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Der Einfaltspinsel

Der Einfaltspinsel

Titel: Der Einfaltspinsel
Autoren: Tom Sharpe
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Welt …«
    »Vergiss, was dein Vater sagt. Und benutze solche Wörter ja nicht in Wilma.«
    »Welches? Bombastisch? Dad sagt, das sei das entscheidende Wort. Die Amerikaner lassen in Afghanistan aus zehntausend Metern Höhe Bomben fallen und töten Tausende Frauen und Kinder.«
    »Und verfehlen obendrein die eigentlichen Ziele«, ergänzte Emmeline.
    »Du weißt ganz genau, welches Wort«, fauchte Eva, bevor die vier richtig in Fahrt kamen. Sie wollte sich auch nicht verleiten lassen, selbst das Wort »Wichser« zu verwenden.
    Josephine war keine Hilfe. »Wichser heißt nichts weiter als masturbieren und …«
    »Halt den Mund. Und ich möchte dich nie dabei erwischen, wie du solche Ausdrücke vor … nun, egal wem gebrauchst. Sie sind ekelhaft.«
    »Ich wüsste nicht warum. Es ist nicht verboten, und die meisten Menschen machen es andauernd, weil sie keine …«
    Aber Eva hörte nicht mehr zu. Sie sah sich mit einem anderen Problem konfrontiert.
    Soeben war Emmeline mit ihrer zahmen Ratte nach unten gekommen. Das Tier war lang, hatte silbriges Fell, war von ihr in einer Zoohandlung gekauft und auf den Namen Freddy getauft worden, und jetzt wollte sie es nach Wilma mitnehmen und Tante Joan zeigen.
    »Das geht aber nicht«, teilte Eva ihr mit. »Kommt gar nicht in Frage. Wie du weißt, hat sie vor Mäusen und Ratten eine Heidenangst.«
    »Aber Freddy ist doch so niedlich. Bestimmt würde sie so ihre Phobie überwinden.«
    Was Eva bezweifelte. Emmeline hatte dem Tier beigebracht, es sich unter ihrem Pulli gemütlich zu machen und dort herumzulaufen. Das geschah häufig, wenn Gäste zum Tee kamen, die mit Fassungslosigkeit reagierten. Mrs. Planton war sogar ohnmächtig geworden, als sie sah, wie sich scheinbar eine halbwüchsige Brust über Emmys Oberkörper bewegte.
    »Es ist ohnehin verboten, Tiere aus dem Land zu schaffen und später wieder einzuführen. Sie könnten Tollwut haben. Nein, die Ratte kommt nicht mit, und das ist mein letztes Wort.«
    Alles in allem war es ein grauenvoller Abend, und Eva hatte keine gute Laune, als Wilt augenscheinlich recht selbstzufrieden nach Hause kam. Eva hatte immer das Gefühl, dass er etwas im Schilde führte, wenn er so aussah.
    »Vermutlich hast du wieder getrunken«, sagte sie, um ihn in die Defensive zu drängen.
    »Um die Wahrheit zu sagen: Ich habe den lieben langen Tag kein einziges Bier angerührt. Meine Exzesse gehören der Vergangenheit an.«
    »Ich wünschte nur, der Großteil deiner schmutzigen Ausdrücke gehörte auch der Vergangenheit an. Wie kannst du den Mädchen bloß beibringen, zu fluchen wie die … wie die … tja, eben schmutzige Wörter zu verwenden.«
    »›Kesselflicker‹ wolltest du sagen«, fügte Wilt hinzu.
    »Kesselflicker? Was meinst du mit ›Kesselflicker‹? Wenn das noch so ein schmutziger Ausdruck ist, dann …«
    »Es ist eine Redensart. Fluchen wie die Kesselflicker heißt …«
    »Ich will’s nicht wissen. Schlimm genug, dass Josephine über Wichsen und Masturbieren redet, da musst du nicht noch nach Hause kommen und sie ermutigen.«
    »Ich ermutige sie nicht, über Wichsen zu reden. Das ist gar nicht nötig. In der Klosterschule schnappen sie viel schlimmere Ausdrücke auf. Egal, ich will nicht streiten. Ich werde jetzt ein Bad nehmen, an nichts Schmutziges denken und nach dem Abendessen sehen, was im Fernsehen läuft.«
    Er stapfte nach oben, ehe Eva einen Spruch loswerden konnte über die Sorte Gedanken, die er im Bad haben würde. Ohnehin war das Bad von Emmeline besetzt. Wilt ging wieder nach unten, nahm im Wohnzimmer Platz, las in dem Buch über Revolutionstheorie und fragte sich, wie jemand, der noch ganz bei Trost war, glauben konnte, blutig verlaufende Revolutionen wären etwas Gutes. Als Emmeline endlich aus dem Badezimmer kam, war es für ihn zu spät, noch ein Bad zu nehmen. Stattdessen wusch er sich die Hände und ging zum Abendessen nach unten, wo es Eva partout nicht gelingen wollte, die Vierlinge zu überreden, sich mit den Klamotten anzufreunden, die sie ausgesucht hatte, um damit Tante Joan zu beeindrucken.
    »Ich zieh kein albernes Kleid an, in dem ich aussehe, als wär ich einem alten Cowboyfilm entsprungen«, sagte Penelope.
    »Für niemanden.«
    »Aber ihr seht in den karierten Sommerkleidchen so hübsch aus …«
    »Wir ziehen’s nicht an. Wir sehen darin grotesk aus. Warum können wir nicht unsere normalen Sachen nehmen?«
    »Aber ihr wollt doch einen guten Eindruck machen, und alte Jeans und Rockerstiefel
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