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Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Antonio Hill
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Miene und gerunzelter Stirn zu.
    »Leire hat tatsächlich kaum etwas herausgefunden, allerdings hatte sie auch nicht viel Zeit«, schloss die Unterinspektorin.
    Draußen schneite es, hatte jemand gesagt. In diesem Büroraum war die Atmosphäre auch nicht gerade erwärmend.
    »Martina«, sagte er nach einem kurzen Schweigen, »du weißt, wenn nicht du mir das erzählen würdest, müsste ich eine Reihe von Maßnahmen ergreifen.«
    »Auch dann, Lluís. Aber keine Sorge, ich bin bereit, es auf mich zu nehmen.«
    »Lass mich darüber nachdenken. Am Ende der Woche ist man zu müde. Wenn ich eins gelernt habe, dann dass es kein guter Moment ist, etwas zu entscheiden.«
    »Es ist jedenfalls alles sortiert, registriert und der Akte Ruth Valldaura beigelegt. Viel ist es ohnehin nicht: der Inhalt der Mappe, die Castro aus Ruths Wohnung mitgenommen hat, und ein paar handschriftliche Notizen. Dazu die Videos, die sie von Fernández erhalten hat. Das mit dem Sternchen ist das Video, auf dem Ruth erscheint.«
    »Arme Ruth«, sagte Savall. »Diesen düsteren Vogel von nahem zu sehen war bestimmt keine angenehme Erfahrung, das kann ich dir sagen.« Er sprach nun leiser. »Ich nehme an, Ruth wollte sich für Héctor einsetzen. Als könnte man diesen Mann von irgendwas überzeugen.«
    »Mag sein. Aber das hilft uns nicht weiter. Omar ist tot, und unter uns gesagt, diesem Anwalt, der ihn umgebracht hat, sollte man eine Kur spendieren, statt ihn ins Gefängnis zu stecken.«
    »Natürlich wird niemand Omar vermissen«, sagte Savall. »Ich schwöre dir, nur selten hatte ich mit einem so niederträchtigen Kerl zu tun.«
    »Ja, ich habe ihn noch in Erinnerung. Hier ist jedenfalls alles drin.« Martina zögerte, dachte über ihren nächsten Satz nach. »Lluís, ich weiß, es steht mir nicht zu, aber ich möchte dich um etwas bitten. Leire hat das alles in ihrer Freizeit gemacht, lass sie in Ruhe. Wenn du ein Disziplinarverfahren gegen mich einleiten musst, tu es.«
    Er machte seine typische, wegwerfende Handbewegung.
    »Du weißt, dass ich es nicht tue. Dafür arbeiten wir schon zu lange zusammen, Martina.«
    »Danke«, sagte sie. Im Grunde hatte sie es erwartet, nur wissen konnte man es nie. »Und weil wir ein so großes Vertrauen zueinander haben, möchte ich auch, dass du weißt, dass weder ich noch Castro uns in die Sache eingemischt hätten, wenn die Ermittlung in anderen Händen gelegen hätte.«
    Sie sagte es in aller Offenheit, auch wenn sie genau wusste, dass Ruth Valldauras Fall dazu verdammt schien, nie aufgeklärt zu werden. Es war nicht das erste Mal, dass so etwas passierte, und es würde auch nicht das letzte Mal sein.
    Savalls Miene schlug um.
    »Ich glaube nicht, dass du es dir leisten kannst, Bellver zu kritisieren. Nicht jetzt, nicht vor mir. Und falls du Salgado meinst: Ich möchte nicht, dass er sich noch mal einmischt. Es war ein Fehler, es ihm am Anfang zu gestatten. Es war gegen jede Logik, das weißt du. Außerdem gegen alle Vorschriften.«
    »Vorschriften … Die Guten haben zu viele, und die Bösenhaben keine, das weißt du genauso.« Martina wollte schon aufstehen, schaute dann aber nur ihren Chef an und fügte leise hinzu: »Gib den Fall wenigstens jemand anderem, Lluís. Wenn ich Héctor wäre, und Bellver würde einen Fall bearbeiten, der mich persönlich betrifft … Was soll’s, egal. Ich halte besser den Mund.«
    »Ja.« Er atmete tief ein, und sein Rumpf schien sich aufzublähen. »Lassen wir das, es ist Freitag und schon Abend. Kommissare sollten um diese Uhrzeit nicht arbeiten.«
    »Familienmütter auch nicht«, erwiderte sie, schon auf dem Weg zur Tür.
    »Apropos, wie geht es Castro?«, fragte Savall.
    »Gut. Das Kind ist ein paar Wochen zu früh gekommen, aber ohne große Komplikationen.«
    »Das glaube ich gern, dass der Sohn der Kollegin Castro es eilig hatte«, scherzte er. »Selten war mir jemand unterstellt, der ungeduldiger gewesen wäre.«
    Martina lächelte. Eine ähnliche Bemerkung hatten alle gemacht, die Leire Castro kannten.
    Vom Fenster ihres Krankenhauszimmers aus betrachtete auch Leire dieses für Barcelona so unpassende Schneetreiben. Alles scheint sich zu verändern, sagte sie sich, angefangen bei mir selbst. Sie hatte eben Abel im Arm gehabt, nur kurz, weil das Baby zu wenig wog und wieder in den Brutkasten musste, wo es dann lag wie ein wehrloses Versuchskaninchen voller Plastikschläuche. Als die Krankenschwester ihr sagte, sie solle es in den Glaskasten zurücklegen, gehorchte
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