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Der Einfaltspinsel

Der Einfaltspinsel

Titel: Der Einfaltspinsel
Autoren: Tom Sharpe
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…«
    Wilt ließ die fünf Streithühner zurück und begab sich in das Gästezimmer, das er als Arbeitszimmer benutzte, wo er das Messtischblatt des West Country und die Strecke betrachtete, der er auf seiner Wanderung folgen wollte. Brampton Abbotts, King’s Chaple, Hoarwithy, Little Birch und dann über Dewchurch hoch nach Holme Lacy. Und dann weiter über die Dinedor Hills nach Hereford mit der großen Kathedrale, in der sich die Mappa Mundi befand – eine Karte der damals, im Mittelalter, bekannten Welt. Anschließend weiter dem Fluss Wye folgend durch Sugwas Pool, Bridge Sollers, Mansell Gamage nach Moccas und Bredwardine, bis er schließlich die kleine Bücherstadt Hay-on-Wye erreichte. Dort wollte er vielleicht zwei, drei Tage bleiben, abhängig vom Wetter und von den Büchern, die er kaufte. Anschließend würde er wieder nach Norden aufbrechen, über Upper und Lower Hergest, Letzteres lag auf der Karte offenbar darüber. Es war eine alte Karte, auf deren Rückseite Stoff klebte, und es war schwierig, an den Faltstellen die Namen zu lesen. Es waren weder Autobahnen noch sonst etwas verzeichnet, das nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut worden war, doch auch das war ihm nur recht. Er wollte nicht das neue England haben, sondern das alte England, und mit solchen Namen auf der Karte würde er es garantiert finden. Als er zu Bett ging, war der Streit im Erdgeschoss abgeklungen. Eva hatte bei den Karo-Kleidern nachgegeben, und die Vierlinge hatten versprochen, nicht ihre ältesten und am meisten geflickten Jeans zu tragen. Rockerstiefel waren auch gestrichen.

5
    Die nächsten vierzehn Tage hielt sich Wilt so viel wie möglich vom Haus fern und feilte am Stundenplan des kommenden Schuljahres, während Eva herumwuselte und überlegte, welche wirklich wichtigen Dinge sie vergessen haben mochte, die Henry während ihrer Abwesenheit erledigen musste.
    »Und vergiss nicht, Tibby abends ihr Trockenfutter zu geben. Ihre große Dose Cattomeat kriegt sie morgens. Ach ja, dann sind da noch ihre Vitaminpillen. Die zerstößt du in einer Untertasse, gießt oben von der Milch ein wenig Sahne drauf und rührst …«
    »Ja«, sagte Wilt, der nicht die Absicht hatte, die Katze zu füttern. Sobald Eva und die Mädels unterwegs nach Wilma waren, wanderte Tibby in die Katzenpension an der Roltay Road.
    Er löste auch noch ein anderes Problem.
    Er würde Bargeld mitnehmen und dazu die Rücklagen aus seinem Bausparvertrag verwenden. Die waren immer für private Notfälle reserviert gewesen, und er hatte Eva nie von ihrer Existenz erzählt.
    Er traf noch eine Entscheidung. Er würde keine Landkarte mitnehmen. Wilt wollte seine Umwelt unvoreingenommen betrachten und eigene Entdeckungen machen. Er würde dorthin gehen, wohin ihn die Landschaft führte, und zwar ohne zu wissen, wo er sich gerade befand, und ohne dass er eine Karte zu Rate zog. Er würde einfach westwärts fahren, den erstbesten Bus nehmen und aussteigen, sobald er etwas Interessantes entdeckte. Der Zufall sollte seinen Urlaub bestimmen.

6
    Eine Woche später, nachdem er Eva und die Mädels nach Heathrow gebracht und zugesehen hatte, wie sie hinter der Abfertigung verschwanden, fuhr Wilt zurück in die Oakhurst Avenue und brachte Tibby zum »Pfötchenhotel« nach Oldsham in der Gewissheit, dass Eva wahrscheinlich nichts davon erfahren würde, weil er bar bezahlt und nicht ihre gewohnte Katzenpension aufgesucht hatte. Als er dieses Problem abgehakt hatte, aß Wilt zu Abend und ging schlafen. Am nächsten Morgen stand er früh auf und verließ das Haus um sieben Uhr. Er ging zum Bahnhof, um einen Zug nach Birmingham zu nehmen. Von dort würde er per Bus reisen. Seine Flucht aus Ipford und der Berufsschule hatte begonnen. Am Abend würde er sich gemütlich in einem Pub niedergelassen haben, wo ein Kaminfeuer brannte, mit einem guten Essen im Bauch und einem Glas Bier oder besser noch, mit richtigem Ale vor sich.

    Eva ging es nicht so fantastisch, wie sie erwartet hatte. Der Start verzögerte sich um über eine Stunde. Die Maschine war bereits am Ende der Rollbahn angelangt, als der Flugkapitän verkündete, einem Passagier in der ersten Klasse gehe es nicht gut, deshalb müssten sie zum Flughafengebäude zurück. Dadurch verloren sie natürlich ihren Platz in der Startwarteschlange, und zu allem Übel mussten auch noch die Koffer des Kranken aufgespürt und ausgeladen werden, weil die Maschine mit dem Gepäck eines nicht mehr an Bord befindlichen Passagiers nicht losfliegen
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