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Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman

Titel: Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman
Autoren: Luchterhand
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sich vom Erlös u. a. ein größeres Boot
und segelt seitdem wahrscheinlich pausenlos um die Welt. Der neue Besitzer entließ die gesamte Eloxim-Belegschaft. Das hatte nichts mit unserer Person oder unserer fachlichen Kompetenz zu tun, im Gegenteil, unsere Person und unsere fachliche Kompetenz spielten nicht die geringste Rolle. Das mag im Falle von Darius Kopp auch nicht anders gewesen sein, nur, dass man ihn als Einzigen nicht feuerte, sondern ihm die Leitung des »gemeinsamen« Büros für das deutschsprachige Mitteleuropa sowie Osteuropa anvertraute. Ab heute bin ich der einzige Mann auf dem ganzen Kontinent, Flora. Sales and regional sales manager Darius Kopp in the D/A/ CH region and Eastern Europe, in Diensten von Fidelis Wireless, the global pioneer in developing and supplying scalable broadband wireless networking systems for enterprises, governments and service providers. TURN TO US.
    Es war schon mitten in der Nacht, als er nach Hause fand, sie waren noch einen saufen, keiner war ihm böse, aber er musste einen ausgeben, anschließend war er schlau genug, ein Taxi zu nehmen, er stieß die Schlafzimmertür auf, sie hatte schon geschlafen, nun wachte sie auf und hörte ihn die Sätze sagen, die ihm während der Taxifahrt eingefallen waren, und die er für so brillant hielt, wie lange nichts mehr: Ich bin Gott. Oder zumindest gottähnlich. Und dann drehte er sich ins Profil, damit das Licht vom Flur seinen vollen Bauch beleuchten konnte und sagte: Schau, wie eine Kathedrale. Später relativierte er den Gott-Satz so: Ich bilde mir nicht allzu viel ein, Flora. Ich weiß, es gibt (immer wieder) fachlich Kompetentere und es gibt Effektivere, aber ich bin: sympathisch (dass ich außerdem vertrauenswürdig, engagiert und loyal bin, wissen sie vermutlich gar nicht), und manchmal zählt eben: das - er zeigte auf seine Nase.
    Darius Kopp würde nicht darauf herumreiten, aber auf
Nachfrage würde er bestätigen, dass er bis jetzt eher Glück als Unglück in seinem Leben und seiner so genannten Karriere hatte. Zur Wende saß er in einem Rechenzentrum in seiner Heimatstadt. Obwohl es klar war, dass es in absehbarer Zeit geschlossen werden würde, hat ihn der Chef (Doc Richter) eingestellt: Du sollst dieses neue Leben nicht gleich als Arbeitssuchender anfangen. Später gründete Doc Richter eine eigene Firma, und nahm zwei seiner Mitarbeiter mit, unter ihnen Kopp. Wenig später gab er die Firma wieder auf, besorgte aber Kopp eine Anstellung bei H&I (nicht Hase und Igel, sondern Holler und Imre), einer lokalen Größe in Softwarefragen. Später traf Kopp jemanden an der Straßenbahnhaltestelle, der ihn fragte, ob er nicht seinen Job in der Hauptstadt haben wolle. Und so weiter und so fort. Ich wurde immer weitergereicht, wie ein Staffelstab, das kann mit meinen Kompetenzen zusammenhängen, aber noch mehr hängt es offenbar mit meiner Person zusammen. Man mag mich.
    So lange, bis vor einem halben Jahr ein neuer Europachef eingestellt wurde, ein gewisser Anthony Mills. Nun, dieser Anthony Mills ist der Erste seit Jahrzehnten, der Darius Kopp nicht mag. Ich kann es kaum fassen, Flora, aber so ist es. Man hat mir zugetragen, dass er ein Deutschenhasser ist. Ich hätte nicht gedacht, dass es so etwas noch gibt. - Wer hat dir das zugetragen, und woher weiß er es? - Vor einigen Wochen kam es dann zu einer mittleren Eskalation.
    Es war ein ganz ähnlicher Tag wie der heutige, er fing also gemütlich an. Kopp war etwas früher im Büro als heute, er hatte Flora zur Arbeit gebracht, mit dem Auto, denn er hatte noch seinen Führerschein.
    Bis Mittag lief alles wie immer. Der Cappuccinoautomat, das Internet, E-Mails, Telefonate. Zu Mittag, das weiß er noch wie heute, holte er sich eine mit Porchetta und gegrilltem Gemüse
belegte Ciabatta und aß sie auf einer Steinbank, im Schatten eines Baumes sitzend. Er stand gerade auf, die zerknüllte Papiertüte und die Serviette in der Hand, als sein Handy klingelte.
    Am Apparat war ein Mensch, den wir der Einfachheit halber nur den Armenier nennen. Er selbst war gar kein Armenier, sondern Grieche, Vertreter (Sprecher? Berater?) zweier ehemaliger (armenischer) Spitzensportler, die ihr Geld anlegen wollten, indem sie ihre Heimatstadt Saitakan mit drahtlosem Breitbandinternet versorgten. Der Armenier (Grieche) war immer etwas (nein: ziemlich) aufgedreht, er lachte pausenlos ins Telefon (Könnte auch eine Marotte sein, aber Kopp dachte: Hasch, möglicherweise Koks), während er von endlosen
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