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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner
Autoren: Carre
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doppelten Betrag haben. Ich hab’ sie abblitzen lassen. Das hat Bluhm gefallen. Over.«
    »Wie wirkte er dieses Mal auf Sie? Over.«
    »Wie meinen Sie?«
    »War er irgendwie verändert? Leichter erregbar oder seltsam oder was auch immer?«
    »Worauf wollen Sie hinaus, Mister Kanzler?«
    »Ich meine – halten Sie es für möglich, dass er irgendwas genommen hatte. Dass er high war, meine ich.« Er geriet ins Schwimmen. »Also, von – ich weiß nicht – Kokain oder was. Over.«
    »Aber Schätzchen«, sagte Wolfgang, und die Verbindung brach ab.
    Woodrow wurde sich erneut bewusst, dass Donohue ihn mit seinem durchdringenden Blick musterte. Sheila war verschwunden. Woodrow hatte den Eindruck, sie war gegangen, um etwas Dringendes zu erledigen. Aber was konnte das sein? Warum sollte Tessas Tod ein dringendes Handeln der Spione erfordern? Ihn fröstelte. Er verspürte den Wunsch nach einer Strickjacke, und doch war er schweißgebadet.
    »Sonst weiter nichts, was wir für Sie tun können, alter Junge?«, fragte Donohue auffällig besorgt und starrte ihn weiter mit seinen seltsamen kranken Augen an. »Einen kleinen Drink vielleicht?«
    »Danke. Im Moment nicht.«
    Sie wussten es , sagte sich Woodrow auf dem Weg nach unten. Sie wussten eher als ich , dass sie tot ist . Andererseits ist es das, was sie einen glauben machen wollen: Wir Spione wissen über alles besser Bescheid als du. Und eher.
    »Ist der Hochkommissar schon zurück?« Mit dieser Frage steckte er den Kopf durch Mildrens Tür.
    »Müsste jeden Augenblick –«
    »Blasen Sie die Sitzung ab.«
    Woodrow steuerte nicht direkt auf Justins Zimmer zu. Er schaute erst bei Ghita Pearson vorbei. Sie war die jüngste Mitarbeiterin der Kanzlei und Tessas Freundin und Vertraute. Ghita hatte dunkle Augen und helles Haar. Sie war Anglo-Inderin und trug ein Kastenzeichen auf der Stirn. Nur eine der vor Ort eingestellten Mitarbeiterinnen, sagte Woodrow sich, aber sie strebt eine Laufbahn im diplomatischen Dienst an.
    Ghita runzelte misstrauisch die Stirn, als sie sah, dass er die Tür hinter sich schloss.
    »Ghita, dies ist nur für Ihre Ohren bestimmt, okay?«
    Sie sah ihn unverwandt an und wartete ab.
    »Bluhm. Dr. Arnold Bluhm. Ja?«
    »Was ist mit ihm?«
    »Ein Freund von Ihnen.« Keine Reaktion. »Ich meine, Sie sind näher mit ihm bekannt.«
    »Er ist eine Kontaktperson.« Ghitas Aufgabenbereich brachte tägliche Kontakte zu den Hilfsorganisationen mit sich.
    »Und offensichtlich ein Kumpel von Tessa.« Ghitas dunkle Augen verrieten keine Regung. »Kennen Sie noch andere Leute aus Bluhms Umgebung?«
    »Ich telefoniere von Zeit zu Zeit mit Charlotte. Sie ist praktisch sein Büro. Die anderen arbeiten alle vor Ort. Warum?« Da war wieder dieser anglo-indische Tonfall in ihrer Stimme, den er so verführerisch fand. Aber nein, nie wieder. Nie wieder eine andere.
    »Bluhm war letzte Woche in Lokichoggio. In Begleitung.«
    Sie nickte zögernd und senkte den Blick.
    »Ich möchte wissen, was er dort wollte. Von Loki aus ist er zum Turkanasee gefahren. Ich muss wissen, ob er schon wieder in Nairobi ist. Oder ob er sich vielleicht auf den Weg zurück nach Loki gemacht hat. Können Sie das ermitteln, ohne allzu viele Hühner aufzuscheuchen?«
    »Das bezweifle ich.«
    »Nun, versuchen Sie es.« Plötzlich kam ihm eine Frage in den Sinn. In all den Monaten seiner Bekanntschaft mit Tessa hatte sie sich ihm nie gestellt. Bis jetzt. »Ist Bluhm verheiratet, wissen Sie das?«
    »Würde ich doch denken. Irgendwann hat er bestimmt geheiratet. Haben sie ja meistens, oder?«
    Sie , soll heißen: die Afrikaner? Oder sie , die Liebhaber? Alle Liebhaber?
    »Aber hier hat er keine Frau. Hier in Nairobi. Jedenfalls nicht, soweit Sie gehört haben. Bluhm, meine ich.«
    »Warum?«, kam es leise, hastig. »Ist Tessa was passiert?«
    »Möglicherweise. Wir sind dabei, das herauszufinden.«
    Als Woodrow schließlich vor Justins Zimmer anlangte, klopfte er und trat ein, ohne eine Antwort abzuwarten. Diesmal schloss er die Tür nicht hinter sich ab, sondern lehnte sich, die Hände in den Hosentaschen, mit seinen breiten Schultern dagegen. Was – solange er dort stehen blieb – auf dasselbe hinauslief. Justin stand ebenfalls, ihm den eleganten Rücken zugekehrt. Die Haare wie stets ordentlich frisiert, widmete er sich einem Schaubild an der Wand. Es war nur eines von mehreren, die rund ums Zimmer verteilt waren, jedes mit einer Überschrift in schwarzen Großbuchstaben, das Aufsteigen oder Abfallen
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