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Der Dunkle Code

Der Dunkle Code

Titel: Der Dunkle Code
Autoren: Ilkka Remes
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Hand. Dann schrieb er die Buchstaben auf einem kleinen Zettel vor, damit Achim, der fast Analphabet war, sie abmalen konnte. Dietrich war mit dem Resultat zufrieden. Besonders gefiel ihm die Vorstellung, dass Achims Handschrift im Polizeiarchiv nicht zu finden war – weil sie nämlich gar nicht existierte.
    Nach langer Malarbeit stand auf dem Pappkuvert in schwankenden Buchstaben: SIGNOR TENENTE MARCELLO BARI, POLIZIA DI STATO, NUCLEO OPERATIVO CENTRALE DI SICUREZZA, VIA DEL QUIRINALE, 00185 ROMA.
    Dietrich steckte den Brief in eine Plastiktüte und gab diese an Achim zurück. Drei Mal war er den Plan mit seinen Untergebenen durchgegangen: Achim sollte mit seinem Fiat Punto zum Bahnhof Roma Nord fahren, in die Metro steigen und zum Zentralbahnhof Roma Termini weiterfahren. Dort würde Achim den Brief in ein Schließfach legen, sich die Nummer einprägen und den Schlüssel anschließend in einen Gulli fallen lassen. Danach würde er nach Roma Nord zurückkehren und mit dem Auto wieder aufs Land fahren.
    »Und zieh auf keinen Fall die Handschuhe aus«, rief ihm Dietrich hinterher. Bei Giuliano hob sich ein Mundwinkel zu einem Grinsen. Die wissenschaftliche Genauigkeit Dietrichs schien ihn zu amüsieren.
    »Und nun an die Arbeit, Giuliano«, sagte Dietrich und kehrte zum Tisch mit dem ausgebreiteten Caravaggio zurück.
    Er nahm einen Aluminiumkoffer aus dem Regal, öffnete ihn und entnahm ihm ein Plastikgestell mit einem Feldlabor. Es enthielt zwei Reihen von Ampullen mit Chemikalien. Dietrich schaltete die Infrarotlampe an und befahl Giuliano, das Deckenlicht im Keller zu löschen.
    Er richtete den roten Lichtpunkt der Lampe auf den Rand des Gemäldes und seufzte.
     
    Arttu Könönen schlief unruhig. Schwitzend drehte er sich im Bett hin und her und rannte im Traum vor seinem Vater davon, einem Beamten des finnischen Landwirtschaftsministeriums, der in Brüssel stationiert war. Als das fahle Mondlicht durch das staubige Fenster direkt auf seine Augen fiel, wachte Könönen auf.
    Er schüttelte sich wie ein nasser Hund, sprang aus dem Bett und ging barfuß über den kühlen Steinboden zur Toilette. Auf der Höhe von Aaros Bett kam ihm ein lustiger Gedanke: Wie wäre es, den dürren Blondschopf ein bisschen zu ärgern? Bei dem Mondlicht würde sich Aaro zu Tode erschrecken. Irgendwie musste er sich den Adrenalinschub, den er durch den Traum bekommen hatte, zunutze machen und Aaro war nun mal sein Lieblingsobjekt.
    Könönen entfernte den Bezug von seinem Kissen und zog ihn sich über den Kopf, sodass die Augen durch die Knopflöcher zu sehen waren. Dann trat er auf das untere Bett, hob den maskierten Kopf auf die Höhe von Aaros Bett und machte grauenerregend: »BUUH!«
    Aber das Bett war leer, das merkte Könönen sofort. Der Streich ging in die Hose, außer dass Lehrerin Marita Weckman, die einen leichten Schlaf hatte, plötzlich im geringelten Nachthemd in der Tür stand. Könönen stieg vom Bett und kam sich mit dem Kissenbezug über dem Kopf ziemlich lächerlich vor.
    »Arttu Könönen. Was hat das zu bedeuten?«, fragte die Lehrerin mit einer Stimme, aus der gerade noch ein spinnwebendünner Geduldsfaden herauszuhören war. »Nimm den Fetzen vom Kopf!«
    »Äh, also, ich, äh, Aaro ist verschwunden, er ist nicht in seinem Bett«, stotterte Könönen.
    »Wolltest du das kontrollieren? Aaro ist wahrscheinlich auf der Toilette. Außerdem sollte es dich weder tagsüber noch nachts etwas angehen, was Aaro treibt. Das Thema hatten wir ja wohl schon mehr als einmal.«
    Marita Weckman machte auf dem Absatz kehrt und marschierte direkt zur Jungentoilette. Dort war niemand. Wieder im Gang wäre sie fast mit Könönen zusammengeprallt, der aus dem Schlafsaal gelaufen kam.
    »Frau Weckman! Jaakko ist auch nicht in seinem Bett! Die beiden sind bestimmt gekidnappt worden!«
    Schnell kontrollierte Marita Weckman beide Betten, befahl dem kichernden Könönen, sich wieder hinzulegen, und ging ihre Kollegin wecken.
    »Zuerst die Geschichte im Museum und jetzt das«, sagte Nina Halonen mit vor Anspannung schriller Stimme, während sie auf ihrem Handy Aaros Nummer wählte. Essi und Marita saßen auf ihrem Bett und starrten auf den Wecker. Es war zehn vor eins.
    »Es läutet, aber der Junge geht nicht ran«, seufzte Nina. »Jaakkos Handy liegt in seiner Reisetasche. Was machen wir jetzt?«
    »Wir versuchen es gleich noch einmal. Ich werde den Nachtportier wecken«, sagte Marita nervös und machte sich entschlossen auf den Weg zur
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