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Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Titel: Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)
Autoren: Max Stirner
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zu sein, und so wimmelt es auch von Narren, die sich Sünder zu sein dünken; aber wie jene nicht der Mann im Monde sind, so sind diese – keine Sünder. Ihre Sünde ist eingebildet.
    Aber, wirft man verfänglicherweise ein, so ist doch ihr Wahnsinn oder ihre Besessenheit wenigstens ihre Sünde. Ihre Besessenheit ist nichts als das, was sie – zustande bringen konnten, das Resultat ihrer Entwicklung, wie Luthers Bibelgläubigkeit eben Alles war, was er herauszubringen – vermochte. Der Eine bringt sich mit seiner Entwicklung ins Narrenhaus, der Andere bringt sich damit ins Pantheon und um die – Walhalla.
    Es gibt keinen Sünder und keinen sündigen Egoismus!
    Geh' Mir vom Leibe mit Deiner »Menschenliebe«! Schleiche Dich hinein, Du Menschenfreund, in die »Höhlen des Lasters«, verweile einmal in dem Gewühl der großen Stadt: wirst Du nicht überall Sünde und Sünde und wieder Sünde finden? Wirst Du nicht jammern über die verderbte Menschheit, nicht klagen über den ungeheuern Egoismus? Wirst Du einen Reichen sehen, ohne ihn unbarmherzig und »egoistisch« zu finden? Du nennst Dich vielleicht schon Atheist, aber dem christlichen Gefühle bleibst Du treu, daß ein Kamel eher durch ein Nadelöhr gehe, als daß ein Reicher kein »Unmensch« sei. Wie viele siehst Du überhaupt, die Du nicht unter die »egoistische Masse« würfest? Was hat also deine Menschenliebe gefunden? Lauter unliebenswürdige Menschen! Und woher stammen sie alle? Aus Dir, aus deiner Menschenliebe! Du hast den Sünder im Kopfe mitgebracht, darum fandest Du ihn, darum schobst Du ihn überall unter. Nenne die Menschen nicht Sünder, so sind sie's nicht: Du allein bist der Schöpfer der Sünder: Du, der Du die Menschen zu lieben wähnst, Du gerade wirfst sie in den Kot der Sünde, Du gerade scheidest sie in Lasterhafte und Tugendhafte, in Menschen und Unmenschen, Du gerade besudelst sie mit dem Geifer deiner Besessenheit; denn Du liebst nicht die Menschen, sondern den Menschen. Ich aber sage Dir, Du hast niemals einen Sünder gesehen, Du hast ihn nur – geträumt.
    Der Selbstgenuß wird Mir dadurch verleidet, daß Ich einem Andern dienen zu müssen meine, daß Ich Mich ihm verpflichtet wähne, daß Ich Mich zu »Aufopferung«, »Hingebung«, »Begeisterung« berufen halte. Wohlan, diene Ich keiner Idee, keinem »höheren Wesen« mehr, so findet sich's von selbst, daß Ich auch keinem Menschen mehr diene, sondern – unter allen Umständen – Mir. So aber bin Ich nicht bloß der Tat oder dem Sein nach, sondern auch für mein Bewußtsein der – Einzige.
    Dir kommt mehr zu, als das Göttliche, das Menschliche usw.; Dir kommt das Deinige zu.
    Sieh Dich als mächtiger an, als wofür man Dich ausgibt, so hast Du mehr Macht; sieh Dich als mehr an, so hast Du mehr.
    Du bist dann nicht bloß berufen zu allem Göttlichen, berechtigt zu allem Menschlichen, sondern Eigner des Deinigen, d. h. alles dessen, was Du Dir zu eigen zu machen Kraft besitzest, d. h. Du bist geeignet und befähigt zu allem Deinigen.
    Man hat immer gemeint, Mir eine außerhalb Meiner liegende Bestimmung geben zu müssen, so daß man zuletzt Mir zumutete, Ich sollte das Menschliche in Anspruch nehmen, weil Ich – Mensch sei. Dies ist der christliche Zauberkreis. Auch Fichtes Ich ist dasselbe Wesen außer Mir, denn Ich ist Jeder, und hat nur dieses Ich Rechte, so ist es »das Ich«, nicht Ich bin es. Ich bin aber nicht ein Ich neben andern Ichen, sondern das alleinige Ich: Ich bin einzig. Daher sind auch meine Bedürfnisse einzig, meine Taten, kurz Alles an Mir ist einzig. Und nur als dieses einzige Ich nehme Ich Mir Alles zu eigen, wie Ich nur als dieses Mich betätige und entwickle: Nicht als Mensch und nicht den Menschen entwickle Ich, sondern als Ich entwickle Ich – Mich.
    Dies ist der Sinn des – Einzigen.

Der Einzige
    Vorchristliche und christliche Zeit verfolgen ein entgegengesetztes Ziel; jene will das Reale idealisieren, diese das Ideale realisieren, jene sucht den »heiligen Geist« , diese den »verklärten Leib«. Daher schließt jene mit der Unempfindlichkeit gegen das Reale, mit der »Weltverachtung«; diese wird mit der Abwerfung des Idealen, mit der »Geistesverachtung« enden.
    Der Gegensatz des Realen und Idealen ist ein unversöhnlicher, und es kann das eine niemals das andere werden: würde das Ideale zum Realen, so wäre es eben nicht mehr das Ideale, und würde das Reale zum Idealen, so wäre allein das Ideale, das Reale aber gar nicht. Der Gegensatz
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