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Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Titel: Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)
Autoren: Max Stirner
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Aufgabe des Einzelnen, der Familie als dem Göttlichen zu dienen, sondern umgekehrt, dem Göttlichen zu dienen und die noch ungöttliche Familie ihm zuzuführen, d. h. im Namen der Idee alles zu unterwerfen, das Panier der Idee überall aufzupflanzen, die Idee zu realer Wirksamkeit zu bringen.
    Da es aber dem Christentum wie dem Altertum ums Göttliche zu tun ist, so kommen sie auf entgegengesetzten Wegen stets wieder darauf hinaus. Am Ende des Heidentums wird das Göttliche zum Außerweltlichen , am Ende des Christentums zum Innerweltlichen. Es ganz außerhalb der Welt zu setzen, gelingt dem Altertum nicht, und als das Christentum diese Aufgabe vollbringt, da sehnt sich augenblicklich das Göttliche in die Welt zurück und will die Welt »erlösen«. Aber innerhalb des Christentums kommt und kann es nicht dazu kommen, daß das Göttliche als Innerweltliches wirklich das Weltliche selbst würde: es bleibt genug übrig, was als das »Schlechte«, Unvernünftige, Zufällige, »Egoistische«, als das im schlechten Sinne »Weltliche« undurchdrungen sich erhält und erhalten muß. Das Christentum beginnt damit, daß der Gott zum Menschen wird, und es treibt sein Bekehrungs- und Erlösungswerk alle Zeit hindurch, um dem Gotte in allen Menschen und allem Menschlichen Aufnahme zu bereiten und alles mit dem Geiste zu durchdringen: es bleibt dabei, für den »Geist« eine Stätte zu bereiten.
    Wenn zuletzt auf den Menschen oder die Menschheit der Akzent gelegt wurde, so war es wieder die Idee, die man » ewig sprach «: »Der Mensch stirbt nicht!« Man meinte nun die Realität der Idee gefunden zu haben: Der Mensch ist das Ich der Geschichte, der Weltgeschichte; er, dieser Ideale , ist es, der sich wirklich entwickelt, d. h. realisiert. Er ist der wirklich Reale, Leibhaftige, denn die Geschichte ist sein Leib, woran die Einzelnen nur die Glieder sind. Christus ist das Ich der Weltgeschichte, sogar das der vorchristlichen; in der modernen Anschauung ist es der Mensch, das Christusbild hat sich zum Menschenbilde entwickelt: es ist der Mensch als solcher, der Mensch schlechthin der » Mittelpunkt « der Geschichte. In »dem Menschen« kehrt der imaginäre Anfang wieder; denn »der Mensch« ist so imaginär als Christus es ist. »Der Mensch« als Ich der Weltgeschichte schließt den Zyklus christlicher Anschauungen.
    Der Zauberkreis der Christlichkeit wäre gebrochen, wenn die Spannung zwischen Existenz und Beruf, d. h. zwischen Mir, wie Ich bin, und Mir, wie Ich sein soll, aufhörte; er besteht nur als die Sehnsucht der Idee nach ihrer Leiblichkeit und verschwindet mit der nachlassenden Trennung beider: nur wenn die Idee – Idee bleibt, wie ja der Mensch oder die Menschheit eine leiblose Idee ist, ist die Christlichkeit noch vorhanden. Die leibhaftige Idee, der leibhaftige oder »vollendete« Geist schwebt dem Christen vor als »das Ende der Tage«, oder als das »Ziel der Geschichte«; er ist ihm nicht Gegenwart.
    Nur Teil haben kann der Einzelne an der Stiftung des Gottesreiches oder, nach moderner Vorstellung von derselben Sache, an der Entwicklung und Geschichte der Menschheit, und nur soweit er daran Teil hat, kommt ihm ein christlicher oder, nach modernem Ausdruck, menschlicher Wert zu, im Übrigen ist er Staub und ein Madensack.
    Daß der Einzelne für sich eine Weltgeschichte ist und an der übrigen Weltgeschichte sein Eigentum besitzt, das geht übers Christliche hinaus. Dem Christen ist die Weltgeschichte das Höhere, weil sie die Geschichte Christi oder »des Menschen« ist; dem Egoisten hat nur seine Geschichte Wert, weil er nur sich entwickeln will, nicht die Menschheits-Idee, nicht den Plan Gottes, nicht die Absichten der Vorsehung, nicht die Freiheit u. dgl. Er sieht sich nicht für ein Werkzeug der Idee oder ein Gefäß Gottes an, er erkennt keinen Beruf an, er wähnt nicht, zur Fortentwicklung der Menschheit dazusein und sein Scherflein dazu beitragen zu müssen, sondern er lebt sich aus, unbesorgt darum, wie gut oder schlecht die Menschheit dabei fahre. Ließe es nicht das Mißverständnis zu, als sollte ein Naturzustand gepriesen werden, so könnte man an Lenaus »Drei Zigeuner« erinnern. – Was, bin Ich dazu in der Welt, um Ideen zu realisieren? Um etwa zur Verwirklichung der Idee »Staat« durch mein Bürgertum das Meinige zu tun, oder durch die Ehe, als Ehegatte und Vater, die Idee der Familie zu einem Dasein zu bringen? Was ficht Mich ein solcher Beruf an! Ich lebe so wenig nach einem Berufe, als die
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