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Der Engel mit den Eisaugen

Der Engel mit den Eisaugen

Titel: Der Engel mit den Eisaugen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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einer kleinen Villa aufgedeckt worden. Diese befinde sich unweit der Università per Stranieri, der bekanntesten Universität Italiens, die es schaffte, achttausend Studenten hinter die Mauern von Perugia zu locken, einem Ort, der insgesamt nicht mal 170000  Einwohner zählt.
    Eine junge Engländerin, so das Gerücht, die erst vor kurzem in Perugia eingetroffen war, sei ermordet in dem Haus aufgefunden worden, das sie sich mit anderen Studentinnen teilte. Inner- und außerhalb der Universität überstürzten sich die Berichte, und es war schwierig zu sagen, was stimmte und was nicht: »Sie wurde vergewaltigt und dann mit Messerstichen getötet« – »Wer denn überhaupt, und wie ist das passiert?« – »Die Polizei ist unten in der Via della Pergola, hinter einer kleinen Villa« – »Es heißt, man habe ihr die Kehle durchgeschnitten, und sie soll in einer riesigen Blutlache liegen« – »Aber warum denn nur? Warum mit zwanzig so sterben?« – »O Gott, es wird doch nicht Mez sein?« – »Welche Mez? Doch nicht die, die sich an Halloween als Vampir verkleidet hat?«
    Zwei Nächte zuvor, zwischen dem 31 . Oktober und dem 1 . November, hatten viele der ausländischen Studenten Halloween gefeiert, um des Todes zu gedenken und ihn vielleicht auch zu exorzieren, eine Tradition, die sich nicht im Geringsten von der katholischen oder italienischen unterscheidet. Irgendjemand erinnerte sich schließlich, dass ein englisches Mädchen, das sich Mez nannte, in einem langen schwarzen Mantel mit hohem Kragen, der sie wie ein Vampir aussehen ließ, auf einem der Feste gesehen worden war. Und dass sie in einem Haus in der Via della Pergola wohnte, wo sich das Verbrechen zugetragen haben sollte. Viele der jungen Ausländer, vor allem die weiblichen, standen unter Schock: Ein bisschen betraf es sie alle.
    Die Einwohner von Perugia hingegen waren der Meinung, dass dieser Tod sie nichts anginge. Das sei »die Angelegenheit« der anderen. Er hatte nichts mit ihnen zu tun, war die logische Folge der Lebensweise dieser Jugendlichen, die so anders war als ihre eigene. Eine Folge ihrer seltsamen Gewohnheiten, zu großer Freiheiten und auch eines Festes wie Halloween, das die katholische Kirche ja aus gutem Grund verurteilte.
    Die Fremden bringen Arbeit und Geld, doch in Perugia schätzt man Fremde nicht. Und das hier war ein »Krimi«, den es auf absurden Wegen in ihre Stadt verschlagen hatte, eine absolute Ausnahme, die man wie ein unbeteiligter Zuschauer betrachten konnte.
    Und natürlich musste es sich um eine sonderbare Begebenheit handeln. Eine sehr sonderbare.
    Wenig später, noch am Morgen des 2 . November, bestätigten Radio- und Fernsehkanäle die Meldung und brachten erste Einzelheiten: »Das ermordete Mädchen heißt Meredith Kercher. Die Polizeibeamten haben sie erstochen im Schlafzimmer ihrer Wohnung in der Via della Pergola vorgefunden. Meredith Kercher, die in London geboren wurde, wäre Ende Dezember 22  Jahre alt geworden. Im August war sie über das Bildungsprogramm Erasmus zum Studieren nach Perugia gekommen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde sie in der Nacht von Donnerstag auf Freitag ermordet.«
    »Die Polizisten haben gut zehn Personen aus Merediths näherem Umfeld vernommen. Noch ist nicht klar, ob es ihre amerikanische Mitbewohnerin war, die sie zuletzt lebend gesehen hat …«
    »Das Opfer könnte seinen Mörder auf einer Halloween-Party kennengelernt haben … Die Autopsie wird unter anderem darüber Aufschluss geben, ob die Studentin ein Opfer sexueller Gewalt wurde. Ihre Leiche wurde halbnackt auf dem Boden ihres Schlafzimmers gefunden. Um die Ermittler in die Irre zu führen, könnte der Mörder versucht haben, nach dem Mord einen Diebstahl vorzutäuschen …«
    Der Gerechte Gott hatte Gabriella Carlizzi leider nicht darauf hingewiesen, dass eine englische Studentin namens Meredith Kercher in dem Haus, das sie mit der Amerikanerin Amanda Knox teilte, erstochen werden würde.
    Dies nun hätte eigentlich jeden irritieren müssen. Nicht aber Gabriella Carlizzi: Innerhalb kürzester Zeit löste sie das Problem, indem sie die falsche Prophezeiung, die nicht etwa eine englische Studentin, sondern Mignini und sie selbst als nächstes Opfer auswies, einfach korrigierte und ihre ganz persönliche Wahrheit in Versalien in ihrem Blog kundtat: » DIES IST DIE GESCHICHTE DES MONSTERS VON FLORENZ , DIE SICH IN GESTALT EINER ANDEREN PERSON FORTSETZT , WELCHE SICH VON DEN › VIER HINTERMÄNNERN ‹
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