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Der Einbruch des Meeres

Der Einbruch des Meeres

Titel: Der Einbruch des Meeres
Autoren: Jules Verne
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noch zu verdoppelnde Summe zugesichert war. Seine Mithilfe bei dem bevorstehenden Unternehmen hatte sich auch schon als nützlich erwiesen.
    Unter den im Café versammelten Targui befand sich Harrig, einer der treuesten und unerschrockensten Parteigänger Hadjars. Einige Tage vorher war er bei einem Straßenauflaufe in Gabes verhaftet und im Bordj ins Gefängnis gesteckt worden. In der im gemeinschaftlichen Hofe verbrachten Zeit hatte er Gelegenheit gefunden, mit dem Stammeshäuptling in Verbindung zu treten.
    War es nicht natürlich, daß die zwei Männer von gleicher Rasse sich zueinander hingezogen fühlten? Niemand ahnte überdies, daß Harrig zu der Gefolgschaft Hadjars gehörte. Ihm war es bei dem Kampfe im Douar gelungen, unbemerkt zu entweichen und Djemma auf ihrer Flucht zu begleiten. Als er dann, gemäß dem von Sohar und Ahmet entworfenen Plan, nach Gabes zurückgekehrt war, benutzte er die kurze Zeit seiner Haft, der Entführung Hadjars möglichst Vorschub zu leisten.
    Jedenfalls war es dazu notwendig, daß er die Freiheit wieder erlangte, ehe der Kreuzer eintraf, der den Tuareghäuptling mitnehmen sollte, und gerade heute würde dieser, da sein Vorüberkommen am Kap Bon schon gemeldet war, noch in den Hafen von Gabes einlaufen. Harrig mußte den Bordj also noch zeitig genug verlassen, wenn er sich mit seinen Genossen ins Einvernehmen setzen wollte. Auch die Flucht mußte noch in der heutigen Nacht erfolgen, denn wenn es erst wieder Tag wurde, war es dafür zu spät. Schon mit Sonnenaufgang brachte man Hadjar jedenfalls an Bord des ‘Chanzy’, und dann war es unmöglich, ihn der Militärgewalt wieder zu entreißen.
    Hier trat nun der Mercanti (Krämer, Händler) mit seiner Hilfe ein. Er kannte den Oberaufseher des Gefängnisses im Bordj. Die geringe, Harrig wegen jenes Straßenauflaufs zuerkannte Haftstrafe war jedenfalls verbüßt, der so ungeduldig erwartete Harrig aber noch nicht entlassen worden. Da kaum anzunehmen war, daß er sich durch einen Verstoß gegen die Gefängnisordnung eine Zusatzstrafe zugezogen hätte, mußte man jetzt zu erfahren suchen, wie es mit ihm stände, und vor allem kam es darauf an, daß sich Harrig die Pforten des Bordj noch vor der Nacht öffneten.
    Der Mercanti beschloß deshalb, sich zu dem Aufseher zu begeben, der in seinen Mußestunden gern in seinem Café verweilte. So verließ er am Abend das Haus und schlug den Weg nach dem Fort ein. Die Aufsuchung des Aufsehers erwies sich jedoch als unnötig, sie hätte auch, wenn die Flucht gelungen war, verdächtig erscheinen können. Als sich der Mercanti dem Haupttore näherte, kam ihm auf dem Wege ein Mann entgegen.
     

    Einer der Leutnants hatte sich auf ihn gestürzt. (S. 30.)
     
    Das war Harrig, der den Levantiner sofort erkannte. Als dann beide dem vom Bordj hinunterführenden Pfade folgten, brauchten sie nicht zu fürchten, gesehen oder gehört zu werden, so wenig wie, daß ihnen jemand nachspürte. Harrig war ja kein Gefangener gewesen, der jetzt entwich, sondern einer, den man nach verbüßter Haft freigelassen hatte.
    »Nun… und Hadjar? fragte der Mercanti gespannt.
    – Er ist von allem unterrichtet, antwortete Harrig.
    – Auch für diese Nacht vorbereitet?
    – Ohne Sorge… es ist alles vorgesehen. Doch wo ist Sohar… wo Ahmet und Horeb?
    – Die wirst du bald antreffen.«
    Zehn Minuten später traf Harrig die Genossen in der niedrigen Gaststube des Kaffeehauses, vor dem aus Vorsicht noch einer stand, die Straße zu überwachen.
    Kaum eine Stunde später erschienen, von Horeb geführt, die alte Tuareg und ihr Sohn ebenfalls im Café, wo sie Harrig von der Lage der Dinge benachrichtigte.
    In den wenigen Tagen seiner Hast hatte Harrig wiederholt mit Hadjar gesprochen. Es erschien ja so natürlich, daß sich zwei in demselben Gefängnisse eingeschlossene Targui einander zu nähern suchten. Außerdem sollte der Tuareghäuptling in der nächsten Zeit nach Tunis abgeführt werden, während Harrig bald freigelassen wurde.
    »Und wie steht’s mit meinem Bruder? lautete die erste Frage Sohars, als Djemma mit ihren Begleitern bei dem Mercanti eingetreten war.
    – Mit meinem Sohne? setzte die alte Frau ängstlich hinzu.
    – Hadjar ist benachrichtigt, erklärte Harrig. Gerade als ich den Bordj verließ, hörten wir den Signalschuß vom ‘Chanzy’. Hadjar weiß, daß er morgen früh auf das Schiff gebracht werden soll, doch noch heute Nacht wird er versuchen zu entfliehen.
    – Wenn er damit zwölf Stunden zögerte,
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