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Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Titel: Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)
Autoren: Max Stirner
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Mir zu unbequem und unbefriedigend zu werden droht, sein Ende in meiner Macht liegt; aber auch vor keiner Tat werde Ich zurückbeben, weil ein Geist der Gottlosigkeit, Unsittlichkeit, Widerrechtlichkeit darin wohne, so wenig als der heilige Bonifatius von dem Umhauen der heiligen Heideneiche aus religiöser Bedenklichkeit abstehen mochte. Sind einst die Dinge der Welt eitel geworden, so müssen auch die Gedanken des Geistes eitel werden.
    Kein Gedanke ist heilig, denn kein Gedanke gelte für »Andacht«, kein Gefühl ist heilig (kein heiliges Freundschaftsgefühl, Muttergefühl usw.), kein Glaube ist heilig. Sie sind alle veräußerlich , mein veräußerliches Eigentum, und werden von Mir vernichtet wie geschaffen.
    Der Christ kann alle Dinge oder Gegenstände, die geliebtesten Personen, diese »Gegenstände« seiner Liebe, verlieren, ohne Sich, d. h. im christlichen Sinne seinen Geist, seine Seele, verloren zu geben. Der Eigner kann alle Gedanken , die seinem Herzen lieb waren und seinen Eifer entzündeten, von sich werfen und wird gleichfalls »tausendfältig wieder gewinnen«, weil Er, ihr Schöpfer, bleibt.
    Unbewußt und unwillkürlich streben Wir alle der Eigenheit zu, und schwerlich wird Einer unter Uns sein, der nicht ein heiliges Gefühl, einen heiligen Gedanken, einen heiligen Glauben aufgegeben hätte, ja Wir begegnen wohl keinem, der sich nicht aus einem oder dem andern seiner heiligen Gedanken noch erlösen könnte. All unser Streit wider Überzeugungen geht von der Meinung aus, daß Wir den Gegner etwa aus seinen Gedankenverschanzungen zu vertreiben fähig seien. Aber was Ich unbewußt tue, das tue Ich halb, und darum werde Ich nach jedem Siege über einen Glauben wieder der Gefangene (Besessene) eines Glaubens, der dann von neuem mein ganzes Ich in seinen Dienst nimmt und Mich zum Schwärmer für die Vernunft macht, nachdem Ich für die Bibel zu schwärmen aufgehört, oder zum Schwärmer für die Idee der Menschheit, nachdem Ich lange genug für die der Christenheit gefochten habe.
    Wohl werde Ich als Eigner der Gedanken so gut mein Eigentum mit dem Schilde decken, wie Ich als Eigner der Dinge nicht Jedermann gutwillig zugreifen lasse; aber lächelnd zugleich werde Ich dem Ausgange der Schlacht entgegensehen, lächelnd den Schild auf die Leichen meiner Gedanken und meines Glaubens legen, lächelnd, wenn Ich geschlagen bin, triumphieren. Das eben ist der Humor von der Sache. Seinen Humor an den Kleinlichkeiten der Menschen auszulassen, das vermag Jeder, der »erhabnere Gefühle« hat; ihn aber mit allen »großen Gedanken, erhabenen Gefühlen, edler Begeisterung und heiligem Glauben« spielen zu lassen, das setzt voraus, daß Ich der Eigner von Allem sei.
    Hat die Religion den Satz aufgestellt, Wir seien allzumal Sünder, so stelle Ich ihm den andern entgegen: Wir sind allzumal vollkommen! Denn wir sind jeden Augenblick Alles, was Wir sein können, und brauchen niemals mehr zu sein. Da kein Mangel an Uns haftet, so hat auch die Sünde keinen Sinn. Zeigt Mir noch einen Sünder in der Welt, wenn's Keiner mehr einem Höheren recht zu machen braucht! Brauche Ich's nur Mir recht zu machen, so bin Ich kein Sünder, wenn Ich's Mir nicht recht mache, da Ich in Mir keinen »Heiligen« verletze; soll Ich dagegen fromm sein, so muß Ich's Gott recht machen, soll Ich menschlich handeln, so muß Ich's dem Wesen des Menschen, der Idee der Menschheit usw. recht machen. Was die Religion den »Sünder« nennt, das nennt die Humanität den »Egoisten«. Nochmals aber, brauche Ich's keinem Andern recht zu machen, ist dann der »Egoist«, in welchem die Humanität sich einen neumodischen Teufel geboren hat, mehr als ein Unsinn? Der Egoist, vor dem die Humanen schaudern, ist so gut ein Spuk, als der Teufel einer ist: er existiert nur als Schreckgespenst und Phantasiegestalt in ihrem Gehirne. Trieben sie nicht zwischen dem altfränkischen Gegensatz von Gut und Böse, dem sie die modernen Namen von »Menschlich« und »Egoistisch« gegeben haben, unbefangen hin und her, so würden sie auch nicht den ergrauten »Sünder« zum »Egoisten« aufgefrischt und einen neuen Lappen auf ein altes Kleid geflickt haben. Aber sie konnten nicht anders, denn sie halten's für ihre Aufgabe, »Menschen« zu sein. Den Guten sind sie los, das Gute ist geblieben!
    Wir sind allzumal vollkommen, und auf der ganzen Erde ist nicht Ein Mensch, der ein Sünder wäre! Es gibt Wahnsinnige, die sich einbilden, Gott Vater, Gott Sohn oder der Mann im Monde
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