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Der elektrische Mönch

Der elektrische Mönch

Titel: Der elektrische Mönch
Autoren: Douglas Adams
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weiß. Auf meiner Liste der Dinge, die ich aufgeben will, steht's an dritter Stelle hinter dem Rauchen und den Ärzten.«
    Tja, da gab es also noch etwas, das sich nicht verändert hatte. Manche Leute popeln in der Nase, andere verprü­geln regelmäßig alte Damen auf der Straße. Regs Laster war harmlos, wenn auch sonderbar - er war verrückt nach kindlichen Zaubertricks. Richard erinnerte sich, als er zum erstenmal mit einem Problem zu Reg gegangen war - es war bloß die übliche Angst gewesen, die Studenten ab und zu befällt, besonders wenn sie Referate zu schreiben ha­ben, aber damals war sie ihm wie eine düstere, böse Last vorgekommen. Reg hatte dagesessen und Richards Ge­fühlsergüssen mit dem tiefem Stirnruzeln gespannter Auf­merksamkeit gelauscht. Als er endlich fertig war, sann Reg ernsthaft nach, strich sich viele Male übers Kinn, beugte sich schließlich vor und sah ihm in die Augen.
    »Ich vermute, Ihr Problem ist«, sagte er, »daß Sie zu viele Büroklammern in der Nase haben.«
    Richard starrte ihn an.
    »Gestatten Sie, daß ich's Ihnen demonstriere«, sagte Reg, lehnte sich über den Schreibtisch und zog Richard eine Kette aus elf Büroklammern und einen kleinen Gummischwan aus der Nase.
    »Aha, der wahre Übeltäter«, sagte er und hielt den Schwan in die Höhe. »Sie schleichen sich in Haferflocken­paketen ein, verstehen Sie, und verursachen endlose Sche­rereien. Nun, ich bin froh, daß wir diesen kleinen Plausch hatten, mein Lieber. Bitte seien sie ganz ungezwungen und stören Sie mich ruhig wieder, wenn sie noch mal so ein Problem haben.«
    Selbstverständlich hatte Richard das nie mehr.
    Richard blickte sich am Tisch um und versuchte festzu­stellen, ob noch jemand da war, den er aus seiner Zeit am College kannte.
    Zwei Plätze weiter links saß der Professor, der Richards Studienleiter in Englisch gewesen war und keinerlei Anzei­chen erkennen ließ, daß er ihn wiedererkannte. Das über­raschte auch kaum, weil Richard seine drei Jahre am College damit zugebracht hatte, ihm beharrlich aus dem Weg zu ge­hen, oft sogar mit dem Trick, daß er sich einen Bart wachsen ließ und so tat, als sei er jemand anderer.
    Daneben saß ein Mann, dessen Identität zu erkennen Ri­chard nie gelungen war. Und das hatte auch niemand sonst geschafft. Er war mager und wühlmausartig und hatte die allerungeheuerlichste lange, knochige Nase, die man sich denken kann - sie war wirklich sehr, sehr lang und kno­chig. Tatsächlich sah sie dem umstrittenen Kiel sehr ähnlich, mit dessen Hilfe die Australier 1983 den America's Cup ge­wonnen hatten, und über diese Ähnlichkeit war damals viel geredet worden, natürlich nicht dem Mann ins Gesicht. Nie­mand hatte ihm jemals was ins Gesicht gesagt.
    Niemand. Jemals.
    Jeder, der ihm zum erstenmal begegnete, war über seine Nase viel zu entsetzt und verlegen, um reden zu kön­nen, und das zweitemal war's wegen des ersten Mals noch schlimmer und so weiter. Jahre waren mittlerweile vergan­gen, siebzehn im ganzen. Die ganze Zeit war er nur von Schweigen umgeben. Im Speisesaal war es bei den Colle­gedienern lange üblich gewesen, links und rechts von ihm eine Salz-Pfeffer-Senf-Menage hinzustellen, weil ihn nie­mand bitten konnte, sie mal rüberzureichen, und jemanden auf der anderen Seite von ihm zu bitten, war nicht nur un­gezogen, es war vollkommen unmöglich, weil seine Nase im Weg war.
    Die andere Merkwürdigkeit an ihm waren eine Reihe von Bewegungen, die er machte und den ganzen Abend über re­gelmäßig wiederholte. Sie bestanden daraus, daß er mit je­dem Finger der linken Hand der Reihe nach auf den Tisch trommelte, und dann mit einem Finger der rechten Hand. Dann tippte er ab und zu mit irgendeinem anderen Körperteil dagegen, einem Knöchel, einem Ellbogen oder einem Knie. Wenn er wegen des Essens damit aufhören mußte, be­gann er, mit jedem Auge einzeln zu zwinkern und gelegent­lich mit dem Kopf zu nicken. Kein Mensch hatte es natürlich jemals gewagt, ihn zu fragen, warum er das machte, obwohl alle vor Neugier platzten.
    Richard konnte nicht sehen, wer auf der anderen Seite ne­ben ihm saß.
    In der anderen Richtung, hinter Regs leichenhaftem Nachbarn, saß Watkin, der Altphilologe, ein Mann von erschreckender Trockenheit und Wunderlichkeit. Seine schweren, randlosen Brillengläser waren beinahe massive Glaswürfel, in denen seine Augen ein unabhängiges Le­ben zu führen schienen wie Goldfische. Seine Nase war ziemlich gerade und normal, aber
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