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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss
Autoren: John Hart
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lang hatte ich damit Erfolg. Fünf Jahre lang stampfte ich die Erinnerungen und den Verlust in Grund und Boden.
    Dann rief Danny an und ließ alles auseinanderfliegen.
    Es stand auf dem vierten Bord, dick und ein Stück weit herausragend. Hell. Weiß. Ich zog es aus dem Regal, ein schweres, in Plastik gebundenes Konvolut.
    Der Staat gegen Adam Chase.
    Das Verhandlungsprotokoll. Jedes Wort, das gesprochen worden war. Aufgezeichnet. Für immer.
    Das Protokoll war abgenutzt, fleckig, eselsohrig. Wie oft hatte Robin es gelesen? In der Verhandlung hatte sie zu mir gestanden und geschworen, dass sie mir glaubte. Und ihr Vertrauen hätte sie beinahe den einzigen Job gekostet, an dem ihr je etwas gelegen hatte. Jeder Polizist im County war davon überzeugt, dass ich es getan hatte. Jeder Polizist außer ihr. Sie war unerschütterlich geblieben, und am Ende hatte ich sie verlassen.
    Sie hätte mitkommen können.
    Das stimmte, aber was änderte das? Ihre Welt. Meine Welt. Es hätte nicht geklappt. Und jetzt waren wir hier, beinahe Fremde.
    Ich ließ das Protokoll in meine Händen aufklappen; es tat es fast von allein, genau bei der Aussage, die beinahe mein Ende bedeutet hätte.
    ZEUGIN: Eine vom Staat benannte Zeugin, die nach ihrer Vereidigung wie folgt befragt wurde und aussagte:
    Zeugin Janice Chase, unmittelbar befragt durch den Bezirksstaatsanwalt für das County Rowan
    Frage: Würden Sie dem Gericht bitte sagen, wie Sie heißen?
    Antwort: Janice Chase.
    Frage: Wie sind Sie mit dem Angeklagten verwandt, Mrs. Chase?
    Antwort: Er ist mein Stiefsohn. Sein Vater ist mein Mann. Jacob Chase.
    Frage: Haben Sie noch weitere Kinder mit Mr. Chase?
    Antwort: Zwillinge. Miriam und James. Wir nennen ihn Jamie. Sie sind achtzehn.
    Frage: Das wären die Halbgeschwister des Angeklagten?
    Antwort: Adoptierte Halbgeschwister. Jacob ist nicht der biologische Vater. Er hat sie kurz nach unserer Heirat adoptiert.
    Frage: Und wo ist der biologische Vater?
    Antwort: Ist das wichtig?
    Frage: Ich versuche nur, die Verwandtschaftsverhältnisse klarzustellen, damit die Geschworenen wissen, wer alle sind.
    Antwort: Er ist fort.
    Frage: Wo?
    Antwort: Einfach fort.
    Frage: Also schön. Wie lange sind Sie mit Mr. Chase verheiratet?
    Antwort: Seit dreizehn Jahren.
    Frage: Das heißt, Sie kennen den Angeklagten schon lange?
    Antwort: Seit dreizehn Jahren.
    Frage: Wie alt war der Angeklagte, als Sie seinen Vater heirateten?
    Antwort: Er war zehn.
    Frage: Und Ihre anderen Kinder?
    Antwort: Die waren fünf.
    Frage: Beide?
    Antwort: Sie sind Zwillinge.
    Frage: Oh. Ja. Nun, ich weiß, es muss Ihnen schwer fallen, gegen Ihren eigenen Stiefsohn auszusagen ...
    Antwort: So schwer wie nichts in meinem Leben.
    Frage: Sie hatten eine enge Beziehung?
    Antwort: Nein, wir haben uns nie nahegestanden.
    Frage: Äh ... weil er eine Abneigung gegen Sie hatte? Weil Sie den Platz seiner Mutter eingenommen hatten?
    Verteidigung: Einspruch. Die Zeugin soll spekulieren.
    Frage: Ich ziehe die Frage zurück.
    Antwort: Sie hat sich umgebracht.
    Frage: Wie bitte?
    Antwort: Seine Mutter hat sich umgebracht.
    Frage: Äh ...
    Antwort: Ich bin niemand, der eine Familie zerstört.
    Frage: Okay ...
    Antwort: Ich will das nur von vornherein klarstellen, bevor sein Anwalt versucht, etwas daraus zu machen, was es nicht ist. Wir hatten nie ein enges Verhältnis, das stimmt, aber wir waren eine Familie. Ich erfinde hier nichts, und ich will Adam nichts anhängen. Ich habe keine Hintergedanken. Ich liebe seinen Vater mehr als alles auf der Welt. Und mit Adam habe ich es versucht. Wir sind uns nur nie nahegekommen. Ganz einfach.
    Frage: Danke, Mrs. Chase. Ich weiß, es ist schwer für Sie. Erzählen Sie uns von dem Abend, als Gray Wilson ermordet wurde.
    Antwort: Ich habe gesehen, was ich gesehen habe.
    Frage: Dazu kommen wir noch. Erzählen Sie uns von der Party.
    Ich klappte das Protokoll zu und stellte es wieder ins Regal. Ich kannte den Text. Die Party hatte am Mittsommerabend stattgefunden: eine Idee meiner Stiefmutter. Eine Geburtstagsparty für die Zwillinge, zu ihrem achtzehnten Geburtstag. Sie hatte Lichter in die Bäume gehängt, den besten Caterer engagiert und eine Swingband aus Charleston heraufkommen lassen. Das Fest fing um vier Uhr nachmittags an und endete um Mitternacht, aber ein paar Leute blieben noch. Um zwei Uhr morgens, das sagte sie jedenfalls aus, ging Gray Wilson hinunter zum Fluss. Ungefähr gegen drei, als alle gegangen waren, kam ich den Hang herauf, beschmiert
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