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Der Engel mit den Eisaugen

Der Engel mit den Eisaugen

Titel: Der Engel mit den Eisaugen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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Okkultismus zu manipulieren und zu versklaven.«
    Obwohl sich die Associazione gegen den Vorwurf des Antisemitismus verwahrt, verficht sie die Authentizität der
Protokolle der Weisen von Zion,
die ihr zufolge auf einem »langfristig angelegten Plan« fußen, den der Bankier Amschel Mayer Rothschild einer Gruppe präsentiert haben soll, die sich 1773 in seinem Haus in Frankfurt traf. Laut der Associazione wurde der Plan tatsächlich in die Tat umgesetzt. Im Zuge dessen seien nach 1773 der Darwinismus, der Marxismus und der Nietzscheanismus verbreitet worden. »Hier wird ferner dargelegt«, behauptet die Associazione weiter, »wie der politische Zionismus angewandt werden müsse, um den Zielen (der Weltherrschaft) derer zu dienen, die (nach 1773 ) die internationale revolutionäre Bewegung angeführt haben … die Illuminati.«
    Migninis Name taucht noch auf einer anderen katholisch-»fundamentalistischen« Webseite auf, und zwar auf der der Alleanza Cattolica. Sie zählt vierhundert Mitglieder, unter denen sich eine große Anzahl von Universitätsprofessoren, Soziologen, Politikern und Journalisten befindet. So etwa auch Alfredo Mantovano, der aus der neofaschistischen Partei MSI kam und Untersekretär des Innenministeriums im vierten Kabinett Berlusconis war, sowie der Soziologe Massimo Introvigne, der vielleicht bekannteste italienische Experte auf dem Gebiet satanischer Sekten. Die
Cristianità,
das Organ der Vereinigung, propagiert katholische Werte und wendet sich aufs schärfste gegen Homosexualität, Abtreibung, Empfängnisverhütung und Ehescheidung. Das
World Social Forum
bezeichnen sie als »Laboratorium der Subversion«.
    Giuliano Mignini hat für die Alleanza Cattolica einen langen Artikel mit dem Titel
Viva Maria!
geschrieben. Darin befasst er sich mit dem toskanisch-umbrischen Aufstand von Einwohnern aus Arezzo und der Region des Trasimener Sees und des Tiber-Hochtals im Jahr 1799  – Gebieten, die dem Kirchenstaat angehörten. Es geht also um den Volkswiderstand gegen den Export von Idealen der Französischen Revolution durch napoleonische Truppen nach Umbrien und in die Toskana. Dabei liegt man politisch ganz auf einer Linie mit der Associazione Legittimista Trono e Altare, die meint: »Nach 1870 wurden die Päpste ihres legitimen Rechts der Ausübung weltlicher Macht beraubt, da ihre Territorien von einem jungen, illegitimen Usurpator besetzt waren.«
    Trono e Altare und die Alleanza Cattolica haben viele Berührungspunkte: Das Wappen ist dasselbe – das heilige Herz Jesu und darüber das Kreuz, das Emblem der Gegenrevolutionäre im französischen Département Vendée. Beiden Vereinigungen gehören neben Mignini auch Lehrkräfte der Universität von Perugia an, so etwa Dianella Gambini, Professorin für spanische Literatur, und Paolo Caucci von Saucken, Dozent für spanische Literatur und Leiter der Confraternita di San Jacopo di Compostella. Sie ist als einzige italienische Institution berechtigt, einen Pilgerpass auszustellen, ein unentbehrliches Dokument für alle, die zu den heiligen Orten Santiago de Compostela, Rom oder Jerusalem pilgern wollen.
    Der Vorsitzende der Alleanza Cattolica trägt den Titel »Regent«. Der Präsident wäre damit wohl die Madonna selbst.
    In diesem Zusammenhang verwundert es nicht, dass Mignini im Sommer 2011 , dem Sommer, der dem Freispruch von Amanda und Raffaele vorausging, Brigitta Bulgari verhaften ließ und sie etwa zwei Wochen in einer Zelle festhielt. Bulgari ist eine Lapdance-Tänzerin und trat zu diesem Zeitpunkt in einem Lokal in der Nähe von Perugia auf. Mignini machte die junge Frau dafür verantwortlich, dass sich eine Gruppe Minderjähriger Zutritt zu der Diskothek verschafft hatte, wo sie ihre Vorstellung gab. Nun liegt es eigentlich auf der Hand, dass es nicht die Aufgabe der Tänzerin war, zu kontrollieren, wer das Lokal betrat, und viele fanden es übertrieben, sie deshalb ins Gefängnis zu stecken. Diese »vorbeugende« Inhaftierung durch Mignini wirkte wie die unnötige Bestrafung einer jungen Frau mit allzu freizügigem Lebenswandel.
    Sein guter Ruf wurde Mignini auch in landesweit ausgestrahlten Fernsehbeiträgen bestätigt, ebenso wie in Zeitungsartikeln, die über seine Ermittlungen im Fall des Monsters berichteten und nicht zuletzt über aktuelle Entwicklungen im Hinblick auf die bedeutenden Leute der Stadt. Und je überraschender diese Entwicklungen waren, desto glaubwürdiger erschienen sie den Menschen in Perugia (und nicht nur
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