Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Dunkle Code

Der Dunkle Code

Titel: Der Dunkle Code
Autoren: Ilkka Remes
Vom Netzwerk:
nicht, den Stöpsel aus dem Ohr zu nehmen, wenn wir angehalten werden«, sagte Giuliano. »Ein Kardinal mit iPod wirkt nicht besonders glaubwürdig.«
    »Ich würde auch Musik hören, wenn ich Kardinal wäre. Zumindest Madonna.«
    Giuliano blickte kurz auf die Hand am Ohr seines Nebenmanns und griff nach dem Handgelenk.
    »Was ist das?«
    »Was? Der Ehering? Ach ja, stimmt …«
    Es wurde wieder still im Leichenwagen, als Lorenzo seine Maskerade komplettierte, indem er den Ehering vom Finger zog und in die Hosentasche unter seinem Gewand steckte. Notgedrungen musste er sich für eine Weile von seiner Frau trennen.
    Gleich darauf legte er erneut die Hand ans Ohr.
    »Straßensperre in der Santa Trinita«, sagte er zu Giuliano, dessen Miene sogleich ernst wurde.
    Nun schwiegen beide. Sie hatten alles mehrfach durchgesprochen und waren darauf vorbereitet, dass auf den großen Ausfallstraßen kontrolliert wurde. Das orange aufflammende Licht vor ihnen war kein Blitz. Giuliano kniff die Augen zusammen und sah vor der Straßensperre einen durchnässten Polizisten, der ihnen das Zeichen zum Halten gab.
    »Jetzt heißt es Konzentration und Ruhe bewahren. Kann sein, dass er uns durchwinkt.«
    Giuliano bremste würdevoll. Der Polizist eilte auf die Fahrerseite und Giuliano öffnete mit ernstem Gesichtsausdruck das Fenster. »Worum handelt es sich?«
    »Verzeihung. Wir haben die Anweisung, alle Fahrzeuge zu kontrollieren. Alle«, sagte der Polizist und wischte sich den Regen aus den Augen. Als er den Kardinal sah, zuckte er zusammen und machte eine zackige Verbeugung. »Ich bitte um Verzeihung. Es dauert nicht lange. Nur eine Formalität.«
    Giuliano stieg unwillig aus, ging hinter dem Polizisten um das Fahrzeug herum und öffnete die Heckklappe. Er sah zu, wie der Beamte ein schnelles Kreuzzeichen machte und pro forma in den leeren Raum rechts und links des Sargs blickte.
    »Grazie« ,bedankte sich der Polizist und ging zum nächsten Fahrzeug, das sein Kollege inzwischen angehalten hatte.
     
    Aaro erschrak. Wieder zwitscherte sein Telefon jenseits der Plexiglasscheibe. Die Polizisten hatten es konfisziert. Es lag auf der Mittelkonsole, und sie schenkten ihm nicht die geringste Beachtung. Auf dem Display stand erneut: WECKMAN.
    Es war mindestens der zehnte Anruf. Aaro seufzte. Der Regen prasselte aufs Wagendach und in der Ferne grollte ein Gewitter.
    »Wie bist du an den Tatort gekommen?«, fragte der Polizist, obwohl Aaro es gerade ausführlich erklärt hatte.
    »Ich habe nichts Kriminelles getan. Ich bin bloß einem Kriminellen gefolgt.«
    »Erzähl uns was über deinen Komplizen!«
    Aaro spürte, wie er rot wurde, wusste aber nicht, ob es aus Peinlichkeit war oder vor Wut. »Er ist nicht mein Komplize! Ich bin ihm nicht gefolgt, weil ich zu ihm gehöre. Ich bin dem Mann gefolgt, weil er sich verdächtig benahm und weil ich sehen wollte, ob er etwas im Schilde führt. Ich interessiere mich halt für Verbrechen und so«, erklärte er etwas kleinlaut.
    »Cosimo, wir haben einen kleinen Geheimpolizisten im Auto«, sagte der Italiener spöttisch zu seinem Kollegen.
    »Vielleicht klärt er den Fall für uns auf. Was meinst du?«
    »Ob er eine Lupe dabeihat?«, meinte der andere mit tiefem Lachen.
    »Also gut«, wurde der Polizist wieder ernst und nahm erneut sein Notizbuch zur Hand. »Du bist dem Verdächtigen gefolgt. Warum?«
    »Er hat sich auf dem Petersplatz so seltsam verhalten«, antwortete Aaro noch einmal und überlegte, was er als Nächstes sagen sollte.
    »Inwiefern seltsam?«
    »Er hat in seinen Ärmel gesprochen«, erwiderte Aaro vorsichtig, auch wenn er wusste, wie idiotisch das klang. »Vielleicht hatte er da ein Mikrofon.«
    »Ach, ein Mikrofon«, schrieb der Polizist, der von seinem Kollegen Francesco genannt wurde, auf und nickte breit grinsend. »Und weiter?«
    »Ich bin ihm ins Museum gefolgt«, sagte Aaro frustriert.
    »Warum warst du auf dem Petersplatz?«
    »Weil meine ganze Klasse da war«, erwiderte Aaro und bemühte sich, jeden frechen Tonfall zu vermeiden. »Und meine Lehrerin auch …«
    »Wo sind sie jetzt?«
    »Das weiß ich nicht. Die werden wohl im Regen auf mich warten. Meine Lehrerin hat schon mehrmals versucht, mich anzurufen.«
    Allmählich fing der Polizist an, ihm zu glauben, das sah man.
    »Wo kann man dich erreichen?«
    Aaro nannte den Namen der Jugendherberge und hoffte, das Verhör wäre damit beendet. »Kann ich jetzt gehen? Die anderen machen sich bestimmt schon Sorgen.«
    »Na gut«,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher