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Der Einfaltspinsel

Der Einfaltspinsel

Titel: Der Einfaltspinsel
Autoren: Tom Sharpe
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durfte. Das Gepäck des Kranken zu finden hieß, sämtliche Taschen und Koffer aus dem Gepäckraum zu holen und Stück für Stück durchzugehen. Inzwischen lagen sie eine ganze Weile hinter dem Zeitplan, und Eva, die noch nie in einem so großen Flugzeug geflogen war, wurde allmählich richtig unruhig. Natürlich konnte sie das vor den Mädchen nicht zeigen, die sich köstlich amüsierten. Sie drückten auf Knöpfe, so dass die Rückenlehnen der Sitze nach hinten klappten, probierten Ohrhörer auf, ließen die Tische an den Vordersitzen runter und beschäftigten sich ganz allgemein zum Verdruss anderer Passagiere.
    Dann hatte Penelope mit lauter Stimme darauf bestanden, sie müsse mal aufs Klo, und Eva musste sich an dem Mann am Ende der Sitzreihe vorbeiquetschen, um sie zu begleiten. Als sie zurückkamen und Eva sich wieder auf ihren Sitz gequetscht hatte, sagte Josephine, sie müsse auch mal. Eva nahm sie, Emmeline und Samantha mit, für alle Fälle. Mittlerweile – und sie hatten sich Zeit gelassen, diverse Knöpfe und die Toilettenspülung ausprobiert – musste Eva selbst, doch ausgerechnet in diesem Moment erfolgte die Durchsage, die Passagiere müssten zum Start auf ihre Sitze zurückkehren. Erneut legte Eva den schwierigen Gang an dem Mann am Ende der Reihe vorbei zurück, der etwas in einer fremden Sprache sagte, was sie zwar nicht verstand, was aber vermutlich nicht sehr nett war. Als sie schließlich ihre Flughöhe erreicht hatten und sie wieder zur Toilette gehen durfte und es noch dazu recht eilig hatte, waren keine Fremdsprachenkenntnisse erforderlich, um zu merken, dass er alles andere als Nettigkeiten von sich gab. Eva rächte sich, indem sie ihm auf dem Rückweg zu ihrem Sitz auf den Fuß trat. Diesmal machte er unmissverständlich klar, was er dachte. »Fuck«, sagte er. »Passen Sie gefälligst auf, wo Sie hintreten. Ich bin kein Fußabtreter.«
    Eva drückte auf den Signalknopf für die Stewardess und meldete die Angelegenheit.
    »Dieser Mann – ich werde ihn nicht Herr nennen – sagte …«
    Sie verstummte, weil ihr die Vierlinge einfielen. »Nun, er hat ein Schimpfwort benutzt.«
    »Er hat ›Fuck‹ gesagt«, präzisierte Josephine.
    »Er hat ›Fuck you‹ gesagt«, ergänzte Penelope.
    Die Stewardess schaute von Eva zu den Mädchen und wusste, ihr stand ein schlimmer Flug bevor.
    »Tja, also, manche Männer tun das«, sagte sie beschwichtigend.
    »Nein, tun sie nicht«, widersprach Samantha. »Nicht die impotenten. Die können’s nicht.«
    »Halt den Mund«, raunzte Eva sie an und versuchte, die Stewardess entschuldigend anzulächeln, die jedoch nicht zurücklächelte.
    »Es stimmt aber«, meldete sich Emmeline von der anderen Seite des Gangs. »Sie kriegen keine Erektion.«
    »Emmeline, wenn ich noch ein Wort von dir höre«, blaffte Eva, »werde ich …« Sie rappelte sich auf, doch der Mann neben ihr war schneller.
    »Fuck, hören Sie mal zu, was sie gesagt hat, geht mir am Arsch vorbei. Sie machen mir nicht noch mal die Füße platt.«
    Triumphierend sah Eva die Stewardess an. »Da hören Sie’s, was habe ich Ihnen erzählt?«
    Doch der Mann wandte sich auch an die Stewardess.
    »Haben Sie einen anderen Sitz? Ich sitze hier nicht die nächsten sieben Stunden neben diesem Nilpferd, das können Sie mir glauben.«
    Es war eine durch und durch unangenehme Szene, und als alle beruhigt worden waren und der Mann einen anderen Sitz bekommen hatte, möglichst weit entfernt von Eva und den Vierlingen, ging die Stewardess zurück in die Bordküche.
    »Achtung: Reihe 31 macht Ärger. Vier Mädchen und eine Mutter, die wie eine Gewichtheberin gebaut ist. Kreuzt man die mit Tyson, würde kein Mensch auch nur eine einzige Runde mit ihr überstehen.«
    Der Steward sah die Reihe entlang.
    »Einunddreißig ist verdächtig«, sagte er.
    »Wer hätte das gedacht.«
    Doch der Steward betrachtete den Mann auf dem Fensterplatz. Genau wie zwei Männer in grauen Anzügen fünf Reihen hinter ihm.

    So begann der Flug. Er wurde nicht viel besser. Samantha verschüttete ihre Coke, und zwar alles, auf die Hose des Mannes am Fenster, der sagte: »Vergiss es, so was kommt vor«, auch wenn er es in einem nicht sehr netten Ton sagte und anschließend auf die Toilette ging. Auf dem Weg dorthin bemerkte er etwas, das dafür sorgte, dass er viel länger auf dem Klo blieb, als nötig gewesen wäre, um die Hose zu säubern oder auch um sich zu erleichtern. Doch schließlich tauchte er wieder auf, ziemlich ruhig wirkend,
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