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Der Durchblicker: Novelle (German Edition)

Der Durchblicker: Novelle (German Edition)

Titel: Der Durchblicker: Novelle (German Edition)
Autoren: Irvine Welsh
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an.– The renegade robots are now long dead, the metal ones rusted, the human ones bled.
    Mein Reden. Raymie ist entweder ein Volltrottel oder ein Genie, und was von beidem, interessiert mich nicht genug, um drüber nachzudenken.
    – Alles senkrecht, Raymie? Komm rein.
    Er spaziert in meine Bude. Dann inspiziert er die Umkleiden und Duschen mit einer Gründlichkeit, die dem wachsamsten mobilen Parkstreifenbeamten Ehre machen würde. Er kommt in meine Baracke zurück, nimmt das Mutter-Teresa-Buch zur Hand, zieht die Brauen hoch und wirft es dann wieder auf den Tisch.
    – Haste Besteck? fragt er.
    – Klar … ich mein, nee. Nich dabei jedenfalls.
    – Willste einen wegmachen?
    – Äh, eigentlich nich, ich mein, ich bin sozusagen im Dienst, äh … na ja, nen kleinen vielleicht …
    Er kochte Smack auf, und ich machte mir nen Druck mit seinem Besteck. Ich fing an, viel übers Schwimmen nachzudenken, und über Fische. Welche Freiheit sie genießen, zwei Drittel der Oberfläche des Planeten und so.
    Das Nächste, was ich mitkriegte, war der Hai, der sich drohend vor mir aufbaute. Raymie war verschwunden.
    – Die Schlüssel, schnauzte er.
    Ich sah ihn mit glasigen Augen an. Es fühlte sich an, als wär mein Körper ein langer Flur, und der Hai stände an der Tür am anderen Ende des Flurs. Scheiße, wovon redete der da? Was für Schlüssel?
    Schlüssel.
    Schlüssel.
    Mutter Teresa und die Straßenkinder von Kalkutta. Brot für die Welt.
    Schlüssel.
    Schlüssel öffnen Türen; Schlüssel schließen Türen.
    Schlüssel.
    Das hört sich gut an.– Schlüssel.
    – Also, haste se? Die Schlüssel? fragt er.– Mach hin, Junge, ich will Feierabend machen. Haste kein Zuhause?
    Ich fang an, die Schlüssel aus der Tasche zu kramen, nicht meinen Schlüsselbund, den ich mir hab nachmachen lassen, sondern deren Schlüsselbund. Hab ich kein Zuhause?
    Mum, wo bist du?
    – Hier ist mein Zuhause, erkläre ich ihm.
    – Du bist ja nicht ganz dicht, Alter. Haste getrunken? Er kommt etwas näher, um festzustellen, ob er in meinem Atem irgendwas riechen kann. Er scheint vor einem Rätsel zu stehen, sieht mir aber tief in die Augen.– Du bist voll bis obenhin, Bürschchen. Auf was bist du drauf? Warste am Giftschrank? Auf was bist du drauf?
    Ich bin auf dem Planeten Erde. Wie wir alle. Alle erbärmliche Erdlinge. Ich, der Hai, Mutter Teresa, Sutcliffe … Ich reiche ihm die Schlüssel.
    – Jesus Christus! Du kriegst ja kaum n Wort raus, oder?
    Jesus Christus. Noch so ein Erdling. Dies ist der Planet Erde. Der Hai und ich; menschliche Lebensformen, die sich denselben Planeten in diesem Universum teilen. Beide menschlich, beide gehören der beherrschenden Spezies auf dem Planeten Erde an. Menschen haben Strukturen, Institutionen geschaffen, die unser Leben auf diesem Planeten regeln. Religionen, Nationen, Korporationen, Gesellschaften und den ganzen Scheiß. Eine dieser Strukturen ist dieStadtverwaltung. In deren Zuständigkeitsbereich: Freizeit und Erholung, wozu wiederum die Parkverwaltung gehört. Der als »der Hai« bekannte Mensch (ein Humanoider, der von den Mitgliedern der eigenen Spezies beim Namen einer anderen Spezies gerufen wird, weil sein Verhalten und Aussehen vermeintlich dem dieser anderen Spezies ähneln) und ich selbst sind in ökonomische Prozesse eingebunden. Wir werden dafür bezahlt, in unserem bescheidenen Maße zum Erhalt der Strukturen der menschlichen Gesellschaft beizutragen. Wir spielen eine kleine, aber entscheidende Rolle in einem mystischen und wundersamen Ganzen.
    – Wir haben eine Rolle zu spielen …
    – Hä? Wie war das?
    – Unsere kleine Rolle bei der Erhaltung der menschlichen Gesellschaft …
    – Du bist doch nich dicht, Junge, völlig weggetreten. Auf was bist du drauf?
    Der Hai. Einen Ozean zu durchschwimmen, einen ganzen Ozean. Zwei Drittel der Planetenoberfläche, in denen er sich tummeln kann. Mehr noch, er kann auch in verschiedenen Tiefen schwimmen, schier unendliche Möglichkeiten also. Einen Ozean zur freien Verfügung, und dieses Ding muss unbedingt aufs Festland, genau auf dieses kleine Fleckchen Festland, auf dem ich mich aufhalte. Ich ertrage es nicht mehr in der Nähe dieser Kreatur.
    Ich gehe an ihm vorbei, raus aus dieser Bude, raus aus diesem Park.
    – Das kriegt Garland noch zu hören! ruft er.
    Tja, neh-neh-neh-neh-neh-neh, Arschlecken.
    Das Blöde an diesem Tour Montparnasse ist, dass er so abgewrackt ist, so richtig dreckig und verkommen aussieht. Trotzdem eine sagenhafte
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