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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05
Autoren: Stephen R. Donaldson
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gebeten hatte, Essen und Badewasser zu besorgen, machte sich in ihr eine Anspannung bemerkbar, die bislang nur unterhalb ihrer Aufregung zu spüren gewesen war; als die herbe Gegenwart des Haruchai aus ihrer Nähe verschwand, schien in ihrem Innern ein Schleier entfernt zu werden. Eine Hand der Finsternis, so schien es, irgendwo tief in der Dromond verborgen, streckte einen düsteren Finger nach ihrem Herzen. Bei dieser Berührung zerfielen all ihre Erleichterung, ihre Erwartung und das Gefühl des Neuen wie eine vom Meer überschwemmte Sandburg. Ein alter, halb vergessener Trübsinn begann sich wieder in ihr auszubreiten. Er glich einem Geruch nach Gibbon und nach ihren Eltern. Was hatte sich denn tatsächlich für sie verändert? Welches Recht oder was für einen Grund besaß sie überhaupt, daß sie sich hier aufhielt, wo sie war? Nach wie vor war sie dieselbe Person – eine Frau, deren ganzer Antrieb aus dem Bedürfnis nach Flucht statt nach einer richtigen Lebensführung bestand. Sie wußte nicht, wie sie sich ändern sollte. Und der na-Mhoram hatte ihr ausdrücklich jede Hoffnung versagt. Geschmiedet wirst du, wie man Eisen schmiedet , hatte er geäußert, um die Vernichtung der Erde herbeizuführen. Weil du für das empfänglich bist, was kein anderer im Lande mehr wahrzunehmen vermag, bist du auch dafür empfänglich, geschmiedet zu werden. Sie würde nie wieder frei sein von seiner begierigen Grausamkeit, der eisigen Bosheit, mit denen er ihr ureigenstes Fleisch besudelt hatte; und ebensowenig von der Art und Weise, wie sie darauf reagierte. Seine Verheißung des Unheils kam ihr nun vollauf wieder zu Bewußtsein, schwoll in ihr, als stiege sie durch den Kiel der Sternfahrers Schatz zu ihr auf, als wäre die gesunde Lebendigkeit der Dromond in Wirklichkeit ein Krebsgeschwür, das an den Riesen und ihrem Schiff fraß. Diese Schwärze hatte in ihrem Leben schon vieles zum Unseligen gewendet. Sie stand für ihre Eltern, ihren Vater und ihre Mutter. Und sie war auch jetzt noch da. Sie war in ihrem Innern, und doch atmete sie sie, als befände sie sich auch in der Luft. Ein Schicksal, das sie weder voraussehen konnte noch ertragen würde können, schien auf sie zu lauern, und sie empfand ihre Kabine auf einmal mehr wie eine Zelle im Kerker Schwelgensteins als wie eine von Sonnenschein durchströmte Räumlichkeit inmitten der Gesellschaft von Riesen.
    Für etliche ausgedehnte Momente kämpfte sie gegen diese Niedergeschlagenheit an, versuchte die seltsame Art und Weise zu verstehen, in der sie von außen auf sie einzudringen schien. Aber ihre Vergangenheit war zu mächtig; sie beeinträchtigte ihr Wahrnehmungsvermögen. Lange bevor Cail wiederkam, floh sie die Kabine und kehrte an die frische Luft zurück. Mit Händen, die zitterten, klammerte sie sich an die Steuerbordreling, schluckte mehrmals mit großer Mühe, um das kalte Entsetzen zu verdrängen, das ihr die Kehle einschnürte, weil sie es wie ein untragbares Eingehen auf Gibbons Berührung empfand. Allmählich jedoch wich die Finsternis aus ihr; sie konnte sich nicht vorstellen, wodurch das geschah, aber sie hatte instinktiv den Eindruck, daß zwischen ihr und der Quelle ihres Trübsinns einiges an Abstand geschaffen worden sein mußte. In dem Streben, diesen Abstand zu vergrößern, wandte sie sich zur nächsten Stiege, die auf das Achterkastell führte.
    Ceer war an ihre Seite gekommen, um auf sie zu achten, solange Cail ausblieb. Es fehlte wenig, und sie hätte sich an ihn gelehnt, ihre Zerbrechlichkeit gegen seine Unerschütterlichkeit gestützt. Aber solche Schwäche war ihr zuwider. Darum bemüht, ihre Verfassung zu mißachten, erklomm sie die Stiege aus eigener Kraft.
    Droben fand sie Grimme Blankehans, die Erste, Covenant, Brinn und eine Riesin vor, die das große Steuerrad hielt, das der Steuerung des Schiffs diente. Das Steuerrad war aus Stein und eineinhalbmal so hoch wie Linden; die Riesin jedoch drehte seine Speichen mit einer Leichtigkeit, als wäre es aus Balsaholz. Grimme begrüßte die Auserwählte, und die Erste nickte ihr zu; dennoch hatte Linden unverzüglich das Gefühl, eine Diskussion unterbrochen zu haben. Covenant schaute sie an, als habe er vor, sie nach ihrer Meinung zu fragen. Doch da schloß er den Mund und musterte sie mit erhöhter Eindringlichkeit. Er sprach sie an, ehe sie etwas sagen konnte. »Linden, was ist los?«
    Linden schnitt eine Miene des Mißmuts, verärgert und beschämt infolge der Durchsichtigkeit ihrer
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