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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman
Autoren: Heyne
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Lotterleben nötigen Geldmittel ranschaffen musste, lud er seine Jacht voll mit einer halben Tonne gepresstem Ganja und lieferte sich mit den Jägern der amerikanischen Drogenbekämpfungsbehörde oder der australischen Bundespolizei das eine oder andere Duell.
    Schwieriger waren die Auseinandersetzungen mit korrupten Beamten, zum Beispiel mit jenem indonesischen Kommodore, der ihm letztes Jahr auf Bali das Leben schwergemacht hatte, oder bestimmten peruanischen Beamten. Letztere waren am Tag nach ihrer Bezahlung wiedergekommen und hatten behauptet, sie hätten sein großzügiges Bestechungsgeld verloren. Und wenn Señor Pedro innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden nichts aufbrachte, würde er den Rest seiner Tage als Sklave in einer Mangan-Mine im Dschungel verbringen. Pete hatte das Geld innerhalb von zwei Tagen besorgt und war nie mehr in die Nähe der peruanischen Hoheitsgewässer gekommen.
    Er sah zu, wie Fifi und Jules die Reste des Mittagessens abräumten, und dachte an die Verluste, die er in all den Jahren hatte erleiden müssen. Es war eine ernüchternde Übung, und er zwang sich vor jedem neuen Zahltag dazu. Natürlich konnte man unglückliche Umstände nicht voraussehen, aber mit genügend Planung und Vorsicht konnte er verhindern, dass das Schicksal ihn mal wieder in den Hintern trat. Arroganz und Dummheit waren unbedingt zu vermeiden, denn an diesen Eigenschaften gingen regelmäßig seine Widersacher zugrunde. Er hingegen wollte kein Opfer seiner eigenen Unfähigkeit werden, denn er, Pete Holder, wollte im Kampf ums Überleben als Sieger dastehen.

    »Mr. Peter, Sir?«
    Lee hatte sich mal wieder angeschlichen. Er war ein Chinese aus Malakka und stammte aus einer Familie, die sich drei Jahrhunderte lang als Piraten betätigt hatte, und er schlich sich grundsätzlich an. Pete versuchte ein freundliches Lächeln aufzusetzen, aber Lee kannte ihn viel zu gut und reagierte darauf mit einem bedauernden Kopfschütteln. Pete war berüchtigt für seine Nervosität, wenn sie kurz vor einem neuen Job standen. Wie sehr er sich auch bemühte, er sah dann immer finster drein, und das hielt so lange an, bis sie wieder in Sicherheit waren. Tatsächlich hätte er liebend gern mit dem Schmuggeln aufgehört, wenn er einen normalen Job bekommen hätte, der ihm genug einbrachte.
    »He, Lee, was ist los, Kumpel?«
    Pete bemühte sich um einen lockeren Tonfall, versuchte wie ein tasmanischer Errol Flynn zu klingen, der sich aufs Schmuggeln, Surfen und Weltenbummeln verlegt hatte. Aber seine Stimme klang gepresst und nervös. Er bemerkte, dass Fifi und Jules sich erstaunte Blicke zuwarfen. Sie waren erst seit achtzehn Monaten bei ihm, hatten aber, genau wie Lee, bereits gelernt, seine Stimmungen mit geradezu übernatürlicher Präzision vorauszuahnen. Wenn man gezwungen war, auf so engem Raum miteinander auszukommen, musste man über entsprechende Sensoren verfügen und feinste Nuancen erkennen.
    »Irgendwas stimmt nicht, Mr. Peter.«
    »Okay. Und das wäre?«
    Mann, dachte er, wenn ich doch nur ein bisschen lockerer wäre.
    »Die Pong Su hat ihren Kurs geändert, Sir. Sie wird nicht mit uns zusammentreffen, wenn sie diesen Kurs beibehält.«
    Pete trug Shorts und ein verblichenes himmelblaues Baumwollhemd. Der Wendekreis des Krebses befand sich
nördlich von ihnen. Normalerweise war es sehr heiß in diesen Breiten, aber heute wehte ein sanfter Südwestwind, stark genug, um die Segel zu blähen, aber er reichte nicht aus, um den Schweiß zu trocknen, der sich zwischen den Brüsten seiner weiblichen Besatzungsmitglieder gebildet hatte.
    »Komm, ich zeig es Ihnen«, sagte Lee.
    Jules warf die Überreste des gegrillten Fischs über Bord, benutzte den leeren Teller als Schirm gegen die Sonne und reckte sich.
    »Ist etwas nicht in Ordnung, Pete?«, fragte sie mit ihrem noblen englischen Akzent, den seine Mutter »fesch und frisch« genannt hätte.
    »Weiß ich noch nicht«, antwortete er. »Wir sollten auf alles vorbereitet sein. Ihr beide macht das Schiff klar zum Wenden, wenn ihr fertig seid.«
    »In Ordnung«, sagte sie. Die beiden Mädchen machten sich wieder an den Abwasch, diesmal mit etwas mehr Hingabe. Sie waren beide durchtrainierte Blondinen Mitte zwanzig, die sich so ähnlich sahen, dass Pete sie eine Weile »die Zwillinge« genannt hatte. Allerdings war Jules Britin und vor einem eingefrorenen Treuhandfonds geflüchtet, wohingegen Fifi mit fünfzehn von einem Trailer-Park in Oregon abgehauen war. Sie hatten einige
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