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Der Einbruch des Meeres

Der Einbruch des Meeres

Titel: Der Einbruch des Meeres
Autoren: Jules Verne
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Stelldicheins ungefähr noch einen Flintenschuß weit.
    Kaum hatte Horeb aber ein gewundenes Gäßchen betreten, als ein Geräusch von Schritten und Stimmen ihn zum Stehenbleiben veranlaßte. Ein Dutzend Soldaten – es waren Spahis – näherten sich singend und lachend von der andern Seite her. Die Leute mochten in den benachbarten Schenken wohl etwas zu lange beim Glase gesessen haben.
    Ahmet hielt es für geraten, der Begegnung mit ihnen auszuweichen, und zog sich mit Djemma, Sohar und Horeb nach einer finstern Bodensenkung in der Nähe der französisch-arabischen Schule zurück.
    Hier unten lag ein Brunnen mit hohem, hölzernem Überbau, der die Welle trug. um die die Kette der Schöpfeimer gewunden war.
     

    Umgebung der französisch-arabischen Schule (S. 17.)
     
    Sofort flüchteten sich alle hinter diesen Brunnen, dessen hohe Einfassung sie vollständig verbarg.
    Der Soldatentrupp kam näher und hielt sogar an, als einer davon rief:
    »Zum Henker… ich konnte um vor Durst!
    – So trink’ doch, da ist ja ein Brunnen, antwortete der Wachtmeister Nicol.
    – Wasser trinken? Das fehlte mir gerade noch, Marchef! 2 erwiderte der Brigadier Pistache.
    – So rufe Mohammed an, vielleicht verwandelt er das Wasser in Wein.
    – Ah, wenn ich das wüßte!
    – Da würdest du wohl auf der Stelle Mohammedaner?

    – Nein, Marchef, das doch nicht, und da Allah seinen Gläubigen den Wein verboten hat, würde er für Ungläubige ein solches Wunder wohl kaum zulassen.
    – Gut gebrüllt, Pistache! rief ihm der Wachtmeister launig zu, doch dann vorwärts nach unserm Posten!«
    Als ihm die Soldaten schon folgen wollten, parierte er aber noch einmal sein Pferd.
    Zwei Männer kamen die Straße herauf, und der Wachtmeister erkannte in ihnen einen Kapitän und einen Leutnant von seinem Regimente.
    »Halt! kommandierte er seinen Leuten, die die Hände stramm an ihre Chechia legten.
    – Ah, rief der Kapitän, das ist ja der wackre Nicol?
    – Herr Kapitän Hardigan? antwortete der Marchef mit etwas Überraschung im Tone seiner Stimme.
    – Derselbe.
    – Wir sind eben erst von Tunis eingetroffen, setzte der Leutnant Vilette hinzu.
    – Und werden bald zu einer Expedition aufbrechen, der Sie sich auch anzuschließen haben, Nicol.
    – Zu Befehl, Herr Kapitän, antwortete der Unteroffizier, stets bereit, Ihnen zu folgen, wohin es auch sei.
    – Ja ja… das weiß ich! sagte Kapitän Hardigan. Und Ihr alter Bruder, wie geht’s dem?
    – Vortrefflich… der ist fest auf seinen vier Beinen; ich sorge schon dafür, sie nicht rosten zu lassen.
    – Recht so, Nicol! Und wie steht’s mit Coupe-à-Coeur? Immer noch befreundet mit dem alten Bruder?
    – Noch wie seither, Herr Kapitän. Mir kommt’s manchmal vor, als ob die beiden Zwillinge wären.
    – Das wäre ja drollig… ein Pferd und ein Hund! rief der Kapitän lachend. Na, seien Sie darüber ruhig, Nicol, die sollen auch nicht getrennt werden, wenn wir abmarschieren.
    – Wahrlich, das überlebten sie auch nicht, Herr Kapitän.«
    Eben dröhnte jetzt ein dumpfer Knall vom Meere her.
    »Was bedeutet das? fragte der Leutnant Vilette.
    – Jedenfalls war es ein Kanonenschuß von dem Kreuzer, der im Golfe ankert.
    – Und der den Schurken Hadjar abholen soll, setzte der Wachtmeister hinzu. Ein guter Fang, der Ihnen da gelungen ist, Herr Kapitän.
    – Sie können wohl sagen, daß wir den zusammen gemacht haben, erwiderte der Offizier.
    – Ja, und der alte Bruder und Coupe-à-Coeur hatten auch ihr Teil daran«, erklärte der Marches.
    Die beiden Offiziere setzten darauf ihren Weg nach dem Bordj fort, während Nicol und seine Leute nach den untern Quartieren von Gabes hinunterritten.
Fußnoten
    1 Rumihs ist die Bezeichnung der Eingebornen für die Christen.
     
    2 Soldatenjargon für
maréchal de logis,
d.h. Wachtmeister.
Zweites Kapitel.
Hadjar.
    Die Targui (Mehrzahlform von Tuareg), eine Berberrasse, bewohnten ursprünglich Ixham, das Gebiet zwischen Touat, der großen, fünfhundert Kilometer südöstlich von Marokko gelegenen Oase, und Timbuktu im Süden, dem Niger im Westen und Fezzan im Osten. Zur Zeit, wo die vorliegende Geschichte spielt, hatten sie sich aber weiter nach dem Osten der Sahara zurückziehen müssen. Ihre zahlreichen, teils seßhaften, teils nomadisierenden Stämme sammelten sich damals in der Mitte der ausgedehnten, sandigen Ebenen, die in arabischer Sprache mit Outha bezeichnet werden, d. h. in der Gegend, wo die algerische Wüste mit der tunesischen
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