Luft ist jetzt rein«, redete dieselbe Stimme, und eine weitere Tür ging rülpsend auf.
    Sheila trat zurück, und Woodrow schritt an ihr vorbei in das Zimmer. Tim Donohue, der zwei Meter große Leiter der Abteilung, hatte sich vor seinem Schreibtisch aufgebaut. Er musste ihn leer geräumt haben, denn es war kein einziges Blatt Papier darauf zu sehen. Donohue wirkte noch kränker als gewöhnlich. Woodrows Frau Gloria war fest davon überzeugt, dass er an einer tödlichen Krankheit litt. Die Wangen waren eingesunken und farblos, die Augen lagen tief in ihren Höhlen, und das Weiße war gelblich verfärbt. Die Haut am Lidrand schuppte sich. Der wuchernde Schnauzer schien in komischer Verzweiflung nach unten ausgreifen zu wollen.
    »Sandy. Seien Sie gegrüßt. Was liegt an?«, rief er und linste mit seinem Totenschädelgrinsen durch die Lesebrille auf Woodrow herab.
    Er kommt einem zu nahe, rief sich Woodrow in Erinnerung. Er überfliegt dein Territorium und fängt deine Signale auf, noch bevor du sie ausgesendet hast. »Tessa Quayle soll irgendwo am Turkanasee ermordet worden sein«, sagte er mit dem rachsüchtigen Bedürfnis, die beiden zu schockieren. »Es gibt da eine Hotelanlage, die Oase. Ich muss mit dem Besitzer reden – über Funk.«
    So werden sie ausgebildet, dachte er. Regel Nummer eins: Zeig niemals deine Gefühle, sofern du welche hast. Sheilas sommersprossiges Gesicht war starr wie immer, voller Nachdenklichkeit und Ablehnung. Tim Donohue zeigte weiter sein törichtes Grinsen – das allerdings von vornherein nichts zu bedeuten gehabt hatte.
    »Tessa soll was , alter Junge? Sagen Sie das noch mal?«
    »Sie soll getötet worden sein. Wie ist unbekannt, jedenfalls verrät die Polizei es nicht. Dem Fahrer ihres Jeeps wurde der Kopf abgehackt. Das ist alles.«
    »Getötet und ausgeraubt?«
    »Nur getötet.«
    »In der Nähe des Turkanasees.«
    »Ja.«
    »Was zum Teufel hat sie da gewollt?«
    »Ich habe keine Ahnung. Angeblich die Leaky-Grabungsstätte besuchen.«
    »Weiß Justin es schon?«
    »Noch nicht.«
    »Ist sonst jemand beteiligt, den wir kennen?«
    »Das ist eine der Fragen, die ich klären möchte.«
    Donohue ging voraus zu einer schalldichten Kabine, die Woodrow noch nie gesehen hatte. Bunte Telefonapparate mit Schlitzen für Kodekarten; ein Faxgerät, das auf etwas stand, was wie ein Ölfass aussah; ein Funkgerät, aus grün gemaserten Metallkästen
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