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Der Dunkle Code

Der Dunkle Code

Titel: Der Dunkle Code
Autoren: Ilkka Remes
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Personenbeschreibung.«
    »Ich bitte um Verzeihung«, sagte der Leutnant. »Wir kennen das Geschlecht der Diebe nicht. Was den ausländischen Jungen betrifft, der vorläufig vernommen worden ist …« Der Leutnant öffnete eine Datei seines Computers. »Sein Name lautet Aron Nottamo, er stammt aus Finnland, derzeit mit einer Klasse seiner Brüsseler Schule auf Studienfahrt. Kontaktdaten vorhanden, Vernehmung auf morgen früh festgesetzt. Kein eindeutiger Verdacht auf Mittäterschaft, aber möglicherweise wichtiger Augenzeuge.«
    Kanzleichef Simonis stand auf und schob dabei scheppernd den Stahlrohrstuhl auf dem antiken Buchenparkett nach hinten. Er blickte auf die Uhr, um den Eindruck zu verstärken, dass er viel zu tun und wenig Zeit hatte, und sagte, bevor er den Raum verließ, über die Schulter hinweg: »Leutnant Bari wird uns alle auf dem Laufenden halten, Tag und Nacht. Ich werde den Ministerpräsidenten informieren.«
     
    Das scharfe Licht des Halbmonds färbte die Wolken über dem Valle de Treja lila. Unten im Tal floss ein Bach, dessen Plätschern nur hin und wieder von vorbeifahrenden Autos übertönt wurde. Ansonsten war es still, man hätte nicht geahnt, dass es von hier aus nur fünfzig Kilometer bis ins Zentrum von Rom waren.
    Die Villa war mehrere Hundert Jahre alt und ziemlich heruntergekommen. Einige der grün gestrichenen Fensterläden hingen lose in den Angeln, viele Ziegel waren zerbrochen. Der ockerfarbene Putz bröckelte von den Wänden und gab die Natursteinmauer frei. Jenseits des Baches, auf der anderen Seite des Tals, war auf der Anhöhe die uralte Burg von Faleria zu erkennen, die mit schwarzen Augenhöhlen auf den Wald des Nationalparks hinabstarrte. Südlich der Burg leuchteten die Lichter der Kleinstadt Faleria.
    Das große Wohnzimmer der Villa Mariluce war asketisch eingerichtet: ein altersschwaches Sofa, ein paar kaputte Korbstühle und ein grober Eichentisch. In der Ecke stand ein tragbarer Fernseher auf einer Apfelsinenkiste, das unscharfe Bild zeigte die Nachrichten des fünften Programms. Der Ton war fast voll aufgedreht, damit die Männer, die unten im Keller saßen, die Stimme des Nachrichtensprechers hören konnten:
    »… legten die Diebe, die am Vormittag die Pinakothek im Vatikan aufsuchten, eine außergewöhnliche Skrupellosigkeit an den Tag. Zur selben Zeit, als das Fresko Der Jüngste Tag durch ein Säureattentat teilweise zerstört wurde, schnitten sie in Saal 73 ein Meisterwerk von Caravaggio aus dem Rahmen …«
    Im Bild erschien Marcello Bari, Leutnant der Polizia di Stato, und teilte mit, die Polizei könne aus ermittlungstechnischen Gründen im Moment nicht mehr sagen. Dem Leutnant zufolge war davon auszugehen, dass das gestohlene Bild irgendwo in der Gegend von Rom versteckt wurde. Die ernste Stimme des Polizeioffiziers brach ab, als der Sender, der dem italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi gehörte, eine Blondine brachte, die für Hundefutter warb.
    Im Weinkeller der Villa, wo man den Ton aus dem Fernseher über die kurze Treppe gut hörte, zog sich ein Mann mit Bürstenhaarschnitt eine Sturmhaube aus dem Überschussbestand der Armee über den Kopf. Einem Papprohr entnahm er eine zusammengerollte Leinwand und breitete sie auf dem großen Arbeitstisch aus.
    Ein zweiter Mann, ein gedrungener, dunkler Typ, der eine Digitalkamera um den Hals hängen hatte, legte Bleigewichte auf die Ecken des Caravaggio-Gemäldes, damit es gut zu sehen war. Dann hielt der mit der Sturmhaube die Klinge eines Leatherman-Klappmessers mitten auf das Bild, auf die Personen, die den Leichnam Christi hielten.
    »Pass auf, dass du das Gemälde nicht berührst, Achim«, sagte der Fotograf und machte drei Aufnahmen hintereinander.
    Auf den Fotos sah man nur einen Teil des Gemäldes und den Handschuh mit dem Messer. Anschließend klappte der Mann, der Achim genannt wurde, sein Leatherman zusammen und knurrte: »Mir rutscht die Klinge nicht aus, es sei denn mit Absicht. Hör auf, mich zu belehren, wie man mit einem Messer umgeht!«
    Achim nahm die Sturmhaube ab und bleckte die Zähne. Giuliano hielt es für besser, den Wortwechsel nicht fortzusetzen. Achim wirkte behäbig, aber wenn er in eine Gefahrensituation geriet, konnte er sich in eine Killermaschine verwandeln.
    Giuliano schob die Speicherkarte der Kamera in den Computer und druckte das Bild aus, auf dem der Gemäldeausschnitt am deutlichsten zu erkennen war.
    In einer Ecke des staubigen Kellers saß neben einem uralten Weinfass
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