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Der Dunkle Code

Der Dunkle Code

Titel: Der Dunkle Code
Autoren: Ilkka Remes
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seufzte der Polizist und klappte sein Notizbuch zu. »Wir melden uns. Mal sehen, was wir aus den anderen Augenzeugen herauskriegen.«
    »Wir fliegen aber morgen nach Brüssel zurück«, fügte Aaro noch hinzu und bereute es auf der Stelle. Womöglich würden sie ihn jetzt doch nicht gehen lassen. Im schlimmsten Fall müsste er seinen Flug stornieren und länger in Rom bleiben.
    »Ach so. Wir melden uns. Nun sieh zu, dass du wegkommst.«
    Aaro drehte sich erfreut zur Tür, aber wegen des fehlenden Griffs kam er nicht hinaus. Der Polizist stieg aus und öffnete ihm von außen.
    »Mein Telefon«, sagte Aaro höflich, aber mit Nachdruck.
    »Was für ein Telefon?«, fragte der Mann.
    Aaro wollte gerade erschrocken den Mund aufmachen, als ihm der Polizist zuzwinkerte und das Handy reichte.
    »Grazie« ,bedankte sich Aaro. Wenn er in ein anderes Land reiste, lernte er immer ein paar wichtige Wörter, denn er fand es höflich, sich wenigstens ein bisschen Mühe zu geben.
    Durch den Regen lief er in Richtung Petersplatz, begleitet vom donnernden Gewitter. Die anderen waren bestimmt nicht mehr dort, wahrscheinlich waren sie schon in die Jugendherberge gegangen und fragten sich, wohin Aaro verschwunden war.
    Das Regenwasser bildete bereits große Pfützen, es lief in Bächen über die Straßen und die Tropfen schlugen Aaro ins Gesicht. Nach all der Anspannung wirkte das richtig erfrischend.
    Allerdings lag jetzt eine neue Herausforderung vor ihm: die Begegnung mit der Lehrerin, einschließlich weiterer Erklärungen. Aaro verlangsamte seine Schritte und achtete nicht mehr auf den Regen.

4
    Die Jugendherberge befand sich in einem uralten Haus in Trastevere, in der Nähe des Tiber. Der halb verwilderte Innenhof erinnerte an einen Klostergarten. Der Regen hatte aufgehört, nachdem er zuvor die Beete reichlich gegossen hatte.
    Von den grauen Hofmauern hallte der Seufzer wider, den die Lehrerin Marita Weckman ausstieß, als sie ihr Handy zuklappte. In dem Seufzer vereinigten sich Erleichterung und Verärgerung. Zuerst hatte Aaro angerufen und danach die Polizei.
    Gott sei Dank, der Junge war in Sicherheit. Aber der Anruf der Polizei brachte ihre Pläne durcheinander. Aaro sollte am Nachmittag des nächsten Tages offiziell als Zeuge vernommen werden. Sie hatte dem Polizisten zu sagen versucht, dass ihr Flug schon am Morgen ging, aber das hatte den Mann nicht interessiert.
    Die zweite Lehrerin, Nina Halonen, trat zu ihrer Kollegin und ließ sich in kurzen Sätzen die Lage schildern.
    »Als Zeuge in welcher Angelegenheit?«, fragte Halonen.
    »Das habe ich nicht verstanden. Es hatte irgendwie mit den Vatikanischen Museen zu tun. Wo hat der Bengel da wieder seine Nase reingesteckt?«, murmelte Weckman. Sie nahm eine Packung Zigaretten aus ihrer Handtasche. »Jetzt muss ich eine rauchen. Sind alle im Speisesaal?«
    »Ja«, antwortete die Kollegin und richtete den Blick auf die massive Tür. »Essi passt auf sie auf.«
    »Das ist auch nötig«, schnaubte Weckman. »Hol sie trotzdem her, damit wir besprechen können, was wir mit Aaro machen.«
    »Ich bin schon da«, sagte in dem Moment eine heitere Stimme hinter ihnen. »Wollte mal gucken, wo ihr hin seid.«
    Die große, blonde Studentin, die Essi hieß, trat zu den beiden Lehrerinnen. Sie machte gerade ein Praktikum an der Europaschule.
    Weckman schilderte die Lage und sagte abschließend: »Wir können ihn nicht allein in Rom lassen, aber wir können auch nicht für die ganze Klasse umbuchen. Jemand muss mit Aaro hierbleiben und dann nachkommen.«
    »Ich bleibe«, sagte Essi, ohne einen Moment zu zögern. Gleichzeitig hörte man, wie die Schüler hinter den hohen Fenstern des Speisesaals laut wurden.
    »Wir lassen es uns durch den Kopf gehen. Schau erst mal nach, was der Lärm da soll«, sagte Weckman und Essi lief mit wippendem Pferdeschwanz ins Haus.
    »Ich glaube, die hat einen italienischen Gigolo, wenn sie so scharf darauf ist, einen Tag länger zu bleiben. Können wir uns überhaupt auf sie verlassen?«
    »Doch, Essi ist zuverlässig«, sagte Halonen leicht unsicher.
     
    Aaro steckte den Stadtplan ein und betrat zögernd die Jugendherberge. Der Innenhof war leer. Rasch ging er zu der hohen Eingangstür und huschte in die Empfangshalle. Wie die anderen Räume des Hauses war sie hoch, kühl und ein bisschen dämmrig. Bei einigen der schmalen Fenster waren die Läden geschlossen. Die dekorativen, abgetretenen Steinfußböden und die nackten Wände gaben allen Geräuschen ein leichtes
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