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Der elektrische Mönch

Der elektrische Mönch

Titel: Der elektrische Mönch
Autoren: Douglas Adams
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zugegebenermaßen ein bißchen verspätet, da hatte der Pro­fessor anscheinend verärgert die Tür aufgerissen, war beim Anblick von Richard erstaunt zusammengezuckt, hatte wis­sen wollen, ob er irgenwelche Gefühlsprobleme habe, hatte belästigt reagiert, als er sanft daran erinnert wurde, daß es inzwischen zehn Jahre her sei, seit er Richards College Tu­tor war, und hatte schließlich eingeräumt, daß Richard si­cher zum Abendessen gekommen sei, worauf er, der Profes­sor, begonnen hatte, rasch und weitschweifig über die Ge­schichte der Collegearchitektur zu reden, ein sicheres Zei­chen, daß er mit den Gedanken ganz woanders war.
    Reg hatte Richard nie wirklich unterrichtet, er war nur sein College Tutor gewesen, was kurz hieß, daß er für sein allgemeines Wohlergehen verantwortlich war, ihm sagte, wann die Examen stattfanden, daß er keine Drogen neh­men solle und so weiter. Tatsächlich war nicht ganz klar, falls Reg jemals jemanden in etwas unterrichtet hatte, was das dann, wenn überhaupt, gewesen wäre. Seine Professur war, gelinde gesagt, eine völlig obskure Angelegenheit, und da er sich seiner Vorlesungspflichten durch die einfa­che und altehrwürdige Methode entledigte, daß er seinen potentiellen Studenten eine erschöpfende Liste von Bü­chern vorlegte, von denen er mit Sicherheit wußte, daß sie seit dreißig Jahren vergriffen waren, um dann einen Wut­anfall zu kriegen, wenn sie sie nicht auftreiben konnten, hatte niemand je den genauen Gegenstand seiner akade­mischen Disziplin herausbekommen. Er hatte natürlich vor langen Zeiten als Vorsichtsmaßnahme die einzigen vor­handenen Exemplare der Bücher auf seiner Leseliste aus der Universitätsbibliothek und den Collegebüchereien ent­fernt, so daß er nun viel Zeit hatte, um, tja, um zu tun, was immer das auch war, was er tat.
    Weil Richard es stets gelungen war, mit dem alten Kauz einigermaßen gut auszukommen, hatte er eines Tages den Mut gefaßt, ihn zu fragen, was genau der Königliche Lehr­stuhl der Chronologie eigentlich sei. Es war einer jener hel­len sommerlichen Tage gewesen, an denen die Welt jeden Moment vor Freude zu platzen scheint, schlicht weil sie sie selbst ist, und Reg war in einer für ihn untypischen, sehr mitteilsamen Stimmung gewesen, als sie über die Brücke über den Cam gegangen waren, der die älteren Teile des Col­leges von den neueren trennt.
    »Eine Sinekure, mein Lieber, eine absolute Sinekure«, hatte er gestrahlt. »Eine kleine Summe Geld für eine sehr kleine, oder vielleicht sollten wir sagen nicht existente Menge Arbeit. Das verschafft mir ständig einen winzigen Vorsprung bei der Scherzfrage, an welchem behaglichen, wenn auch sparsamen Ort man am liebsten sein Leben ver­bringen möchte.« Er beugte sich über die Brückenbrüstung und machte Richard auf einen ganz bestimmten Backstein aufmerksam, den er interessant fand.
    »Aber um welche Art Forschung geht es denn dabei?« hatte Richard weiter gefragt. »Um Geschichte? Physik? Phi­losophie? Oder was?«
    »Nun«, sagte Reg langsam, »da es Sie so interessiert: der Lehrstuhl wurde einst von König Georg III. gegründet, der, wie Sie wissen, eine Reihe amüsanter Grillen pflegte, darun­ter die Überzeugung, daß einer der Bäume im Großen Park in Windsor in Wirklichkeit Friedrich der Große sei.
    Der Lehrstuhl war seine persönliche Gründung, daher >Regius<. Zudem seine eigene Idee, was etwas ungewöhnli­cher ist. »
    Das Sonnenlicht tänzelte am Cam entlang. Leute in Fluß­kähnen schrien sich beglückt gegenseitig an, sie sollten sich verpissen. Magere Naturwissenschaftler, die, in ihre Zimmer eingesperrt, monatelang damit zugebracht hat­ten, weiß und fischig zu werden, traten blinzelnd ins Licht. Pärchen, die am Ufer entlangspazierten, erregten sich über die allgemeine Herrlichkeit von alledem dermaßen, daß sie erstmal wieder für eine Stunde nach drinnen verschwinden mußten.
    »Der arme, geplagte Kerl«, fuhr Reg fort, »Georg IIL, meine ich, hatte, wie Sie vielleicht wissen, eine fixe Idee, und das war die Zeit. Stopfte das Schloß mit Uhren voll. Zog sie unablässig auf. Manchmal stand er mitten in der Nacht auf, schlich in seinem Nachthemd im Schloß herum und zog Uhren auf. Es lag ihm sehr viel daran, daß die Zeit immer weiterging, verstehen Sie? Es hatten sich in seinem Leben so viele entsetzliche Dinge ereignet, daß er furcht­bare Angst hatte, es könnte sich irgendwas davon noch mal ereignen, wenn man zuließe, daß die
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